Reise der Bilder. Hitlers Kulturpolitik, Kunsthandel und Einlagerungen in der NS-Zeit im Salzkammergut, 2024
Lentos/Violetta Wakolbinger
Lentos/Violetta Wakolbinger
Kultur

„Die Reise der Bilder“ im Lentos

„Die Reise der Bilder“ im Kunstmuseum Lentos in Linz beschreibt die mitunter abenteuerlichen Wege von über 1.000 Kunstwerken während des Zweiten Weltkrieges zu ihren Notdepots im Salzkammergut. Über 80 Gemälde und Objekte sind in der Ausstellung zu sehen. Sie widerlegen auch zwei Irrtümer im Zusammenhang mit Hitler als Sammler.

„Die Reise der Bilder“ ist der größte von drei Beiträgen des Lentos zur „Europäischen Kulturhauptstadt Bad Ischl Salzkammergut 2024“ neben „Wolfgang Gurlitt“ in Bad Aussee und „Das Leben der Dinge“ in Lauffen, die am 27. März bzw. 26. April eröffnet werden. „Man ist verpflichtet, gerade in der heutigen Zeit, wo neue Imperien und autokratische Staaten entstehen, dass man erinnern muss, wie war das früher“, betonte die künstlerische Leiterin der Kulturhauptstadt Elisabeth Schweeger. „Man braucht unabhängige Wissenschafter und Forscher, die viele Jahre im Thema sind“ für derartige Ausstellungen, sagte Lentos-Direktorin Hemma Schmutz in der Presseführung am Dienstag mit Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) und Kulturstadträtin Doris Lang-Mayerhofer (ÖVP). Bei vielen Stücken gibt es nach wie vor Lücken in der Provenienz.

Fehlende Bilder durch Projektion dargestellt

„Das Thema ist extrem komplex, aber es lag auf der Hand, wenn das Salzkammergut Kulturhauptstadt wird, muss man sich mit den Einlagerungen beschäftigen“, schickte Nowak-Thaller voraus. Im ersten Raum der Ausstellung werden die Restitutionen des Hauses thematisiert – die fehlenden Bilder werden durch leere Rahmen in einer Projektion dargestellt. Im großen Saal des Lentos finden sich an der rechten Wand Gemälde u.a. von Hans Makart, Anthonis van Dyck und Anselm Feuerbach, die ins von Adolf Hitler geplante Führermuseum nach Linz sollten und zu ihrem Schutz ins Salzbergwerk Altaussee verbracht wurden.

Dabei würden auch zwei Irrtümer korrigiert, klärte Schwarz auf: „Der erste Irrtum war, dass Hitlers Werke vor allem angekauft wurden“. Die Hauptquelle für das Führermuseum seien aber beschlagnahmte Werke gewesen. Der zweite Irrtum war, „dass alle Kunstwerke, die Hitler sammelte, für das Führermuseum vorgesehen waren“. Geplant war vielmehr ein gigantisches Verteilungsprogramm von vorwiegend NS-Raubkunst auf die österreichischen und deutschen Museen. Das werde deutlich am Genter Altar, dessen Bildtafeln Hitler aus Belgien nach Deutschland bringen ließ und die er für die Berliner Gemäldegalerie vorgesehen hatte.

