Angeklagter im Gerichtssaal
ORF / Thomas Riha
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Chronik

Angeklagter gesteht Mord an Ex-Schwager

Ein 38-Jähriger muss sich am Mittwoch im Landesgericht Steyr wegen Mordes verantworten. Er soll Anfang März alkoholisiert zu seinem Ex-Schwager nach Grünburg (Bezirk Kirchdorf) gefahren sein und diesen mit zwei Schüssen aus einer legal besessenen Pistole getötet haben. Der Angeklagte ist umfassend geständig, die Geschworenen beraten sich seit dem späten Nachmittag.

In der Nacht auf den 5. März fuhr der damals noch 37-Jährige angetrunken zu seinem Ex-Schwager und läutete an der Haustür. Dieser öffnete, es gelang ihm aber gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin die Tür wieder zu schließen. Der Verdächtige feuerte aber dann mit der Waffe in das Glaselement der Türe und kam so ins Haus. Dort soll er zwei tödliche Schüsse auf das Opfer abgegeben haben, bevor er mit seinem Pkw nach Hause flüchtete, wo er später festgenommen wurde. Als Motiv nannte er, er habe seine Nichte und seinen Neffen – die Kinder der Schwester und des 43-jährigen Opfers, die seit der Scheidung 2017 beim Vater lebten, wegholen wollen.

Staatsanwalt: „Kaltes, menschenverachtendes Verhalten“

Ein derartig „kaltes, menschenverachtendes Verhalten“ habe er in den 25 Jahren seiner Tätigkeit noch nicht erlebt, meinte der Staatsanwalt. Denn nicht nur, dass der Angeklagte mit einer Glock „mit absolut tödlichem Kaliber“ den „unliebsamen Ex-Schwager“ beseitigt habe, sammelte er nach den Schüssen im Haus alle Handys ein, damit keine Hilfe geholt werden könne. Danach sei er zum mittlerweile 13-jährigen Neffen in den ersten Stock gegangen, holte diesen und zwang ihn, den toten Vater anzusehen.

Ärger über Obsorge-Entscheidung

Er habe es „nicht anders verdient“, zitierte der Staatsanwalt aus dem Einvernahmeprotokoll. Mehrmals habe der Angeklagte gemeint, „ich habe die Sache bereinigt“. Damit meinte er, dass eine aus seiner Sicht vom Gericht falsch getroffene Obsorge-Entscheidung, wonach die Kinder zum Vater und nicht zur Mutter gekommen sind, korrigiert wurde.

Angeklagter im Gericht
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Beim Prozess in Steyr legte der Angeklagte ein volles Geständnis ab.

Seine Schwester will ihn jedoch nicht zum Handeln aufgefordert haben, im Februar 2023 habe sie entschieden, zum Wohle der Kinder den gerichtlichen Obsorgestreit beizulegen, meinte die 41-Jährige vor Gericht. Sie erklärte, dass dies den angeklagten Bruder sehr aufgewühlt habe.

Sorgerechtsstreit um Patenkinder habe an ihm „genagt“

Der Verteidiger schilderte seinen Mandanten als nicht „aggressivaffin“ und „harmoniebedürftig“, wie er dem psychiatrischen Gutachten entnahm. Der jahrelange Sorgerechtsstreit der Schwester habe an ihm „genagt und genagt und genagt“, sagte auch er. „Ich habe gesehen, wie meine Schwester unter ihm leidet“, der Ex-Schwager sei ein „Narzisst mit pathologischen Eigenschaften“ gewesen, sagte der Angeklagte. Aber er habe eben verhindern wollen, dass seine beiden Patenkinder so werden wie ihr Vater. Die zwei hat der Beschuldigte seit 2018 nicht mehr gesehen.

Nach sieben Bier „Schalter umgelegt“

Am Abend der Tat sei er mit einem Kumpel im Gasthaus gewesen, habe sieben Halbe Bier getrunken und sich mit ihm über Probleme in der eigenen Beziehung aber auch über Autos und die Arbeit unterhalten. Was dann passiert sei, wisse er auch nicht so genau. In ihm habe „sich ein Schalter umgelegt“. „Gegen 23.30 Uhr sind Sie mit welchem Vorsatz weggefahren?“, wollte die Richterin wissen. „Wohl schon“, um den Ex-Schwager zu töten, räumte er ein. So habe er noch von daheim die Pistole geholt. Vorher habe er noch nie daran gedacht, dem Ex-Schwager etwas anzutun. Der Verteidiger hatte daher vielmehr von „Totschlag im Affekt“ gesprochen.

Angeklagter hatte wohl weitere Anschläge vor

Mittlerweile sei ihm bewusst, was er getan habe, und es tue ihm leid, sagte der 38-Jährige dem Geschworenengericht. Nach der Tat hingegen habe er noch den „Gedankengang“ gehabt, dem Ex seiner Freundin und seinem ehemaligen Chef „das gleiche“ anzutun. Insgesamt hatte er in besagter Nacht drei Magazine für die Pistole dabei. Nach einem Anruf bei seiner Lebensgefährtin sei er aber heimgefahren.

Um 15.30 Uhr haben sich die Geschworenen zur Beratung zurückgezogen.