Servicefachkräfte im Restaurant Hubers am Garnmarkt in Götzis
ORF
ORF
Wirtschaft

AK-Kritik an Gastro-Arbeitsbedingungen

Besonders schlecht ist die Mitarbeiterbindung im Bereich der Gastronomie, stellte die Arbeiterkammer OÖ bei der Präsentation des neuen Arbeitsklimaindex fest. In keiner anderen Branche wollen so viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Job wechseln.

Die Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) rechnte vor: Im Durchschnitt aller Branchen wollen derzeit 24 Prozent der Beschäftigten ihren Job wechseln. Ausreißerin nach oben ist, wie schon in den vergangenen Jahren, die Gastronomie- und Tourismusbranche – „also jene, in der am lautesten über den Bedarf an Fachkräften gejammert wird“, so die Arbeitnehmervertreter. In kaum einer anderen Branche seien die Arbeitsbedingungen so schlecht wie im Bewirtungs- und Beherbergungssektor.

Vier von zehn Beschäftigten wollen Branche verlassen

„Nirgendwo sind die Beschäftigten so unzufrieden wie in den Gasthäusern und Hotels. Und genau das ist auch der Grund, warum vier von zehn Beschäftigten die Branche verlassen und einen anderen Beruf ergreifen wollen“, kritisierte die AK OÖ. Auffallend sei der starke Zusammenhang mit der sozialen Einbindung im Betrieb, die Arbeitszeit und Karriereperspektiven seien ebenfalls entscheidende Faktoren.

Stangl: Rot-Weiß-Rot-Card keine Lösung

Fazit der Arbeiterkammer aus ihrem heute präsentierten Arbeitsklimaindex: „Schlechte Arbeitsbedingungen und hohe Belastungen vertreiben die Menschen aus Gastronomie und Tourismus.“ Insbesondere im ersten Coronavirus-Jahr sei die Bereitschaft zum Wechseln stark gestiegen. Dass die Branche nach mehr Personal aus Ländern außerhalb der EU ruft, sei nicht die Lösung. Die Wirtschaftskammer wolle die Rot-Weiß-Rot-Karte, „damit noch mehr Mitarbeiter aus fernen Ländern“ unter schlechten Arbeitsbedingungen tätig seien, so AK-OÖ-Präsident Andreas Stangl. Gleichzeitig betonte er: „Es gibt natürlich auch Betriebe, die korrekt arbeiten und die sich bemühen.“

Personalmangel nicht gleich Fachkräftemangel

Trotzdem müsse man sagen: „Insbesondere in der Gastronomie ist die Zufriedenheit mit dem Einkommen oder der Arbeitszeit niedrig“, so Stangl. Es sei wichtig, "zwischen Fachkräftemangel und Personalmangel zu differenzieren. Während ein Fachkräftemangel auf das tatsächliche Fehlen von neuen Beschäftigten mit entsprechender Qualifikation verweise, meine Personalmangel die Schwierigkeit einzelner Betriebe oder Branchen, trotz ausreichenden Angebots keine Arbeitskräfte finden oder binden zu können – weil schlichtweg die Arbeitsbedingungen zu unattraktiv seien, so Stangl.

Unterdurchschnittliche Zufriedenheit mit Einkommen

Nur 44 Prozent der Beschäftigten in den Gasthäusern und Hotels seien mit ihrem Einkommen zufrieden – um 15 Prozent weniger als im Durchschnitt aller Branchen. Nur 38 Prozent kommen gut mit dem Einkommen aus, zeige die regelmäßige Befragung der AK OÖ von rund 4.000 Personen.

Schlechterstellung bei Migrationshintergrund

Hierzulande fühlten sich zwölf Prozent der Beschäftigten unter- und 15 Prozent überqualifiziert. Beide Gruppen seien im Berufsleben überdurchschnittlich belastet und unzufrieden. Am häufigsten nicht entsprechend ihrer Qualifikation angestellt würden Beschäftigte mit Migrationshintergrund, hier vor allem Menschen aus Osteuropa. Nach Branchen betrachtet steche auch hier der Tourismus hervor.