Landeshauptmann Thomas Stelzer (r./ÖVP) und LHStv. Manfred Haimbuchner (FPÖ) bei Verhandlungsrunde in Linz
FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM
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Politik

ÖVP/FPÖ in OÖ bestätigen Sideletter

Die Regierungspartner ÖVP und FPÖ in OÖ bestätigen am Montag, dass auch sie eine geheime schriftliche Absprache getroffen haben. In der ÖVP-Zentrale spricht man von „Begleitschreiben", die seit jeher ein Instrument der Regierungsarbeit seien.

Auch zwischen den Regierungspartnern ÖVP und FPÖ auf Landesebene gibt es Zusatzvereinbarungen zum bestehenden und öffentlichen Regierungsprogramm. Dieses Begleitschreiben bestätigen ÖVP und FPÖ am Montag auf ORF OÖ Anfrage. In diesem nicht-öffentlichen Papier sind Handlungsweisen und Spielregeln zwischen ÖVP und FPÖ vereinbart, wie die im offiziellen Regierungsprogramm festgelegten Ziele erreicht werden sollen, heißt es etwa von der FPÖ.

ÖVP: Auch zurückliegend gab es Begleitschreiben

„Begleitschreiben zu einem Arbeitsübereinkommen sind seit jeher ein Instrument der Regierungsarbeit und legen die Arbeitsweise der Regierungspartner fest. Für die laufende Zusammenarbeit mit der FPÖ sowie auch bei den vorangegangenen Regierungskoalitionen mit den Grünen und der SPÖ wurden Übereinkünfte über die gemeinsame Zusammenarbeit getroffen," so ÖVP-Landesgeschäftsführer Florian Hiegelsberger am Montag gegenüber dem ORF OÖ.

Keine konkreten Personalentscheidungen festgehalten

Konkrete Personalentscheidungen für zu vergebende Posten – wie in den aufgetauchten Sidelettern auf Bundesebene – finden sich in diesem Papier aber nicht, wird betont. ÖVP-Landesgeschäftsführer Hiegelsberger verweist etwa darauf, dass es ein Objektivierungsverfahren im Landesdienst gebe.

Auch ÖVP OÖ und Grüne OÖ haben Papier

Auch die ÖVP OÖ und die Grünen OÖ haben eine schriftliche Vereinbarung, wie von Seiten der ÖVP bestätigt wird. „Es gibt ein Papier über die Zusammenarbeit zwischen OÖVP und Grünen in der aktuellen Periode. In Oberösterreich gibt es eine Gemeinschaftsregierung, weshalb man sich bemüht hat, mit allen Parteien in der Regierung die Zusammenarbeit zu definieren," so ÖVP-Landesgeschäftsführer Hiegelsberger.

Sideletter sorgen auf Bundesebene für Wirbel

Auf Bundesebene sorgen die dortigen Sideletter zum Koalitionsvertrag für Wirbel. Die Grünen gehen davon aus, dass das Papier aus dem Umfeld von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz mit einem für die Grünen ungünstigen Dreh an die Öffentlichkeit gebracht wurde.

Kaineder: Reglement ist den Gremien bekannt gewesen

Landesrat Stefan Kaineder – er ist nicht nur Landessprecher der Grünen in OÖ, sondern auch deren stellvertretender Bundessprecher – erklärt zum Thema Bundeskoalition, dass vom Verhandlungsteam und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) in den Gremien immer offen besprochen worden sei, welche inhaltlichen Streitpunkte und auch welche Personalfragen festgeschrieben wurden.

Kaineder: „Es zählt zu den Aufgaben der Bundesregierung, jene Personalentscheidungen zu treffen, die gesetzlich vorgegeben sind. Üblicherweise wird dazu am Beginn der Zusammenarbeit ein Reglement festgelegt. Das wurde im Rahmen der Regierungsverhandlungen auch von ÖVP und den Grünen gemacht. Dass es dieses Reglement gab, war den Gremien selbstverständlich bekannt. Sowohl inhaltliche Streitpunkte als auch die Notwendigkeit, Personalfragen festzuschreiben, wurden vom Verhandlungsteam und Werner Kogler in den Gremien immer offen besprochen.“

ÖVP/FPÖ in OÖ bestätigen Sideletter

Nach den aufgetauchten sogenannten Sideletters, also Zusatzvereinbarungen in der früheren ÖVP-FPÖ Bundesregierung und der aktuellen Bundesregierung aus ÖVP und Grünen, gibt es ein ähnliches Papier auch auf Landesebene, wie ÖVP und FPÖ bestätigen.

„Kuhhandel im Hintergrund“

Für den Politikberater Thomas Hofer kommen die Sideletter auf Bundesebene zu einer Zeit, in der das Vertrauen in die Politik ohnehin bereits erschüttert ist: „Man betont immer die Transparenz, und dass man nichts zu verbergen habe und dann kommt in solchen Sidelettern heraus, dass man da teilweise – vielleicht sogar über die eigenen Kompetenzen hinaus – Posten verteilt, teils mit konkreten Namen, lange bevor angeblich objektive Besetzungsverfahren starten. Und dann gibt es den einen oder anderen Kuhhandel im Hintergrund.“

Profit aus den Sideletters könnten neue Parteien wie etwa MFG – Menschen – Freiheit – Grundrechte schlagen, so Hofer, da sie aktuell nicht als Teil des sogenannten politischen Systems gesehen werden.

ORF-Redakteursrat: ORF aus Fängen der Politik befreien

In einem der Sideletter auf Bundesebene wird auch die Postenbesetzung beim ORF angeführt. Dazu fordert der ORF-Redakteursrat am Montag, den ORF aus den Fängen der Politik zu befreien, und ein Ende von parteipolitischen Postenbesetzungen.