Bewegliches Grab in Kirchberg bei Mattighofen
Sandra Ohms
Sandra Ohms
Kultur

Auferstehung als kleines Volkstheater

In manchen Kirchen gibt es sie noch – oder es gibt sie wieder: Heilige Gräber, die von Gründonnerstag bis nach Ostern aufgestellt werden. Ein ganz besonderes ist in Kirchberg bei Mattighofen zu finden.

Es war die barocke Frömmigkeit, die nach der Veranschaulichung des biblischen Geschehens verlangte – ganz besonders zu den großen Kirchenfesten wie Weihnachten und Ostern. So sind in vielen Kirchen Heilige Gräber errichtet worden, Nachbildungen vom Heiligen Grab Jesu Christi in der Grabeskirche von Jerusalem. Ein ganz besonderes Kleinod beherbergt die Pfarrkirche Kirchberg bei Mattighofen.

Bewegliches Heiliges Grab

Das Heilige Grab in Kirchberg bei Mattighofen in dieser Form stammt aus 1856. „In der Pfarrchronik ist zu lesen, dass 1856 ein neues Heiliges Grab angeschafft wurde, was darauf hindeutet, dass es schon ein älteres gegeben haben muss“, so Chorleiter und Kirchenführer Anton Meßner. Er hat diesem beweglichen Heiligen Grab neues Leben eingehaucht.

Bewegliches Grab in Kirchberg bei Mattighofen
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Barocker Firlefanz und religiöser Kitsch

Wie in vielen Kirchen fiel auch das Heilige Grab von Kirchberg bei Mattighofen dem liturgischen Purismus der 1960er-Jahre zum Opfer. „Barocker Firlefanz“ und „religiöser Kitsch“ wurden aus den Kirchen verbannt. Erst im Zuge der Altarrenovierung vor rund 20 Jahren hat man dieses Kleinod wiederentdeckt: ein Heiliges Grab, das umgebaut werden kann – von der Grabwache bis zur Auferstehung. Im Zuge dieser fallen auch die zwei orientalisch anmutenden Wächter um – händisch angetrieben durch Zahnräder aus Holz an der Rückseite des Hauptaltares.

Bewegliches Grab in Kirchberg bei Mattighofen
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Renaissance des Passionsbrauches

Bereits im Mittelalter begann man mit der Errichtung von Heiligen Gräbern – ihre Blütezeit erlebten sie aber im Barock. Neben den von Orden geförderten Passionsspielen haben sich eben solche szenischen Abbildungen entwickelt – um den Menschen auf anschauliche Weise die Leidensgeschichte näher zu bringen. Auch das leseunkundige Volk verstand so das biblische Geschehen. Heute ist man stolz, ein solches Kulturgut in der Pfarrkirche Kirchberg bei Mattighofen zu wissen. Wie in dieser Pfarre besinnt man sich derzeit vielerorts dieser Darstellungen und kramt sie – oft auf Kirchendachböden schlummernd – wieder hervor.

Bewegliches Grab in Kirchberg bei Mattighofen
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Beweglicher Rosenkranz

Das Heilige Grab ist nicht die einzige Besonderheit in der Pfarrkirche von Kirchberg bei Mattighofen: Hoch oben im Altar gibt es eine weitere Darstellung des Leidens Christi: Bildnisse des schmerzhaften Rosenkranzes auf einer Art Rolle – ebenso beweglich und von Hand angetrieben.

An den Kartagen und zu Ostern ziehen beide Zeugnisse religiöser Volksfrömmigkeit vergangener Tage auch heute noch Menschen aus nah und fern an. „Es ist die Mystik, die davon ausgeht, die Gläubige und Stillesuchende anzieht“, so Meßner, der selbst gerne beim Heiligen Grab innehält.