Blauer Trum der voestalpine in Linz
fotokerschi.at/Kerschbaummayr
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Wirtschaft

Voest: Umsatzrekord und Gewinnrückgang

Der Linzer Stahlkonzern voestalpine hat im Geschäftsjahr 2022/23 viel investiert, Schulden abgebaut und unter dem Strich spürbar weniger Gewinn erzielt. Nach Steuern blieb ein Überschuss von 1,2 Mrd. Euro, das waren um 11,4 Prozent weniger als im Jahr davor, wie das Unternehmen am Mittwoch bekanntgab.

Der Vergleichswert des Vorjahres von 1,3 Mrd. Euro habe ein positives Bewertungsergebnis aus dem Verkauf des HBI-Werks in Texas in Höhe von 257 Mio. Euro enthalten. Der Gewinn je Aktie (EPS) sank den Angaben zufolge um 17,4 Prozent von 7,38 auf 6,01 Euro. Die Dividende soll aber laut Vorschlag des Managements an die Hauptversammlung am 5. Juli von 1,2 auf 1,5 Euro je Anteilsschein angehoben werden.

voestalpine: Jahresergebnis 2022/23 Grafik
APA

Rekordwerte beim Umsatz

Im Geschäftsjahr 2022/23 wurden aber auch Rekordwerte erzielt. Der Umsatz beträgt mit mehr als 18 Milliarden Euro ein Fünftel mehr. Einen wesentlichen Anteil an der Bilanz des Stahl- und Techkonzerns haben die zwei Standorte in Oberösterreich. In Linz sowie Steyerling sind mehr als 11.000 Menschen beschäftigt.

Für Oberösterreich wichtig sind Produkte für die Automobilsparte. Konzernchef Herbert Eibensteiner erwartet in Summe eine stabile Entwicklung: „Natürlich gibt’s Geschäftsbereiche, wo es zu einer Dämpfung der Nachfrage kommt. Soweit es die Mitarbeiter betrifft, wird es aktuell keine direkten Einflüsse haben.“

Förderentscheidungen zu GreenTec Steel im Herbst erwartet

Zentrales Projekt in Linz bleibe, den CO2 Ausstoß zu verringern. Für die 1,5 Milliarden Euro Investition namens GreenTec Steel seien die Förderanträge unterwegs. Eibensteiner erwartet eine Entscheidung im Herbst, um dann dieses Jahr noch starten zu können, sofern alles gut laufe. 2027 wolle man in Betrieb gehen. Bis 2050 soll die Stahlerzeugung klimaneutral erfolgen.

Bald „Rund-um-die-Uhr-Kindergarten“

Noch im Juni startet der Konzern in Linz den ersten Kindergarten mit Übernachtungsmöglichkeit. 200 Plätze stehen zur Verfügung. Die voestalpine wolle für junge Familien attraktiv sein, so der Konzern-Chef: „Das ist der Grund, wieso wir einen Kindergarten anbieten, der auch Schichtarbeit ermöglicht. Darum diese Rundum-Betreuung.“

Eibensteiner: „Stehe für weitere Periode zur Verfügung“

Beim Blick auf das laufende Geschäftsjahr zeigt sich der Vorstandschef positiv – gerade Luft, Bahn und Rohrsparte würde über eine gute Auftragslage verfügen. Ob Eibensteiner weiter an der Konzernspitze bleibt, ist offen. Er stehe jedenfalls für eine weitere Periode zur Verfügung, sagt er. Sein Vertrag endet im Frühjahr, der Aufsichtsrat will noch im Sommer eine Entscheidung treffen.

Verhaltener Ausblick auf laufendes Jahr

Der Ausblick auf das gesamte laufende Geschäftsjahr (per Ende März 2024) ist verhalten: Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen soll von 2,5 Mrd. auf 1,7 bis 1,9 Mrd. Euro stark zurückgehen – „unter der Prämisse keiner massiven wirtschaftlichen Verwerfung, ausgelöst von der Zinspolitik der Zentralbanken, sowie der Annahme keiner weiteren Eskalationsszenarien aus dem Ukraine-Krieg oder zusätzlicher geopolitischer Spannungen“, so das Management.

