Falsches Bein amputiert: Ärztin vor Gericht
FOTOKERSCHI.AT / KERSCHBAUMMAYR
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Chronik

Falsches Bein amputiert: Ärztin verurteilt

Grob fahrlässige Körperverletzung sah das Gericht am Mittwoch im Fall einer Ärztin gegeben, die einem Patienten im Krankenhaus Freistadt das falsche Bein amputiert hat. Sie bekommt eine Geldstrafe. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Weil sie einem 82-Jährigen das falsche Bein amputiert hat, ist am Mittwoch eine Chirurgin im Landesgericht Linz zu 2.700 Euro Geldstrafe, die Hälfte davon unbedingt, verurteilt worden. Sie war wegen grob fahrlässiger Körperverletzung angeklagt worden. Die 43-Jährige gestand lediglich, einen „Fehler gemacht“ zu haben, stritt eine „grobe Fahrlässigkeit“ aber ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Im Mai musste einem 82 Jahre alten Mann ein Bein amputiert werden. Wegen seiner Vorerkrankungen waren beide Beine beeinträchtigt. Der fatale Fehler passierte kurz vor der Operation, als die Ärztin offenbar das falsche Bein markierte. Nicht das linke, sondern das rechte Bein wurde daraufhin im Bereich des Oberschenkels abgetrennt.

Beim Verbandswechsel bemerkt

Ein Fehler, der erst zwei Tage nach dem Eingriff im Krankenhaus Freistadt beim Verbandswechsel bemerkt wurde. Dem Patienten musste daraufhin noch das zweite Bein abgenommen werden. Dieser folgenschwere Fehler wurde öffentlich bekannt und führte auch zu internationalen Schlagzeilen.

Der Verteidiger unterstrich, dass der „schreckliche Fehler“ nicht auf ein „individuelles Versagen“ zurückzuführen sei, sondern weil das Kontrollsystem nicht funktioniert habe. Für ihn stelle sich somit die Frage „was alles schief gelaufen ist“. Er plädierte für eine Diversion für seine Mandantin.

„Fehler in der OP-Planung“

Bereits einige Tage vor dem Eingriff habe sich die Medizinerin anhand der Unterlagen auf den Eingriff vorbereitet. „Ich wusste, dass ich das linke Bein zu amputieren habe“, sagte sie. Warum sie vor der OP dennoch das rechte Bein markiert habe, „ich weiß es einfach nicht“, wiederholte sie mehrmals. Es hätten aber „Fehler in der OP-Planung stattgefunden, da keine Seitenangaben im Patientenakt angegeben waren, weshalb eine Nachschau nicht möglich gewesen ist“, berichtete die Angeklagte von der Analyse des Vorfalles.

Auch das sogenannte Team-Time-Out, die letzte Sicherheitsstufe, die ein Operationsteam vor einem Eingriff beachten muss, griff nicht. Dabei werden u.a. der Patient identifiziert und der Eingriffsort nochmals wiederholt und bestätigt. Das dürfte auch so geschehen sein, aber niemandem sei die falsche Markierung aufgefallen. Warum, blieb im Prozess offen.

Schmerzensgeld für Witwe

Bei einer derart schwerwiegenden OP hätte die Angeklagte entsprechende Sorgfalt an den Tag legen müssen und „noch ein zweites oder ein drittes Mal hinschauen müssen“, so der Richter in der Urteilsbegründung. Das habe er bei ihr vermisst, daher habe er auch „mit dem entsprechenden Augenmaß zu sanktionieren“. Außerdem sprach er der Witwe des einstigen Patienten, die sich als Privatbeteiligte dem Strafprozess angeschlossen hatte, 5.000 Euro Schmerzensgeld zu. Staatsanwalt und Verteidiger haben sich Bedenkzeit genommen.

„Fehler aufgrund menschlichen Versagens“

Im Klinikum Freistadt zeigte man sich angesichts des Vorfalls tief betroffen und sprach von einem Fehler, der aufgrund menschlichen Versagens passierte. Die oö. Gesundheitsholding sicherte zu, man werde sich um transparente Aufklärung kümmern und schaltete die Staatsanwaltschaft Linz ein. Die Gesundheitsholding erließ eine Dienstanweisung, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu noch genaueren Sicherheitschecks anhält.