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ORF.at/Dominique Hammer
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Wirtschaft

Gestiegene Unzufriedenheit über Arbeitszeit

Der Anteil der Beschäftigten, die weniger Stunden arbeiten möchten, ist seit dem Jahr 2000 deutlich gestiegen, berichtet die Arbeiterkammer Oberösterreich. Entgegen der Vorurteile sei der Wunsch nach weniger Arbeitszeit bei gleichem Entgelt bei der jungen Generation aber nicht ausgeprägter als in allen anderen Altersgruppen.

Aktuell wollen 28 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weniger Stunden leisten als in ihrem Arbeitsvertrag vereinbart. Unter den Vollzeitkräften seien es 32 Prozent. Gleichzeitig würde fast ein Drittel der Teilzeitbeschäftigten die wöchentliche Arbeitszeit erhöhen.

Die tatsächlich geleistete Wochenarbeitszeit würde die vereinbarte Menge übersteigen, im Durchschnitt um 1,7 Stunden. Besonders groß sei der Unterschied zwischen vereinbarter und tatsächlicher Arbeitszeit bei Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung, im Verkehrs- und Nachrichtenwesen und im Bauwesen. Das Gesundheits- und Sozialwesen ist die Branche mit der (teilzeitbedingt) geringsten Wochenarbeitszeit, rechnete die AK OÖ heute vor.

Eine Grafik zeigt die Zufriedenheit mit der Arbeitszeit aufgeteilt auf Generationen
Grafik: APA/ORF; Quelle: AK/IFES

Ein Unfug sei jedenfalls die Behauptung, dass die Berufseinsteigerinnen und -einsteiger zu faul für einen Vollzeitjob seien. „Der Wunsch nach weniger Arbeitszeit, selbst bei gleichbleibendem Stundenentgelt, ist – entgegen gängiger Vorurteile – bei der jungen Generation Z nicht stärker ausgeprägt als in allen anderen Altersgruppen. Die Wehklagen aus Politik und Wirtschaft über die angeblich so faule junge Generation gehen also ins Leere“, so AK-OÖ-Präsident Andreas Stangl. Es falle sogar auf, dass ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer heute um 3,4 Stunden weniger arbeiten wollen als vor 20 Jahren. Die Jungen von heute wollen hingegen „nur“ um 2,1 Stunden weniger arbeiten als die Jungen von vor 20 Jahren, gehe aus dem Arbeitsklimaindex hervor.

Stärkster Reduktionswunsch bei Millennials

Demnach haben den stärksten Reduktionswunsch die zwischen 1980 und 1994 geborenen Millennials: Sie wollen um 3,3 Stunden pro Woche weniger arbeiten als sie es derzeit tun. Die ganz Jungen wollen um 2,8 Wochenstunden weniger arbeiten, die älteren Babyboomer um 2,5 Stunden.

Jeder dritte Beschäftigte muss Überstunden leisten

„In der Praxis müssen aber viele Beschäftigte Überstunden leisten, nämlich fast drei Viertel aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich – davon 22 Prozent häufig und 52 Prozent gelegentlich“, so die Arbeiterkammer. Das habe Auswirkungen auf den Arbeitsklimaindex: Während dieser von Menschen, die weniger als 40 Stunden pro Woche arbeiten, bei 105 Indexpunkten liegt, befindet er sich bei Beschäftigten, die mehr als 50 Wochenstunden leisten, nur bei 92 Indexpunkten. Wer nie Überstunden machen muss, hat derzeit einen Indexwert von 109 Punkten.

„Umfrageergebnisse Chance für die Wirtschaft“

Für AK-OÖ-Präsident Stangl sind die heute präsentierten Umfrageergebnisse eine „Chance für die Wirtschaft“ – nämlich jenes knappe Drittel an Teilzeitkräften anzusprechen, das gerne mehr Stunden arbeiten würde. Aber anscheinend sei es in manchen Branchen durchaus gewünscht, sich Überstundenzuschläge zu ersparen, so Stangl vor Journalistinnen und Journalisten. Außerdem erinnerte er daran, dass es die letzte Arbeitszeitverkürzung für die breite Masse im Jahre 1985 gegeben habe.

Finanzkrise und Pandemie bestärkten Wunsch nach Kürzung

Christoph Hofinger vom SORA-Institut betonte heute, dass die Arbeitszeit einen wesentlichen Einfluss auf die Zufriedenheit und Wechselwilligkeit habe. Den ersten starken Ausschlag beim Wunsch nach weniger Arbeitsstunden habe es bei der Finanzkrise 2008 gegeben, danach sei das Verlangen nicht zurückgegangen und habe im Zuge der Coronavirus-Pandemie noch einmal an Fahrt gewonnen.

Hofinger betonte jedoch, dass die rund 4.500 jährlich befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darauf hingewiesen werden, dass hier eine Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich abgefragt wird. Das zeige, dass die Arbeitnehmer auch einen Lohnverzicht in Kauf nehmen würden, wenn damit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die arbeitsbedingten gesundheitlichen Beeinträchtigungen weniger würden.

AK OÖ fordert moderne Arbeitszeitgestaltung

Die AK OÖ fordert unter anderem „eine moderne Arbeitszeitgestaltung, die sich an den Bedürfnissen der Arbeitnehmer:innen orientiert“, einen Ausbau der Rechtsansprüche auf veränderte bzw. verkürzte Arbeitszeiten und ein Recht auf Wechsel zwischen Voll- und Teilzeit. Des Weiteren solle es eine vollständige Rücknahme der 2018 beschlossenen Änderungen im Arbeitszeitgesetz und Arbeitsruhegesetz geben. Damals wurde die höchstzulässige Arbeitszeit von zehn auf zwölf Stunden pro Tag bzw. von 50 auf 60 Stunden pro Woche verlängert, erinnert die Kammer.