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APA/Herbert Neubauer
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Politik

Diskussion über Arbeitslosengeld

Mit Skepsis hat der politische Mitbewerb auf den Vorstoß von Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) für eine befristete Erhöhung des Arbeitslosengeldes reagiert. Vertreter von SPÖ, FPÖ und Grünen sind zwar für eine Anhebung, üben aber dennoch auch Kritik.

Lob kam von der Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich, die möchte, dass das Land in Vorlage geht, bis es eine bundeseinheitliche Lösung gibt.

SPÖ: „Doppelzüngigkeit“

Wenn Stelzer, der derzeit auch Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz ist, nun für eine befristete Erhöhung des Arbeitslosengeldes eintrete, „entbehrt das jeder Glaubwürdigkeit“, so der SPOÖ-Klubvorsitzende Christian Makor, der dem Landeshauptmann „Doppelzüngigkeit“ vorwirft. Denn Stelzer habe noch vor einigen Tagen im Ausschuss „sowohl Anträge auf dauerhafte wie auch befristete Arbeitslosengelderhöhungen ablehnen lassen“. Er forderte Stelzer „bei der nächsten Landtagssitzung zum Praxistest auf“.

Grüne: „Interessante, erfreuliche Wendung"

Die oberösterreichischen Grünen sehen „eine interessante, aber auch erfreuliche Wendung“, denn auch der Vorschlag der Grünen für eine befristete Erhöhung sei im zuständigen Ausschuss noch kürzlich von allen anderen Fraktionen abgelehnt worden. „In der größten Wirtschaftskrise der Geschichte brauchen die Betroffenen rasche und effektive Unterstützung“, so die Arbeitsmarktsprecherin der Grünen, Ulrike Schwarz, und forderte eine Erhöhung der Nettoersatzrate.

Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) wollte sich zur Erhöhung des Arbeitslosengeldes am Mittwoch nicht konkret äußern. Die Grünen drängen zwar darauf, und auch er hatte die Erhöhung zuletzt als eine Lösungsoption bezeichnet. Nach dem Ministerrat sagte er aber nur: „Wir sind da mitten im Arbeiten.“ Es gehe darum, neue Armut durch die Coronavirus-Krise zu vermeiden, und er hoffe auf rasche Lösungen. Die Regierung will sich bei ihrer Klausur am Montag und Dienstag u. a. auch mit dieser Frage befassen.

FPÖ: „Scheinbewegung“

Die FPÖ-Sozialsprecherin im Nationalrat, Dagmar Belakowitsch, sieht lediglich eine „Scheinbewegung“, um die bevorstehende Regierungsklausur zu bewerben. Erst vor wenigen Tagen habe ÖVP-Klubobmann August Wöginger im Sozialausschuss noch „auf die Möglichkeit für Arbeitnehmer in Existenznöten, einfach in die Mindestsicherung zu gehen“, verwiesen, so die Freiheitliche, die eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf eine Nettoersatzrate von 70 Prozent für „unbedingt erforderlich“ hält.

Kalliauer für unbefristetes Anheben

Der oberösterreichische AK-Präsident Johann Kalliauer begrüßte Stelzers Vorstoß. Er regte an, dass das Land in Vorlage treten soll, bis es eine bundeseinheitliche Lösung gibt. „Dieser Betrag, ein Drittel zur jetzigen Höhe des Arbeitslosengeldes, könnte über das AMS ausbezahlt werden und sollte – im Fall einer zusätzlichen Sozialhilfeleistung – anrechnungsfrei bleiben“, so Kalliauers Vorschlag. Zudem dürfe die Erhöhung des Arbeitslosengeldes – die AK will 75 statt 55 Prozent Nettoersatzrate – nicht zeitlich befristet sein. Denn das durchschnittliche Arbeitslosengeld in Oberösterreich sei 2019 bei 980 Euro (netto zwölfmal pro Jahr) gelegen, das sei zu niedrig.

Hummer gegen generelle Erhöhung

Oberösterreichs Wirtschaftskammer-Präsidentin Doris Hummer ist gegen „eine generelle Anhebung des Arbeitslosengeldes“. Ein Wiederstarken der Wirtschaft heiße, Arbeitnehmer aus der Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit herauszuholen, meinte sie in einer Pressekonferenz am Mittwoch in Linz. Eine temporäre Lösung lehnte sie nicht ab.

Auch die Volkshilfe Österreich erneuerte ihre Forderung nach einer Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf eine Nettoersatzrate von mindestens 70 Prozent. Wegen der Coronavirus-Krise würden viele derzeit nur schwer einen neuen Job finden. „Sehen wir nicht dabei zu, wie sich Armut verfestigt, sondern schaffen wir armutsfeste Existenzgrundlagen“, so Präsident Ewald Sacher und Direktor Erich Fenninger.

ÖVP: Nur „einmalige oder befristete Erhöhung“

Die ÖVP Oberösterreich hielt am Mittwoch fest, dass sie nur für eine „einmalige oder befristete Erhöhung“ des Arbeitslosengeldes eintrete. „Helfen in der Not hat für uns oberste Priorität“, so Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer. Eine permanente und generelle Erhöhung halte er aber für „leistungsfeindlich und nicht gerecht“ gegenüber jenen, die täglich aufstehen und arbeiten gehen würden. „Einkommen aus Arbeit muss mehr wert sein als Sozialleistungen“, so Hattmannsdorfer. Mit einer zeitlichen Befristung oder Einmalzahlung fördere man weiterhin den Anreiz, arbeiten zu gehen.