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Wirtschaft

Talsohle im privaten Wohnbau „durchschritten“

Oberbank-Chef Franz Gasselsberger sieht wieder Licht am Ende des Tunnels im privaten Wohnbau. „Die Talsohle ist durchschritten“, sagte der Bankchef am Mittwoch bei der Bilanzpressekonferenz. Die Nachfrage nach Wohnbaukrediten sei allein im ersten Quartal 2024 um ein Fünftel gestiegen.

Im weiteren Jahresverlauf sollte auch das von der Regierung geplante Baupaket weitere Impulse bringen. „Wir merken, die jungen Erwachsenen haben sich an das höhere Zinsniveau gewöhnt“, so Gasselsberger zur Entwicklung der Nachfrage bei Wohnkrediten. Das zudem steigende Lohnniveau nach den hohen KV-Abschlüssen, die rückläufigen Immobilienpreise, die Erwartung sinkender Leitzinsen sowie die Erleichterung der bürokratischen Hürden bei den Ausnahmekontingenten für die Wohnkreditvergabe sollten die Stimmung weiter aufhellen, so der Bankchef.

„Positive Impulse“ durch Baupaket

Auch im von der Regierung kürzlich beschlossenen Baupaket sieht er positive Impulse, insgesamt sollte es helfen, den Wohnbau wieder anzukurbeln. Vor allem das Tempo bei der Umsetzung der angekündigten Maßnahmen sei „überraschend positiv“ gewesen. Sorgen, dass die im Baupaket auch vorgesehenen günstigen Länder-Darlehen den Banken Konkurrenz machen könnten, macht Gasselsberger sich nicht.

„Von Regierung nicht viel an Reformen gesehen“

Insgesamt bewertet er die Arbeit der amtierenden Regierung aber kritischer. „Wir haben nicht viel an Reformen gesehen in den letzten Jahren“, so der Bankchef. Von den kommenden Monaten erwartet er nicht mehr viel Neues, viel mehr würden die Parteien einen Vorwahlkampf führen, der nahtlos in den Wahlkampf übergehen dürfte.

Kreditgeschäft auf 20,1 Milliarden Euro gewachsen

Mit der Entwicklung des Bankgeschäfts im vergangenen Jahr zeigte sich der Gasselsberger dagegen sehr zufrieden. 2023 sei „ein sehr erfolgreiches Jahr für die Oberbank“ gewesen. Das Kreditgeschäft wuchs um 4,6 Prozent auf 20,1 Milliarden Euro. Vor allem bei den Krediten für Geschäftskunden (Kommerzkredite) gab es ein klares Plus von 7,2 Prozent. Auch das Leasing-Geschäft sei mit einem Wachstum von 18,2 Prozent im Neugeschäft stark gewesen. Vor allem in Deutschland sei es gut gelaufen, das hänge auch damit zusammen, dass sich dort mehrere Leasinganbieter aus dem Markt zurückgezogen hätten.

Das Zinsergebnis stieg um 47 Prozent auf 596,8 Mio. Euro und auch das At-Equity-Ergebnis, das vor allem von der voestalpine-Beteiligung bestimmt ist, stieg um 38,3 Prozent auf 125,4 Millionen Euro. Das Provisionsergebnis fiel dagegen um 5,2 Prozent auf 196,1 Millionen Euro. Unterm Strich blieb ein Gewinn nach Steuern von 382,6 Millionen Euro übrig, das war ein Plus von 57,3 Prozent.

Kreditrisiko erhöhte sich

Allerdings hat sich auch das Kreditrisiko erhöht, die Risikovorsorgen stiegen um 17,3 Prozent auf 443,1 Mio. Euro. Das sei vor allem den Entwicklungen am Immobilienmarkt geschuldet gewesen. Gasselsberger sprach jedoch von einer Normalisierung nach einem extrem niedrigen Niveau in den vorangegangenen Jahren.

