Aufschließung des neuen umstrittenen Betriebsbaugebietes Ehrenfeld in der Gemeinde Ohlsdorf  neben Westautobahn
Wolfgang Spitzbart
Wolfgang Spitzbart
Chronik

RH: Rodung in Ohlsdorf nicht ordnungsgemäß

Was schon in der Rohversion der Rechnungshofprüfung rund um die Rodung und den Verkauf des Betriebsbaugebiets in Ohlsdorf (Bezirk Gmunden) bemängelt wurde, ist nun bestätigt: Die Rodung von knapp 19 Hektar Wald im Jahr 2021 „kam nicht ordnungsgemäß zustande“, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Endbericht.

Sie passierte „ohne ausreichende Prüfung der Voraussetzungen“, die Begründung zur Umweltverträglichkeit sei „unvollständig“. Der Ex-Industrielle Hans Asamer hatte das Areal „Ehrenfeld II Viecht“ von der ASFINAG, den Bundesforsten sowie einem Privatunternehmer erworben, abholzen lassen und nach der Umwidmung mit hohem Gewinn 2022 an die belgische Betriebsansiedelungsfirma VGP weiterverkauft. Im Vorfeld hatte es negative Stellungnahmen aus Forst- und Umweltsicht gegeben. Dennoch war die Rodung bewilligt worden, unter anderem weil dort 600 Arbeitsplätze entstehen sollten. Lange zeichnete sich aber keine Nutzung ab, es wurden inzwischen auch auf einer österreichischen Gebrauchtwaren-Plattform Lagerhallen, die auf dem gerodeten Gebiet entstehen sollen, zur Vermietung angeboten.

Mehrerlös von 12,2 Millionen Euro erzielt

Als Erstes hält der Rechnungshof fest, Asamer habe bei seinem Deal „einen Mehrerlös von 12,2 Millionen Euro erzielt“. Die ASFINAG und vor allem die Bundesforste hätten sich vertraglich nicht ausreichend abgesichert, um davon zu profitieren. Durch das Fehlen einer Nachbesserungsklausel verzichteten etwa die Bundesforste „auf einen potenziellen weiteren Verkaufserlös“, ist dem Bericht zu entnehmen.

„Bewilligung von BH Gmunden durchgewunken“

Auch die Rodung an sich beanstandeten die unabhängigen Prüfer. So hätten die Voraussetzungen für deren Bewilligung gefehlt. Im Grunde genommen habe die zuständige Behörde, die Bezirkshauptmannschaft Gmunden, die Bewilligung durchgewunken, denn laut Akt, der dem Rechnungshof vorlag, verfügte Asamer weder bei der Antragsstellung noch bei Bewilligung über die gesetzlichen Voraussetzungen. Ein öffentliches Interesse, laut Forstgesetz Bedingung für eine Rodung, sei von dem Unternehmer nur „teilweise begründet“ und „zu wenig konkretisiert“ worden.

Keine Umweltverträglichkeitsprüfung verlangt

Weiters wird moniert, dass vom Land Oberösterreich für die Rodung keine Umweltverträglichkeitsprüfung verlangt worden sei. Es seien nicht alle Auswirkungen „auf relevante Schutzgüter“ berücksichtigt worden, weshalb die „Entscheidung der Landesregierung nur teilweise begründet“ gewesen sei, zu diesem Schluss kam der Rechnungshof.

Ende September gab es für den geplanten Wirtschaftspark sowohl von der Gemeinde als auch vom Bundesverwaltungsgerichtshof aber grünes Licht. VGP-Österreich-Manager Markus Gollob erklärte, dass ein zweistelliger Millionenbetrag investiert werde. Auf 18.000 Quadratmetern sollen Produktions- und Lagerflächen sowie Büros und ein Parkhaus entstehen und nach Angaben des Investors 400 bis 500 Arbeitsplätze geschaffen werden.

RH: „Land und Gemeinden fehlen klare Grundlagen“

Der Rechnungshof empfiehlt, künftig für „sämtliche Regionen verbindliche Raumordnungsprogramme“ zu erlassen. Denn eines habe sich bei „Ehrenfeld II Viecht“ gezeigt: Sowohl dem Land als auch den Gemeinden fehlen klare Grundlagen, wie sie „die unterschiedlichen Raumordnungsziele auf regionaler Ebene zu priorisieren und umzusetzen haben“.

