Pressekonferenz Wechsel an der SPÖ OÖ Spitze

Im Bild: Birgit Gerstorfer und Michael Lindner bei der Pressekonferenz am Mittwoch, 02. Februar 2022, Wechsel an der SPÖ OÖ Spitze
FOTOKERSCHI.AT / KERSCHBAUMMAYR
FOTOKERSCHI.AT / KERSCHBAUMMAYR
Politik

SPÖ: Lindner übernimmt Parteiführung in OÖ

Klubobmann Michael Lindner ist ab Montag geschäftsführender Parteichef der SPÖ OÖ und löst damit Birgit Gerstorfer ab. Das wurde Mittwochvormittag in einer Pressekonferenz bekanntgegeben. Lindner wurde einstimmig bestellt. Darüber hinaus wird die zuletzt umstrittene Impfkampagne gestoppt.

Bei einem Parteitag im September soll dann der Wechsel an der SPÖ-Spitze auch von den Gremien abgesegnet werden. Bis dahin soll Birgit Gerstorfer Landesrätin bleiben. Danach soll Lindner auch in die Regierung wechseln. Für den 28. Februar kündigte Lindner außerdem die nächsten Entscheidungen an. Dann will er sein Personalpaket präsentieren – mit einer Neubesetzung der Landesgeschäftsführung und mit seinem Nachfolger oder seiner Nachfolgerin im Landtagsklub.

Lindner umriss Mittwochvormittag kurz, welche zentralen Punkte seine Vorstellung von Politik prägen: der gesellschaftliche Wandel in den Familien – von Frauenpensionen bis zur Kinderbetreuung, weiters die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die große Kluft zwischen den Reichsten im Land und jedem zehnten Kind, das in Oberösterreich armutsgefährdet sei, sowie die Spaltung der Gesellschaft durch CoV. Er forderte auch einmal mehr einen unabhängigen Krisenkoordinator.

Umstrittene Impfkampagne wird gestoppt

Die erst am Montag vorgestellte Impfkampagne werde außerdem gestoppt und die Plakate in den nächsten Tagen abgenommen, so Lindner. Man wolle weiter versuchen, die Leute von der Impfung zu überzeugen. Die Kampagne sei nicht das richtige Mittel gewesen, Menschen positiv von der Impfung zu überzeugen, so Lindner.

Pressekonferenz Wechsel an der SPÖ OÖ Spitze

Im Bild: Birgit Gerstorfer und Michael Lindner bei der Pressekonferenz am Mittwoch, 02. Februar 2022, Wechsel an der SPÖ OÖ Spitze
FOTOKERSCHI.AT / KERSCHBAUMMAYR

Gerstorfer: „War sofort klar, dass es Schritte zu setzen gilt“

Ein Statement zu den Ereignissen der letzten Wochen gab es von Gerstorfer nicht, es sei nicht der richtige Platz, um darüber zu diskutieren, was in der Vergangenheit war, so Gerstorfer. Sie bekräftigte aber einmal mehr: „Ich habe immer gesagt, wenn es gut ist für die SPÖ, dann werde ich meine Nachfolge übergeben. Das ist gestern passiert, unerwartet früh, keine Frage. Aber mir war sofort klar, dass es Schritte zu setzen gilt“, so Gerstorfer. Für ihren Nachfolger hatte sie nur Lob. Er habe sich von einer roten Zukunftshoffnung zur roten Zukunft entwickelt.

Stelzer gratulierte Lindner

ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer gratulierte Lindner zu seiner neuen Funktion als SPÖ-Chef. Er hoffe, dass die SPÖ nun wieder stärker den oberösterreichischen Weg des Miteinanders einschlage und den verlängerten Wahlkampfstil hinter sich lasse. Bei Birgit Gerstorfer bedankte er sich, gerade, dass sie als Parteichefin trotz unterschiedlicher Meinungen, oft auch Parteiinteressen hintangestellt hat.

Rendi-Wagner und Deutsch danken Gerstorfer

SPÖ-Bundesparteivorsitzende und -Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch bedankten sich bei Gerstorfer und gratulierten Lindner zu seiner neuen Aufgabe. „Birgit Gerstorfer hat die verantwortungsvolle Aufgabe der Vorsitzenden der SPÖ Oberösterreich in einer Zeit übernommen, die nicht leicht war. Und Birgit Gerstorfer hat mit viel Leidenschaft dafür gesorgt, dass sozialdemokratische Kernthemen wie Arbeit, Soziales, aber auch Pflege, Bildung und Kinderbetreuung in Oberösterreich nicht ins Hintertreffen geraten“, so Rendi-Wagner und Deutsch.

