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Politik

Langer Weg für ukrainische Fachkräfte

In oberösterreichischen Spitälern arbeiten mittlerweile auch ukrainische Ärztinnen und Ärzte. Allerdings nicht in ihren erlernten Berufen, denn um ihre Zeugnisse anerkennen zu lassen, müssen sie erst Deutsch lernen.

Anna Pobiedonostseva hat in Kiew als Fachärztin für Urologie gearbeitet. Im September flüchtete die 30-Jährige mit ihrer Familie nach Oberösterreich, wo sie eine Freundin hat. Seit drei Monaten lernt die Ärztin Deutsch, seit Anfang März arbeitet sie als medizinische Assistentin in der Abteilung für Urologie des Salzkammergut Klinikums Vöcklabruck. Sie darf Untersuchungen durchführen und assistieren, aber nicht selbst operieren.

Ärztin als Pflegerin beschäftigt

In der Notaufnahme des Vöcklabrucker Krankenhauses arbeitet Anastasiia Proskuriakova, eine Ärztin aus der Ukraine, seit Oktober als medizinische Mitarbeiterin. Ab April wird sie in der Pflege eingesetzt. Die 24-Jährige hat seit vier Jahren einen Freund, der im Bezirk Vöcklabruck lebt. Sie stammt aus der Nähe von Butscha, wo russische Soldaten Kriegsverbrechen verübt haben sollen. Nach dem Beginn des russischen Überfalls versteckte sie sich zwei Wochen im Keller ihres Hauses, dann flüchtete sie vor einem Jahr mit ihrer Mutter, ihrer Schwester und einem Koffer geflüchtet.

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Die beiden ukrainischen Ärztinnen haben sich zufällig hier kennengelernt. In den Pausen treffen sie sich nun regelmäßig. Beide besuchen Deutschkurse und wollen möglichst bald alle Prüfungen absolvieren, die nötig sind, um ihr Medizinstudium in Österreich anerkennen zu lassen.

Unfallchirurg als Assistent

Ein weiteres Beispiel ist der ukrainische Unfallchirurg Viktor Molchanov, der als Assistent im Fachbereich Chirurgie des Salzkammergut Klinikums in Gmunden arbeitet. Der 60-Jährige hat mehr als 30 Jahre lang in einem großen Krankenhaus in der Hafenstadt Odessa operiert. Jetzt besucht er gemeinsam mit seiner Frau, einer Ingenieurin, Deutschkurse. Ihr Sohn, ein Jurist, hat sich freiwillig zur Armee gemeldet, die Tochter lebt zurzeit in Thailand.

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Vor einem halben Jahr ist der 60-Jährige nach Gmunden gekommen. Möglichst bald möchte auch er sein Studium anerkennen lassen. Weil er in Oberösterreich bleiben und arbeiten will, versucht er jetzt möglichst schnell Deutsch zu lernen, um das Sprachniveau B2 oder sogar C1 zu erreichen – was für die Anerkennung Voraussetzung ist.

Verantwortliche für schnellere Nostrifizierung

Die Verantwortlichen der Oberösterreichischen Gesundheitsholding betonen, den Geflüchteten auch langfristig eine berufliche Perspektive bieten zu wollen. Sie würden sich mehr Flexibilität bei den Anerkennungsverfahren wünschen, die mehrere Jahre dauern können. Die Beschleunigung der Nostrifizierung, also der Anerkennung der Berufsausbildung, sollte laut Franz Harnoncourt, dem Vorsitzenden der OÖ Gesundheitsholding, deutlich beschleunigt werden: „Wir helfen damit den Betroffenen, aber wir helfen natürlich auch den Organisationen und damit dem Gesundheitswesen in Oberösterreich.“

Ministerium: Flexible Nostrifizierung nicht möglich

Aus dem Bildungsministerium heißt es dazu: „Das Nostrifizierungsverfahren erfordert eine Angleichung des im Ausland abgeschlossenen Studiums mit den in Österreich geforderten Inhalten. Daher können Dauer und Erfolg dieser Angleichung nicht flexibel gestaltet werden. Die Nostrifizierung dient auch der Aufrechterhaltung des hoch entwickelten Gesundheitssystems in Österreich.“

Ukrainische Fachkräfte arbeiten in Spitälern

Unter den vor dem Krieg geflohenen Ukrainern befinden sich auch gut ausgebildete Fachkräfte. In den oberösterreichischen Spitälern arbeiten mittlerweile auch ukrainische Ärzte, allerdings nicht in ihren erlernten Berufen. Denn zuerst müssen sie Deutsch lernen und ihre Zeugnisse anerkennen lassen.

Nach einem möglichen Kriegsende in der Ukraine wollen die drei Ärztinnen und Ärzte in Oberösterreich bleiben – auch weil die Korruption im ukrainischen Gesundheitswesen sehr ausgeprägt und die Ausstattung der öffentlichen Spitäler hier besser sei.