Operativ war die voest 2022/23 noch schwungvoll unterwegs: Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen stieg das Ergebnis (EBITDA) gegenüber dem Jahr davor von 2,3 auf 2,5 Mrd. Euro (plus 11,1 Prozent). Die EBITDA-Marge gab allerdings von 15,4 auf 14 Prozent nach. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) erhöhte sich von 1,5 auf 1,6 Mrd. Euro, die Marge sank hier von 9,7 auf 8,9 Prozent.

Neues Werk in Kapfenberg teurer als geplant

Das neue Edelstahlwerk am steirischen voestalpine-Standort Kapfenberg wird deutlich teurer als ursprünglich gedacht. Es komme zu einer möglichen Kostenüberschreitung von „bis zu 30 Prozent gegenüber dem ursprünglichen Investitionsplan von 350 Mio. Euro“. Um einen schnellstmöglichen Hochlauf der Produktion nach den bereits berichteten Verzögerungen sicherstellen zu können, hätten unter anderem die Eigenleistungen des Unternehmens voestalpine Böhler Edelstahl stark erhöht werden müssen.

Edelstahlwerk der voestalpine in Kapfenberg
ORF
In Kapfenberg ist ein neues Edelstahlwerk entstanden, das 2023/24 in Vollbetrieb gehen soll

Vier Jahre nach dem Spatenstich habe die Bauphase im abgelaufenen Geschäftsjahr 2022/23 erfolgreich abgeschlossen werden und der Testbetrieb in Form der Heißinbetriebnahme gegen Ende hin gestartet werden können. Die Vollinbetriebnahme des „größten Investitionsvorhabens des Konzerns in den letzten Jahren“ erfolge schrittweise im laufenden Geschäftsjahr 2023/24. Im Vollbetrieb werde das Werk jährlich rund 205.000 Tonnen Spezialstähle für die internationale Luftfahrt-, Öl- und Gas-, Automobil- und Werkzeugbauindustrie herstellen.

Mehr als 900 Millionen Euro investiert

Insgesamt investierte der Konzern im abgelaufenen Geschäftsjahr den Angaben zufolge 922 Mio. Euro und damit um 30 Prozent mehr als im Jahr davor (708 Mio. Euro). Der Fokus lag auf der „technischen Optimierung der bestehenden Anlagen und Ersatzinvestitionen“.

Mit der Genehmigung der Investition von 1,5 Mrd. Euro für greentec steel durch den Aufsichtsrat heuer im März sei „ein wichtiger Meilenstein für die Zukunft des Konzerns“ gesetzt worden. Geplant sei, dass die Entscheidung für Anlagen und Lieferanten noch 2023 getroffen werde, der Bau 2024 starte und die Inbetriebnahme der beiden Aggregate 2027 erfolge. Im Konzern könnten damit ab 2027 „bis zu 30 Prozent“ der CO2-Emissionen eingespart werden – „das sind fast fünf Prozent der CO2-Emissionen Österreichs“. Wichtige Voraussetzung dieser nächsten großen Etappe sei die Klärung noch offener Förderfragen.

Weitere Pilotprojekte für CO2-Neutralität

Ab 2030 plant die voestalpine eine weitere Ablöse von je einem Hochofen in Linz und Donawitz (Steiermark). Um das Ziel der CO2-Neutralität bis 2050 zu erreichen, forsche der Konzern bereits an mehreren neuen Verfahren und investiere in „Pilotprojekte, die neue Wege in der Stahlerzeugung ermöglichen werden“.

Parallel zu den Großinvestitionen fuhr die Voest die Verschuldung von 2,3 auf 1,7 Mrd. Euro stark nach unten. Das Gearing (Nettoverschuldung in Relation zum Eigenkapital) verbesserte sich von 32,4 auf 21,4 Prozent. Das Eigenkapital des Konzerns markiert mit 7,8 Mrd. Euro einen neuen Höchstwert. Die voestalpine beschäftigt weltweit 51.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (2021/22: 50.225).