Politik

Weiter Wirbel um Mischkulturen-Sager

Nach dem Wirbel über den Mischkulturen-Sager des freiheitlichen Landesrats Wolfgang Klinger hat sich die Landesregierung von den Aussagen distanziert. Klinger hat sich am Montag in einer Aussendung zu Wort gemeldet. Er habe „sprachliche Sensibilität vermissen lassen“. SPÖ und Grüne fordern Klingers Rücktritt und befürworten Neuwahlen.

Nach dem Mischkulturen-Sager und der großen Welle an Empörung und Distanzierung äußerte sich Klinger am Montag schriftlich: Er habe den Begriff Mischkulturen als Synonym für „Multikulturalismus“ verstanden wissen wollen und würde ihn so nicht wieder verwenden, so Klinger. Er habe den Grundsatz, dass Worte in der Spitzenpolitik genauso wichtig seien wie Inhalte, einen Augenblick lang missachtet und stehe deshalb nicht an, die Formulierung zurückzunehmen.

Klinger: Rassismusvorwurf unzutreffend

Den von SPÖ und Grünen geäußerten Vorwurf des Rassismus weist Klinger zurück. Das sei eine “völlig unzutreffende Zuschreibung“, die ihn bestürzt und traurig mache, denn das Gegenteil sei der Fall: Er wünsche sich von Zuwanderern die Eingliederung in unsere Gesellschaft und ein friedliches und soziales Miteinander. Politiker hätten aber die Verantwortung, auch unangenehme Dinge beim Namen zu nennen. Künftig werde er bei der Wortwahl allerdings sensibler vorgehen, so Klinger.

SPÖ will Klingers Rücktritt und Neuwahlen

Die oberösterreichische Landesregierung distanzierte sich am Montag in der Regierungssitzung im Rahmen eines von Landesrat Rudi Anschober (Grüne) gestellten Antrags – mit Gegenstimmen der FPÖ – von Klingers Aussage. SPÖ-Landesparteivorsitzender Birgit Gerstorfer war das aber zu wenig, sie forderte gemeinsam mit Landesgeschäftsführer Georg Brockmeyer in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz Klingers Rücktritt, die Aufkündigung von Schwarz-Blau und Neuwahlen. „Diese Sprache ist eine, die wir aus dem ‚Völkischen Beobachter‘ kennen“, so Brockmeyer. „Die FPÖ ist strukturell nicht regierungsfähig“, so Brockmeyer. Die anderen Parteien sollten seiner Ansicht nach ein klares Bekenntnis abgeben, „dass wir diese Partei nie wieder in einer Regierung in Österreich sehen wollen und auch nicht in Oberösterreich“. Die SPÖ will daher, dass Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) das Arbeitsübereinkommen mit den Blauen aufkündigt. Da es in Oberösterreich eine Proporzregierung gibt, würde das an der Zusammensetzung der Landesregierung freilich nichts ändern. Allerdings könnte man Klinger Kompetenzen entziehen, stellte Brockmeyer in den Raum. Gerstorfer betonte aber, dass die Sozialdemokraten „mit Neuwahlen die größte Freude hätten“.

Auch Anschober fordert Rücktritt und Neuwahlen

Es sei erschütternd, dass der Antrag in der Regierungssitzung von der FPÖ nicht mitgetragen worden sei, so Anschober. Es stelle sich endgültig die Frage, wie lange die ÖVP mit der FPÖ und mit diesem Geist noch koalieren wolle. Es brauche ein Ende der Koalition und einen Rücktritt Klingers, so auch Anschober.

Diskussion um Interpretation von Staatsgrundgesetz

In dem Interview am Sonntag hatte Klinger bezugnehmend auf das Staatsgrundgesetz aus der Monarchie gemeint, dass der Staat unverbrüderlich verpflichtet sei, die Volksstämme, in diesem Fall seinen eigenen Volksstamm, in Nationalität und Sprache, sprich Identität zu erhalten, so Klinger. Tatsächlich steht im Staatsgrundgesetz aber etwas anderes, so der Verfassungsexperte Andreas Janko von der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz.

Das Gesetz stamme aus der österreichisch-ungarischen Monarchie, so Janko am Montag gegenüber dem ORF Oberösterreich: „In dieser Bestimmung wurde festgehalten, dass alle Volksstämme des Staates, eben des Vielvölkerstaates, gleichberechtigt sind und jeder dieser Volksstämme ein Recht auf Wahrung und Pflege seiner Nationalität und Sprache hat. 1867 hatte ja außenpolitische Vorwirkungen: Die Niederlage gegen Preußen, wir wurden aus dem deutschen Reich im Sinne der kleindeutschen Lösung herausgenommen, und der Kaiser musste dann seinen Völkern und Bürgern Zugeständnisse machen. Da war der Ausgleich mit Ungarn wohl das prominenteste Zugeständnis. Aber auch diese grundsätzliche Anordnung, dass die Volksstämme gleichberechtigt sind.“

„Nicht in den Rechtsbestand der Republik übernommen“

Österreich sei seit dem Ende des Ersten Weltkriegs kein Vielvölkerstadt mehr, und daher gehe der Verfassungsgerichtshof folgerichtig davon aus, dass dieser Artikel 19 Staatsgrundgesetz gar nicht in den Rechtsbestand der Republik übernommen wurde, sondern ersetzt wurde durch die Minderheitenschutzbestimmungen, wie sie vor allem im Staatsvertrag von St. Germain enthalten waren und später im Staatsvertrag von Wien noch einmal ausgebaut wurden, so Janko.