Achleitner: „Kann Kritik an Rodung nicht nachvollziehen“

Wirtschafts- und Raumordnungslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) hält das Betriebsbaugebiet Ehrenfeld II aufgrund seiner Lage „unverändert für geeignet, dort Betriebe anzusiedeln“. Denn „wenn man direkt neben der Autobahn keine Betriebsansiedlung mehr machen kann, dann geht in Oberösterreich gar nichts mehr“. Er betonte, dass ohnehin die eineinhalbfache Waldfläche ersatzweise aufgeforstet werden müsse. Zur Empfehlung des Rechnungshofs, das Land solle für sämtliche Regionen verbindliche regionale Raumordnungsprogramme erlassen, hielt er fest, „dass es bereits rechtskräftige Raumordnungsprogramme für Linz-Umland und Eferding gibt“ und gerade ein regionales Grünzonenprogramm für die Region Eferding beschlossen worden sei, das 10.000 Hektar umfasse. Er könne die Kritik an der Rodung nicht nachvollziehen, so Achleitner.

Bundesforste: „Rechtlich alles korrekt abgelaufen“

Die Bundesforste, die im Zuge des Grundstücksverkaufs rund 6,3 Hektar Fläche verkauft haben, betonen am Donnerstag, dass rechtlich alles korrekt abgelaufen sei.

NEOS fordert Untersuchungskommission im Landtag

Der Rechnungshofbericht zeichne im Fall Ohlsdorf ein fatales Bild vom Wegschauen, Weghören und Wegreden, so NEOS-Klubobmann Felix Eypeltauer am Donnerstag. Der große Gewinner dieses riesigen Skandals sei ein ehemaliger ÖVP-Bürgermeister und ÖVP-Großspender, der das Gebiet unter dubiosen Verhältnissen teilweise vom Bund gekauft hätte und beim Weiterverkauf einen Millionengewinn eingefahren habe, so Eypeltauer. Bei der Causa Ohlsdorf an ein zufälliges Systemversagen auf allen Ebenen zu glauben und den Prüfbericht auf sich beruhen zu lassen, wäre naiv und unverantwortlich, so Eypeltauer. NEOS fordere daher die Einsetzung einer Untersuchungskommission im oberösterreichischen Landtag.

Grüne: „Projekt hätte es in dieser Form nie geben dürfen“

Scharfe Kritik kam am Donnerstag auch von den Grünen. Dieses Projekt hätte es in dieser Form nie geben dürfen, so der Grüne Landessprecher Stefan Kaineder. Der Rechnungshofbericht zeige das geballte Systemversagen in der Causa Ohlsdorf auf. Der Bericht zeige auch, dass es eine Konkretisierung und allenfalls auch eine Gewichtung der Raumordnungsziele sowie flächendeckende regionale Raumordnungsprogramme geben müsse, so der Grüne Raumordnungssprecher Rudi Hemetsberger. Zudem müsse das Land untersuchen, wie die Rodungsbewilligung überhaupt zustande kommen konnte. Dies würden die Grünen im Kontrollausschuss des Landtages genau untersuchen, so Hemetsberger.

SPÖ: „Horrende Bodenvernichtung“

Der Rechnungshofbericht bestätige die Kritik der SPÖ an diesem „großflächigen Bodenraub“, so Raumordnungssprecherin Heide Strauss. 12,2 Millionen Euro Gewinn für den ÖVP-Großspender Asamer seien das i-Tüpfelchen an diesem Fall horrender Bodenvernichtung. Landesrat Achleitner müsse jetzt rasch und schonungslos die Hintergründe neu prüfen und alle Karten auf den Tisch legen. Sollte es individuelles Fehlverhalten gegeben habe, seien auch personelle Konsequenzen unausweichlich. Es bleibe letzten Endes nur eine Totalüberarbeitung des Raumordnungsrechts, um solchen Flächenfraß für alle Zeit zu verhindern, so Strauss.

WWF fordert Reform der Raumordnung

Auch die Naturschutzorganisation WWF übte am Donnerstag Kritik. Sie forderte die vollständige Umsetzung aller Rechnungshofempfehlungen und eine grundlegende Reform der Raumordnung durch den zuständigen Landesrat Markus Achleitner. Dieser müsse seine politische Verantwortung wahrnehmen und deutlich stärker gegen den hohen Bodenverbrauch vorgehen, so WWF-Bodenschutzsprecher Simon Pories. Das Betriebsgebiet in Ohlsdorf sei ein weiteres Beispiel, wie Äcker, Wiesen und Wälder regelmäßig für die Profite einzelner geopfert werden, so Pories. Derzeit gebe es nur in vier von 18 Bezirken verbindliche regionale Raumordnungsprogramme, „der Konkurrenz der Gemeinden um immer mehr Betriebs- und Gewerbeparks Tür und Tor geöffnet – und das Land schaut bislang tatenlos zu“, kritisierte Pories.