POLITIK: …VP OBER…STERREICH / 41. ORDENTLICHER LANDESPARTEITAG: STELZER
APA/EXPA/REINHARD EISENBAUER
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Chronik

Stelzer: Leben nicht in „Bananenrepublik“

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) erwägt beim Finanzausgleich eine Verfassungsklage. Dem schließt sich auch Mitverhandler Thomas Stelzer (ÖVP) an. Er könne einen „Rechtsstreit“ nicht ausschließen, wenn es mit dem Bund keine Einigung geben sollte.

„Es ist eine diffuse Lage, wir sind nicht weit genug“, umschreibt Landeshauptmann Thomas Stelzer den aktuellen Stand der Finanzausgleichsverhandlungen. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser, der derzeitige Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, hat nun für den 18. September zu einer außerordentlichen Landeshauptleute-Konferenz nach Wien geladen. Für die Länder betonte Stelzer: „Ich kann nur sagen, wir sind bereit, sehr ernsthaft und zügig zu verhandeln, eine bloße Verlängerung von dem, was wir jetzt haben, ist denkunmöglich, denn das würde heißen, da finden Leistungsreduktionen statt, weil es jetzt schon zu wenig Geld ist.“

Kein „frisches“ Geld

Das aktuelle Angebot von Parteikollege und Finanzminister Magnus Brunner über zwei Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr habe die Länder wirklich „düpiert“. Denn: „Es stimmt einfach nicht.“ Dies „wird auch nicht richtiger, wenn es immer behauptet wird. Nur weil man gesagt hat, ‚Naja der Finanzausgleich läuft aus und wir sind so gnädig und zahlen danach weiter‘“, könne dies wohl nicht als frisches Geld bezeichnet werden: „Wir leben ja in keiner Bananenrepublik“.

Auch wenn er das Wort Verfassungsklage nicht in den Mund nimmt, lässt Stelzer keinen Zweifel daran: „Wir werden uns sicher im Interesse unserer Landsleute auf die Hinterbeine stellen, auch rechtliche Möglichkeiten ausschöpfen, wenn es nötig ist.“ Er wünsche sich zwar nicht, „dass es zu diesem Rechtsstreit kommt, aber man muss es schon ernst nehmen“.

Strenge Vergaberichtlinien für Kredite

Kein Verständnis hat Stelzer auch mit den aktuellen Vergaberichtlinien für Wohnbaukredite in Österreich. Die „sind einfach viel zu streng, das ist in ganz Europa nicht so streng wie bei uns“, will er Lockerungen. „Da brauchen wir dringend eine Erleichterung, damit die Leute wieder zu mehr Eigentum kommen und auch bereit sind, dafür wieder mehr zu arbeiten.“

Seine Landespartei hatte Mitte Juli eine Agenda zum Thema Arbeit als Antwort auf eine „Vollkasko-Mentalität“ vorgelegt. „Wir als Gesellschaft haben aus der Coronazeit schon ein bisschen so eine Grundhaltung mitgenommen, wenn wo ein Problem auftritt, dann soll sich der Staat, die Allgemeinheit darum kümmern“, definierte er die Begrifflichkeit. Der ÖVP in Oberösterreich sei es „wichtig“ auf ihr „Grundkonzept“ zu verweisen: „Jede und jeder, der kann, soll durch eigene Leistung zu etwas kommen. Nur dort, wo Not oder Überforderung auftritt, springt die Allgemeinheit ein. Wenn man es mit Kennedys Worten etwas überspitzt formulieren möchte: Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für das Land tun kannst. Wir wären jetzt manchmal froh, wenn viele sich schon selber fragen würden ‚was kann ich selber für mich tun‘.“ Weg von Teilzeit hin zu Vollzeit, lautet die Stoßrichtung der ÖVP-Agenda.

