ABD0011_20230831 – LINZ – …STERREICH: Mordversuchs-Prozess gegen einen 36-JŠhrigen, der dreimal einen 50-JŠhrigen umgefahren haben soll, am Donnerstag, 31. August 2023, am Landesgericht in Linz. – FOTO: APA/KERSTIN SCHELLER
APA/KERSTIN SCHELLER
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Chronik

Mann mehrfach umgefahren: 12,5 Jahre Haft

Ein 36-Jähriger ist am Mittwoch in Linz wegen Mordversuchs zu 12,5 Jahren Haft verurteilt worden. Er soll einen 50-Jährigen in Schwertberg (Bezirk Perg) dreimal umgefahren und schwer verletzt haben. Der Angeklagte hatte sich nur der schweren Körperverletzung schuldig bekannt.

Am Mittwoch war der Prozess gegen den Mann fortgesetzt worden, nachdem der Verteidiger am ersten Verhandlungstag ein psychiatrisches Gutachten zur Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten beantragt hatte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidigung und Staatsanwaltschaft nahmen sich Bedenkzeit.

Verteidiger verlangte Gutachten

Die fehlende Erinnerung an den Vorfall am 9. Februar, die der Angeklagte mehrfach vor Gericht angesprochen hatte, erklärte der Rechtsanwalt damit, dass es möglicherweise zu einem Zusammenspiel von viel Alkohol und mehreren Beruhigungstabletten, die sein Mandant an jenem Tag geschluckt hatte, gekommen sei. Zum Tatzeitpunkt hatte der Verdächtige, der laut Richterin bereits neunmal einschlägig wegen Körperverletzung (in alkoholisiertem Zustand) verurteilt wurde, 1,6 Promille. Die Wechselwirkung mit den eingenommenen Medikamenten wollte der Verteidiger gutachterlich geklärt haben.

Psychiatrische Sachverständige: Angeklagter schuldfähig

Die Sachverständige Adelheid Kastner kam zu dem Schluss, dass bei dem Angeklagten „keine tiefgreifende Bewusstseinsstörung“ zum Zeitpunkt der Tat vorgelegen sei, daher sei er schuldfähig gewesen. So sei er in der Lage gewesen, die Situation zu erfassen und gezielt zu handeln. „Was er tun wollte, hat er getan“, brachte sie es auf den Punkt. Erinnerungslücken im Nachhinein kämen als „innerer Schutzmechanismus“ des Gehirns immer wieder vor.

Nach zehn Gespritzten und vier oder fünf Stamperln Schnaps war der Angeklagte am 9. Februar gegen 18.00 Uhr in ein Lokal zum Karten spielen gefahren. Ein Freund habe sich eingemischt und darüber gerieten die beiden alkoholisierten Männer aneinander, worauf der Wirt die beiden nacheinander vor die Tür setzte.

Zuerst touchiert, dann mit Anlauf angefahren

Darauf stieg der mutmaßliche Täter in seinen zwei Tonnen schweren Wagen und dürfte gewartet haben, bis der 50-Jährige die Straße betrat. Der Fahrer soll dann aufs Gas getreten sein und touchierte den Fußgänger. Anschließend habe er das Auto zurückgesetzt und nahm einen zweiten Anlauf. Mit mindesten 35 km/h soll er diesmal den Mann erwischt haben, der auf den Boden geschleudert wurde. Das Opfer versuchte darauf, sich hinter Mistkübeln in Sicherheit zu bringen.

Doch der 36-Jährige habe nicht locker gelassen und sei mit bis zu 50 Stundenkilometer auf die Tonnen zugefahren. Der 50-Jährige sei durch den Aufprall mindestens zehn Meter „wie eine Puppe“ durch die Luft an ein Garagentor geschleudert worden, gab eine Augenzeugin zu Protokoll. Es sei nur „dem Zufall zu verdanken, dass es beim Mordversuch geblieben ist“, argumentierte die Staatsanwältin.

Opfer und Täter waren befreundet

„Es muss etwas gewesen sein, aber ich weiß nicht was“, meinte der Beschuldigte vor dem Geschworenengericht. Er könne sich nur „an Bilder erinnern“, eines mit einem Mistkübel. Dass er den 50-Jährigen attackiert und dabei „Ich bring dich um“ gerufen habe, dazu sagte er nichts. „Er ist ja mein Freund, wir haben vorher nie gestritten, ich kenn ihn schon so lang“, hatte er zum Prozessauftakt unter Tränen gemeint. Ihm tue alles leid. Er bekannte sich nur der schweren Körperverletzung schuldig.

Mit mehreren Beinbrüchen und Prellungen kam dieser Freund ins Spital und musste operiert werden. Er saß mehrere Wochen mit zwei Gipsbeinen im Rollstuhl. Ob der selbstständige Maler seinen Betrieb gemeinsam mit dem Sohn weiterführen könne, war noch offen.