Landesgericht Staatsanwaltschaft WEls
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Chronik

Betrugsverdacht gegen Psychiater in U-Haft, Anwältin und Notar

Wegen des Verdachts des schweren Betrugs ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft Wels gegen eine Rechtsanwältin, einen Notar sowie einen Psychiater. Letzterer befindet sich seit Freitag in U-Haft. Die drei werden verdächtigt, eine demenzkranke Frau um ihre Liegenschaft gebracht zu haben.

Ist der letzte Wille einer über 80 Jahre alten Frau erfüllt worden? Die mittlerweile verstorbene Paschingerin hat ihr millionenschweres landwirtschaftliches Anwesen Anfang 2022 ihrem Neffen vermacht. Dabei hatte sie in einem sieben Jahre langen Rechtsstreit zuvor genau das verhindert. Christian Hubmer, Leiter der Staatsanwaltschaft Wels sagt: „Die über die Liegenschaft verfügende Person war zum Zeitpunkt der Unterfertigung der jeweiligen Rechtsgeschäfte bereits an Demenz erkrankt. Der konkrete Zustand zum Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung ist Gegenstand der Untersuchungen im Ermittlungsverfahren.“

Ortssschild von Pasching
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„Rechtsanwältin errichtete Verträge, Notar beurkundete“

Die Verträge wurden laut Staatsanwaltschaft Wels von der Kanzlei der Rechtsanwältin errichtet und vom Notar beurkundet, obwohl die Demenzerkrankung bekannt gewesen sein soll. Ein Gutachten eines privat beauftragten Psychiaters bestätigte hingegen die Geschäftsfähigkeit: „Der Verdacht, dass der Sachverständige Gefälligkeitsgutachten erstellt hat, bezieht sich auf den Zeitpunkt der Unterfertigung der entsprechenden Verträge“, so Hubmer.

Drei Hausdurchsuchungen – Psychiater in U-Haft

Am Donnerstag sind bei beim Psychiater, der Rechtsanwältin sowie dem Notar Hausdurchsuchungen durchgeführt worden. Der Psychiater wurde festgenommen und ist seit Freitag in Untersuchungshaft. „Der Sachverständige wurde aus den Haftgründen der Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr festgenommen. Dies insbesondere deshalb, weil aufgrund einer weiteren Sachverhaltsdarstellung eines Anwalts der Verdacht eines weiteren Gefälligkeitsgutachtens besteht“, so Hubmer weiter.

Bereits Anklage in anderem Fall in Gmunden

Für die Staatsanwaltschaft Wels ziehen die Ermittlungen und Verdachtsfälle immer weitere Kreise. Denn in einem bereits bekannten Fall aus Gmunden gibt es inzwischen Anklagen: „Gegen die Rechtsanwältin und gegen den Notar wurde betreffend den Sachverhalt in Gmunden bereits Anklage erhoben“, bestätigt Hubmer.

Seepension Gmunden
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In Gmunden soll der Fall eine ehemalige Seepension betreffen

RAK: „Jede Form der Vorverurteilung zurückzuweisen“

Die Rechtsanwaltskammer Oberösterreich hält fest, dass jede Form einer Vorverurteilung entschieden zurückzuweisen sei. Der Präsident war als Kammervertreter am Donnerstag bei der Durchsuchung der Rechtsanwaltskanzlei dabei. „Die erhobenen Vorwürfe sind schwerwiegend […]. Die Rechtsanwaltskammer ist verpflichtet, bei jedem Verdacht eines Verstoßes gegen Disziplinarvorschriften ein eigenes Verfahren zu führen, wobei in besonders schwerwiegenden Fällen nach unserem Disziplinarstatut auch die Streichung aus der Liste der Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen möglich ist“, so Mittendorfer in einer schriftlichen Stellungnahme.

Freitagabend teilen der Anwalt der verdächtigten Rechtsanwältin sowie die Anwaltskammer mit, dass sie freiwillig mit sofortiger Wirkung auf die Ausübung ihrer Berufsberechtigung als Rechtsanwältin bis zur rechtskräftigen Beendigung der anhängigen Straf- und Ermittlungsverfahren verzichtet.

Anwalt des Notars geht von Verfahrenseinstellung aus

Der Anwalt des verdächtigten Notars sagt, er gehe davon aus, dass am Ende der Ermittlungen das Verfahren gegen seinen Mandaten eingestellt werde: „Er hat im Jänner 22 eine Dame, die nicht auffällig war, lediglich in seiner Kanzlei Empfangen und Beglaubigungen durchgeführt. Ein halbes Jahr später hat eine Richterin von einem Bezirksgericht diese Dame in einem Gespräch überprüft und hat ebenfalls keine Auffälligkeiten erkannt“, so Jelinek.

Betrugsverdacht gegen Trio: U-Haft gegen Psychiater verhängt

Vom Präsidenten der Notariatskammer Oberösterreich, Friedrich Jank, heißt es: „Zu den öffentlich gemachten Sachverhalten kann keine konkrete Auskunft erteilt werden. Es werden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abgewartet. Wir haben vollstes Vertrauen in den Rechtsstaat und die unabhängigen Gerichte…Die Staatsanwaltschaft prüft und sichert derzeit belastende und entlastende Beweismittel.“

Stellungnahme der Ärztekammer zu Psychiater

Vom Anwalt des Psychiaters heißt es, dass es derzeit keine Stellungnahme gibt. Von der Ärztekammer Oberösterreich heißt es: „Wird gegen den Arzt ein Strafverfahren eingeleitet, so wird grundsätzlich der Ausgang dieses Strafverfahrens abgewartet, es wird aber sofort ein Disziplinarverfahren eingeleitet, das vorerst ruht. Bei Gefahr im Verzug gibt es jedoch die Möglichkeit einer vorläufigen Untersagung der Berufsausübung.“

Ob nach dem aktuellen Fall in Pasching und dem in Gmunden – über den bereits seit längerem berichtet wird, noch mögliche weitere Fälle bekannt werden, das werden die Ermittlungen zeigen.

Dieser Beitrag begleitet die Sendung „OÖ heute“, ORF 2, 12.4.2024