Traun als „Kreisverkehr-Pionier“ für Oberösterreich
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Kunst und Krempel im Kreisverkehr

Eine launige Betrachtung der Ausgestaltung diverser Kreisverkehre im Land ist der Inhalt der Sendung „Erlebnis Österreich“ am 18.4. um 16.30 Uhr im Programm ORF 2 unter dem Titel „Kunst und Krempel im Kreisverkehr“.

Sendungshinweis

„Erlebnis Österreich“, 18.4.21

Gigantische Möbel, Miniaturburgen, Mostbirnen und Äpfel haben eines gemeinsam: Sie kennzeichnen als „Kunst“ oder vielleicht als „Krempel“ die Fläche innerhalb eines Kreisverkehrs. Niemand kann sich ihrem Anblick entziehen – dadurch erzielen sie „Besucherzahlen“, die Museumsverantwortliche vermutlich vor Neid erblassen lassen. Die beiden Gestalter dieses Erlebnis Österreich, Markus Fischer und Wolfgang Marecek, wagen in dieser Produktion des ORF Oberösterreich eine launige Betrachtung dieses „Verkehrs-Kreisels“. In Großbritannien und Frankreich schon lange zuvor etabliert, sollten seit Mitte der 1990er Jahre Kreisverkehre auch hierzulande eine Alternative zur ampelgeregelten Kreuzung bieten und einen besseren Verkehrsfluss ermöglichen. Besonderes Augenmerk gilt aber den „Kunstwerken“ im Zentrum der Kreisverkehre, die vor allem an den Gemeindegrenzen oftmals die Geister scheiden.

Gurkerl-Kreisverkehr in Eferding
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Gurkerl-Kreisverkehr in Eferding

Der oberösterreichische Künstler Leo Schatzl hat zunächst mit seinem „Großen Zwiebelchen“ in Unterstinkenbrunn im Bezirk Mistelbach in Niederösterreich für Aufsehen in einem Kreisverkehr gesorgt, bevor er in Eberstallzell im Bezirk Wels-Land ein Kreisverkehrsprojekt mit 400 LED-Lampen im Auftrag der Energie AG errichten durfte.

Leo Schatzls LED-Kreisverkehr in Eberstalzell
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Leo Schatzls LED-Kreisverkehr in Eberstalzell

Ob Kunst im öffentlichen Raum oder Kitsch im Auftrag von Gemeinden, diese Plastiken werden auch von jenen bemerkt, beurteilt und kritisiert, die es sonst in kein Museum schaffen, meint der Professor für künstlerische und industrielle Gestaltung an der Kunstuniversität in Linz, Hubert Lobnig. Er ist selbst Künstler und unter anderem Mitglied der Wiener Secession. Gemeinsam mit Iris Andraschek hat er selbst einen Kreisverkehr gestaltet.

Neue Perspektiven im Erlebnis Österreich „Kunst und Krempel im Kreisverkehr“
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Neue Perspektiven im Erlebnis Österreich „Kunst und Krempel im Kreisverkehr“

Originelle Kameraperspektiven, ob befahren oder überflogen, zeigen die unterschiedlichsten Ausformungen, beispielsweise überdimensionale Essiggurkerl in Eferding oder die Skisprung-Skulptur in Hinzenbach. So hat der Installateurmeister Alois Pauzenberger in Rohr im Kremstal vor fast zehn Jahren eine Burg inmitten eines Kreisverkehrs errichtet, die mittlerweile als neues Wahrzeichen des Ortes gilt. Er erinnert damit an die Originalburg, die nach einem Streit im 13. Jahrhundert zerstört, dann wiederaufgebaut und im 14. Jahrhundert endgültig ruiniert wurde. Auf der kreisrunden Fläche rund um diese fünf Meter hohe Burg spiegelt sich das Vereinsleben und sogar die Landwirtschaft der Region wider. Leider müsse er jedes Jahr in neue Tiere investieren, die ihm immer wieder aus dem Kreisverkehr gestohlen werden, so Pauzenberger.

Nach der Zerstörung im 14. Jahrhundert „dominiert“ die Burg Rohr jetzt den Kreisverkehr.
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Nach der Zerstörung im 14. Jahrhundert „dominiert“ die Burg Rohr jetzt den Kreisverkehr.

Bis 2011 hatte Linz über Jahrzehnte einen der größten Kreisverkehre Österreichs, an der Blumau, der dann dem Neuen Musiktheater am Volksgarten weichen musste. Hier galten nicht nur unterschiedlichen Vorrangregeln beim Ein- und Ausfahren, auch zwei Straßenbahnlinien hatten innerhalb dieser Verkehrsinsel eine Haltestelle und ein Fußgängerübergang zum ehemaligen Unfallkrankenhaus, was damals das Risiko für alle Verkehrsteilnehmer maximierte.

Skisprung-Skulptur im Kreisverkehr Hinzenbach
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Skisprung-Skulptur im Kreisverkehr Hinzenbach

Seit Mitte der 1990er Jahre versuchen Verkehrsplaner mit einem Kreisverkehr genau das Gegenteil zu erzielen, nämlich die Sicherheit an Straßenkreuzungen zu erhöhen. Günther Bsirsky ist gelernter Raumplaner und als Verkehrsplaner des Landes Oberösterreich inzwischen pensioniert. In seinem Auto fahrend erzählt er, wie er 1995 mit dem ersten Kreisverkehr in Traun diese Verkehrslösung etablieren und mit Studien über niedrigere Unfallhäufungen Politiker überzeugen konnte.

Traun als „Kreisverkehr-Pionier“ für Oberösterreich
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Traun als „Kreisverkehr-Pionier“ für Oberösterreich

Ein Blick nach Großbritannien und Frankreich zeigt, dass dort Kreisverkehre schon viel früher über Ampelkreuzungen dominiert haben. Für den Verkehrspsychologen Peter Jonas manifestiere sich das in dem „in Beton gegossenen Liberalismus“, also an der ausgeprägteren Freiheitsliebe. Deren Bewohner und Bewohnerinnen würden lieber selbst entscheiden, wann sie fahren und ließen sich nicht gerne von Ampeln „diktieren“, lautet seine These.

Kreisverkehre symbolisieren allerdings auch den, noch immer weiter steigenden Flächenverbrauch, bei dem sich Österreich mit seinem Straßennetz pro Einwohner europaweit an der Spitze hält. „In den letzten 25 Jahren wurden 150.000 Hektar Boden versiegelt, was der Agrarfläche des Burgenlands entspricht“, kritisiert Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung.

Gestaltung: Markus Fischer / Wolfgang Marecek
Kamera: Markus Fischer
Schnitt: Wolfgang Marecek