Die Wissenschafterin nimmt die Leserinnen und Leser mit auf eine Reise in die Lebenswelt der Vögel, die über eine außerordentlich hoch entwickelte soziale Intelligenz verfügen. So erfährt man – gut nachvollziehbar für Laien – vieles über die Dynamiken in der Schar, in der es tatsächlich auch „Influencer“, sozial erstaunlich geschickte „Follower“ oder „Aggressoren“ gibt.
Die erstaunliche Welt der Graugänse
In ihrem Buch „Die erstaunliche Welt der Graugänse“ (Brandstätter-Verlag) beschreibt Sonia Kleindorfer, wie sich die geselligen Vögel äußerlich und charakterlich voneinander unterscheiden, wie sie kommunizieren, soziale Gruppen bilden – auch gleichgeschlechtliche – wie sie sich verlieben, wieder trennen, eifersüchtig sind, aber immer füreinander sorgen. Die klugen Pflanzenfresser erkennen einander am Ruf und an ihren Gesichtern. Sie vergessen kein Gesicht, auch nicht das von Menschen. Die Verhaltensbiologin und Ornithologin erklärt auch, was wir von den intelligenten Wildtieren lernen können.
Sozialverhalten der Gänse sehr komplex
Genaue Beobachtungen haben gezeigt, dass das Sozialverhalten der Gänse sehr komplex ist. Sie kennen die familiären Verflechtungen innerhalb der Kolonie, wissen, wer mit wem verbandelt ist, wer mit wem gut auskommt. Rund drei Jahre habe sie gebraucht, um sich auf die in vielerlei Hinsicht bei genauem Hinsehen erstaunlich menschlich wirkenden Forschungsobjekte einzuschwingen, sagte Kleindorfer bei einem Medientermin zur Buch-Veröffentlichung.
Wie man zum Beispiel mit Künstlicher Intelligenz (KI) die individuellen Gesichter der fliegenden Protagonisten ihres Buches auseinanderhalten kann, wird ebenso erklärt, wie neue Analysen der Lautäußerungen der Tiere, beginnend noch vor dem Schlüpfen.
Seit 1973 Graugansforschung in Grünau im Almtal
Graugänse sind in Europa heimisch. Ihr Verhalten wurde in Grünau im Almtal schon von Konrad Lorenz (1903-1989) erforscht. Der Verhaltensforscher und Nobelpreisträger war studierter Mediziner und Biologe und wurde als „Gänsevater“ berühmt.
Die in den USA aufgewachsene Forscherin steht als Leiterin der Konrad Lorenz Forschungsstelle in Nachfolge zu Lorenz. Warum die Arbeit des Namenspatrons und geistigen Vaters der weltweit bekannten Forschungsstätte der Uni Wien im Almtal für das Gebiet bahnbrechend war, spricht Kleindorfer in ihrem Buch mehrfach an – wie auch die Begeisterung des jungen Konrad Lorenz für den Nationalsozialismus.
2018 hat Kleindorfer als Nachfolgerin des gebürtigen Linzers Kurt Kotrschal die Leitung der Konrad Lorenz Forschungsstelle in Grünau übernommen. Davor war sie für ihre Forschungsarbeit weltweit unterwegs. Wichtige Stationen waren Tansania, wo sie mit der berühmten Schimpansen-Forscherin Jane Goodall gearbeitet hat, Australien sowie die Galapagos-Inseln. Sie hat an der Uni Wien promoviert und knapp 20 Jahre an der Flinders University in Adelaide, Australien geforscht und gelehrt.