Kinderbetreuung „muss besser werden“

Oberösterreichs Wirtschaftskammerpräsidentin Doris Hummer hatte angesichts dieser Zielrichtung kritisiert, dass das fehlende Kinderbetreuungsangebot ein Aufstocken der Arbeitsstunden ausbremse. Dieses Argument sei „schon lange nicht mehr das einzige“, hält Stelzer entgegen, denn die Teilzeitquote – vor allem bei Frauen – bleibe auch bei den über 50-Jährigen unverändert hoch. Allerdings gesteht er beim Thema Kinderbetreuung, „da müssen und wollen wir besser werden“. Einem von SPÖ und NEOS geforderten Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung erteilte er aber eine Absage, da dies „aus meiner Sicht unfinanzierbar und auch nicht nötig“ sei. Denn jener Anspruch würde bedeuten, „dass wir für jedes einzelne Kind einen Platz vorhalten müssen, egal ob es dann kommt oder nicht. Ich hoffe ja doch nicht, dass man sagt, man muss dann zwangsweise die Kinder in Betreuung geben, im Sinne einer Schulpflicht.“ Den von Klubobmann Christian Dörfel in der Juni-Landtagssitzung verwendete Vergleich der Rechtsanspruch sei „der direkte Weg zur Zwangsarbeit für Mütter“ entspreche zwar nicht Stelzers „Wortwahl“ aber „Wahlfreiheit ist wichtig“.

Stelzer: „Armutszeugnis“ für Klimaaktivisten

Der Wortwahl „normal“ seiner niederösterreichischen Amts- und Parteikollegin Johanna Mikl-Leitner kann er hingegen schon etwas abgewinnen: „Es ist halt die breite Mehrheit.“ Dazu gehören für ihn „alle, die im Rahmen unserer Rechtsordnung leben“ und „versuchen durch Leistung voranzukommen, als auch dazu beitragen, dass unser Staat funktioniert durch Steuerleistung und Ehrenamt. Und die nicht ständig anderen vorschreiben wollen, wie sie zu leben haben.“ Die Klima-Aktivisten zählt er somit nicht dazu, wenngleich er sich nicht für eine Verschärfung der Gesetze ausspricht, da schon jetzt klar sei, dass es sich bei den Straßenblockaden um „Rechtsverstöße“ handle, mit denen die Polizei „sehr sensibel aber auch konsequent“ umgehe. Grundsätzlich habe er zwar „großen Respekt vor allen, die ihre Meinung artikulieren, aber wenn jemand beim Artikulieren seiner Meinung andere behindert, in ihrer Fortbewegung schmälert“, dafür fehle ihm das Verständnis. Mit einer „Verletzung von Rechten die Meinung kundzutun“ sei aus seiner Sicht „eher ein Armutszeugnis.“

„Nein“ zur Kickl-FPÖ

Keinen Handlungsbedarf sieht der oberösterreichische Landeshauptmann bei den Gender-Schreibregeln im Landesdienst. „Wir haben einen Leitfaden, der verschiedene Schreibweisen ermöglicht“. Ein Erlass wie in Niederösterreich, wonach ab 1. August nur mehr weibliche und männliche Schreibweise und kein großes Binnen-I oder Ähnliches mehr erlaubt sind, „ist bei uns kein Thema. Es ist keine Schwierigkeit, es gibt keinen Wirbel.“ Einmal mehr betont der ÖVP-Politiker damit, dass er in seinem Bundesland „gut mit der FPÖ zusammenarbeiten kann“, da „die handelnden Personen miteinander können“. Auf Bundesebene mit FPÖ-Parteivorsitzendem Herbert Kickl gehe dies nicht, dies „haben wir auch im Landtagswahlkampf 2021 immer wieder klar positioniert.“ Das Nein zu einer Koalition mit der Kickl-FPÖ „ist für uns keine Neuerung“. Zu einer Neuauflage von Schwarz-Grün nach der kommenden Nationalratswahl meint er: „Wir haben in der Politik in den letzten Jahren so viele Überraschungen erlebt. Was nach einer entschiedenen Wahl ist, muss man dann bewerten.“