Keine Statements bei Präsidiumssitzung

Auf „ein Signal des Wechsels“ hatte sich das Parteipräsidium einstimmig in einer Sondersitzung Dienstagabend geeinigt. Auch wenn der Dritte Landtagspräsident Peter Binder es zuvor nicht aussprach, wurde damit die Ablöse von Landesparteichefin Gerstorfer und Landesgeschäftsführer Georg Brockmeyer entschieden.

Demonstrativ gemeinsam gingen Parteivorsitzende Gerstorfer, Brockmeyer und Klubvorsitzender Lindner Dienstagabend an der Presse vorbei in den Sitzungssaal. „Hallo, grüß euch“, war alles, was Gerstorfer, die am Dienstag, als die erste Rücktrittsaufforderung öffentlich wurde, noch in Kroatien weilte, zu den wartenden Medienvertretern im Vorfeld der Präsidiumssitzung sagte. Für die Kameras gab es noch ein Lächeln unter der FFP2-Maske.

Sowohl Gerstorfer und Brockmeyer als auch Lindner waren offenbar bereits zuvor länger in den Büros der Parteizentrale gewesen. Viele weitere Sitzungsteilnehmer wie der Steyrer Bürgermeister Markus Vogl, Gesundheitssprecher Peter Binder und Arbeiterkammer-Präsident Andreas Stangl sagten nichts, als sie in die Parteizentrale in der Linzer Landstraße kamen.

„Signal zum Wechsel“

In der gut zweieinhalbstündigen Sitzung hätten die Präsidiumsmitglieder zuerst die Zeit nach der Landtagswahl am 26. September 2021 bis zum 1. Februar analysiert, so Binder am Mittwoch zur APA. Das Verfehlen des Wahlziels von 20 Prozent plus – geworden sind es 18,6 Prozent –, die anschließend in Auftrag gegebene Wahlanalyse, die den Einfluss der Gewerkschaften innerhalb der Partei zu überdenken empfahl, sowie die am Montag dieser Woche präsentierte Impfkampagne mit einem weinenden Kind hätten nur einen Schluss zugelassen: Es brauche besagtes „Signal zum Wechsel“. Vor allem die beiden von den Funktionären scharf kritisierten Aktionen seinen Alleingänge des Führungsduos gewesen und hätten nicht den „Usancen der Partei" entsprochen“, gab der Dritte Landtagspräsident die Meinung innerhalb der Partei wieder.

Gerstorfer und Lindner hätten jedenfalls dem Präsidium Dienstagabend einen gemeinsamen Vorschlag zur Parteiführung präsentiert, der einstimmig verabschiedet worden sei.

Unzufriedenheit in Landespartei

In den vergangenen Monaten war immer öfter von Unzufriedenheit in der Landespartei zu hören, eine am Montag vorgestellte Impfkampagne dürfte jetzt bei einigen Parteigranden das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Der konkrete Anlass soll das Plakat zur Impfaktion gewesen sein, auf dem ein weinendes Kind zu sehen ist. Dienstagfrüh forderte der Nationalratsabgeordnete Dietmar Keck (SPÖ) den „sofortigen“ Rücktritt der Landesparteichefin und des Landesgeschäftsführers. Lesen Sie mehr in SPÖ: Gerstorfer soll Platz für Lindner räumen (ooe.ORF.at).

Skandal um Impfplakat mit Kindern
laumat.at/Matthias Lauber

Binder: „Alleingang von Gerstorfer und Brockmeyer“

Der Dritte Landtagspräsident Binder bestätigte der APA, dass nach der Kampagnenpräsentation Montagvormittag „der Stein ins Rollen“ gekommen sei. Es stellte sich heraus, dass die Werbesujets von keinem Funktionär abgesegnet worden seien. Er sprach von einem Alleingang Gerstorfers und Brockmeyers. Innerhalb kürzester Zeit hätten die beiden zweimal gegen die „Usancen der Partei verstoßen“. Daher ist auch für Binder das Duo nicht mehr tragbar. Klubobmann Lindner als neuer Parteivorsitzender sei für ihn logisch. „Er ist aus derzeitiger Sicht derjenige, der innerhalb der Partei mit der größten Unterstützung rechnen kann.“

Er selber „ärgert sich und bedauert“, dass er am Montag noch gemeinsam mit Brockmeyer die Kampagne präsentiert habe, sagte Binder, der auch Gesundheitssprecher ist. Er sei am Freitag gefragt worden, ob er diese in einer Pressekonferenz vorstellen würde. Er habe eingewilligt, ohne jedoch vorher die Sujets gekannt zu haben. Als er dann am Montag kurz vor der Pressekonferenz diese gesehen habe, fand er sie eigentlich auch nicht tragbar, meinte er. Allerdings sei er davon ausgegangen, dass sie von mehreren Personen freigegeben worden war.