Für heuer rechnet die Oberbank damit, dass der Rückgang der Konjunktur auch im Kreditrisiko im Firmenkundengeschäft spürbar werde. Für das zweite Halbjahr könnte jedoch eine leichte Konjunkturerholung in Sicht sein, was auch wieder positiv auf das Risiko schlagen sollte. Der Optimismus gründet sich auf Kundengespräche sowie auf die Erwartung niedrigerer Inflation und Zinsen sowie der Erwartung von Reallohnzuwächsen. Generell sei ein Ausblick auf das heurige Jahr wegen der unterschiedlichen Wirtschaftsentwicklung in den USA und Europa schwierig. Während es in den USA und weltweit mittlerweile wieder besser laufe, schwächle Europa noch.

„UniCredit hat bis jetzt alles verloren“

Auch zum seit mehreren Jahren laufenden Rechtsstreit mit der UniCredit nahm Gasselsberger Stellung. Das abgelaufene Jahr sei juristisch gesehen sehr erfolgreich gewesen. „Die UniCredit hat bis jetzt alles verloren“, so der Bankchef. Im Sommer 2023 hatte der Oberste Gerichtshof entschieden, dass die gesellschaftsrechtliche Struktur der 3-Banken-Gruppe und alle bisherigen Kapitalerhöhungen rechtmäßig seien.

In dem Streit sind aber noch viele weitere Baustellen offen. So beruft die UniCredit Bank Austria gegen eine erstinstanzliche Entscheidung der Übernahmekommission, nachdem sie vor der Kommission damit gescheitert sei, die 3 Banken (Oberbank, BTV, BKS) unter ihre Kontrolle zu bringen. Auch fordert die UniCredit Bank Austria, dass die Oberbank Schadenersatzansprüche gegen ihren eigenen Vorstand geltend macht. Laut Gasselsberger handle es sich um eine Summe von drei Millionen Euro.

Für Erhalt nationaler Einlagensicherungssysteme

Nach den jüngst in der Bankenbranche geäußerten Sorgen um eine Schwächung des heimischen Einlagensystems hat Oberbank-Chef Franz Gasselsberger das nationale System verteidigt. „Wir haben eine funktionierende Einlagensicherung in Österreich“, so der Bankchef. „Ich wünsche mir den Beibehalt dieser nationalen Einlagensicherungssysteme. Jede Bestrebung, das auf europäische Ebene zu heben, sehe ich als gefährlich an.“ Dass eine EU-weite Einlagensicherung kommt, glaubt er nicht.

Dagegen müsse man sich rechtzeitig wehren. Dass das heimische System gut funktioniere, habe sich bei den Fällen der vergangenen Jahre gezeigt, bei denen die Betroffenen bereits binnen weniger Tage ihr Geld erhalten hätten. Er wolle jedenfalls nicht, dass die heimische Einlagensicherung künftig für Abwicklungsfälle in anderen Ländern Europas herangezogen werden kann.

„Die Leute vertrauen auf Einlagensicherung“

„Die Leute vertrauen einfach darauf, dass wir funktionierende Einlagensicherung haben“, so Gasselsberger. Auch in der Politik und bei den Banken gebe es einen breiten Konsens, dass das System gut sei. Dass eine EU-weite, gemeinsam Einlagensicherung kommt, glaubt er nicht. Die Widerstände dafür seien einfach zu groß.

Ende März warnten die WKÖ-Bankensparte sowie der Österreichische Raiffeisenverband (ÖRV) vor einer Schwächung des heimischen Einlagensicherungssystems aufgrund der EU-Pläne zur Überarbeitung der Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung bei Banken (BRRD). Denn laut den Plänen solle die Bankenabwicklung gegenüber einer Insolvenz gestärkt werden.

Vor allem für kleine und mittlere Banken würde das dazu führen, dass bei Turbulenzen bei einem Institut vorrangig das Abwicklungsrecht zum Zug kommt, dann wären nationale Insolvenzverfahren nur noch die Ausnahme. Gefürchtet wird auch, dass durch die EU-Pläne die Mittel des Einlagensicherungsfonds zweckentfremdet werden könnten.