Fotostrecke mit 7 Bildern

Henrike Naumann, Ausstellungsansicht aus „Illiberal Lives“ im Ludwig Forum Aachen, 2023
Lentos/Mareike Tocha
Kunsttransporte Salzbergwerk Altaussee, 1943/44
Bundesdenkmalamt
Kunsttransporte Salzbergwerk Altaussee, 1943/44
Einlagerungen Salzbergwerk Altaussee, 1943/44
Bundesdenkmalamt
Einlagerungen Salzbergwerk Altaussee, 1943/44
Einlagerungen Salzbergwerk Altaussee, 1943/44,
Bundesdenkmalamt
Einlagerungen Salzbergwerk Altaussee, 1943/44, Bundesdankmalamt
Modell – Führermuseum Opernplatz Kunstmuseum
Archiv der Stadt Linz
Modell – Führermuseum Opernplatz Kunstmuseum
Reise der Bilder. Hitlers Kulturpolitik, Kunsthandel und Einlagerungen in der NS-Zeit im Salzkammergut, 2024
Lentos/Violetta Wakolbinger
Reise der Bilder. Hitlers Kulturpolitik, Kunsthandel und Einlagerungen in der NS-Zeit im Salzkammergut
Ausstellungsansicht, Reise der Bilder. Hitlers Kulturpolitik, Kunsthandel und Einlagerungen in der NS-Zeit im Salzkammergut, 2024
Lentos/Violetta Wakolbinger
Reise der Bilder. Hitlers Kulturpolitik, Kunsthandel und Einlagerungen in der NS-Zeit im Salzkammergut

Hitler als Kunstsammler

Erstmals werde in dieser Ausstellung auch Hitler als Kunstsammler thematisiert, was dank der Leihgaben der Münchner Galerie Schack gelinge. Er habe vor allem „verkannte“ Maler des 19. Jahrhunderts gesammelt, seine Vorlieben „lassen sich nicht fassen“, so Schwarz, wenn er auch nach ideologischen Motiven vorging. Mit der barocken und Petersburger Hängung im Saal konterkariere man seinen Geschmack, denn Hitler wolle den Bildern viel Platz bieten, ergänzte Nowak-Thaller.

Großformatige Werke an der hinteren Wand überdauerten den 2. Weltkrieg im Saal des Wirtshauses Petter, heute Agathawirt, in Bad Goisern. Sie konnten wegen des Schneefalls nicht nach Altaussee transportiert werden und wurden offenbar vergessen, bis der Wirt sich 1947 meldete, weil er seinen Saal wieder brauche. Zwölf Werke gingen an das oberösterreichische Landesmuseum, eines wurde restituiert. Dahinter in einem extra Raum widmet sich Nowak-Thaller dem Kunsthandel in der NS-Zeit im Salzkammergut.

Kunstwerke überlebten Krieg im Stollen

An der linken Wand hängen jene Kunstwerke aus den Wiener Museen wie Belvedere und Albertina, die den Krieg im Stollen in Lauffen bei Bad Ischl überlebten, darunter etwa Dürers „Flügel einer Blauracke“, Werke von Munch und Corinth. Mehr als 1.000 Gemälde und 1.000 Kisten befüllt mit Kunstwerken wurden zuerst in der Kartause Gaming oder dem Jagdschloss Göstling gelagert und schließlich in den Stollen nach Lauffen gebracht. „Das war nur die A-Qualität“ betonte Nowak-Thaller, darunter auch „entartete“ Werke. In der Akademie der Bildenden Künste war man nicht bereit, seine Schätze auf die Reise zu schicken, qualifizierte sie allesamt als Klasse C und verlor bei Bombardierungen auf Wien über 600 Gemälde.

Als Blickfang in der Mitte des riesigen Lentos-Saals nimmt freilich Henrike Naumanns „Ruinenwert“ als zeitgenössischer Beitrag das Publikum gefangen. Die deutsche Künstlerin beschäftigt sich mit dem deutschen Wohnzimmer zur NS-Zeit und nimmt in ihrer Reinszenierung Bezug auf Hitlers privaten Wohnsitz Berghof.

800.000 Euro Budget

Das Budget der Ausstellungen liege bei 800.000 Euro, so der kaufmännische Direktor des Lentos, Gernot Barounig, und werde zu einem Drittel aus dem laufenden Budget und zu zwei Drittel über Sondermittel aus der Kulturhauptstadt, dem Kulturministerium, der Stadt Linz, des Zukunftsfonds, des Nationalfonds, der Sponsoren Raiffeisenlandesbank Oberösterreich und Uniqa sowie der Freunde des Lentos, die das zur Ausstellung erschienene Buch finanzierten, gedeckt.