PK LAND OBER…STERREICH „OBER…STERREICH SETZT AUF DIE ‚MOBILIT€T DER ZUKUNFT‘ Ð STEYR ALS KOMPETENZREGION“: WOLF
FOTOKERSCHI.AT / KERSCHBAUMMAYR
FOTOKERSCHI.AT / KERSCHBAUMMAYR
Wirtschaft

MAN/Steyr – Investor Wolf startet mit Kurzarbeit

Nachdem bereits BMW Steyr am Dienstag 800 Beschäftigte zur Kurzarbeit angemeldet hat, wird es auch bei Steyr Automotive, vormals MAN Steyr, Kurzarbeit geben. Er hoffe, dass er mit „Halbarbeit“ im September „über die Runden“ komme, sagte der neue Eigentümer Siegfried Wolf am Donnerstag. Grund sei der weltweite Mangel an Halbleitern.

Siegfrid Wolf, der neue Eigentümer des MAN-Werkes, das nun „Steyr Automotive“ heißt, präzisierte, MAN hatte mitteilen müssen, dass die Halbleiterlieferungen nicht im erforderlichen Ausmaß erfolgen können. Daraufhin sei mit dem AMS über Kurzarbeit verhandelt worden. Der Investor lobte das österreichische Kurzarbeitsmodell. So werde es zu „marginalen Anpassungen“ für die Mitarbeiter kommen.

Hoffnung auf baldige Chip-Lieferungen

Insgesamt hoffe er, dass der September ausreichen werde, um den Mangel in den Griff zu bekommen und man dabei mit Halbarbeit durchkommen könne. Material sei zugesagt worden. Das Werk habe volle Auftragsbücher, aber auch einen vollen Hof mit angezahlten Fahrzeugen, die nicht fertiggebaut werden können, weil beispielsweise die Elektronik für das ABS fehle. „Gott sei Dank braucht ein Lkw nicht so viele Halbleiter wie ein Luxusfahrzeug.“, so Wolf.

Das „Steyr Automotive“ sei in zwei Rollen – OEM (Original Equipment Manufacturer) Originalgerätehersteller aber auch Zulieferer. Die Lackiererei könne weiterhin Vorarbeiten leisten.

Wolf verlangt gemeinsames Vorgehen der EU

Wolf berichtete, der Chipmangel beschäftige die Industrie bereits seit August des Vorjahres. Es gebe „überwachte Zuteilungen“ an die Bezieher. Er verlangte ein gemeinsames Vorgehen der EU. Denn derzeit würden 70 bis 75 Prozent der Halbleiter in einer Region im Fernen Osten hergestellt. Wenn China Hongkong übernehme und in weiterer Folge auch Taiwan dann seien 85 Prozent der Produktion in einer Hand. Wenn es die EU nicht gäbe müsste sie jetzt gegründet werden, vielleicht etwas umgebaut werden. Jedoch sein Appell: „Wir sind nur so stark, wie wir uns verbünden“. Der Fehler in der Vergangenheit sei gewesen, dass global eine „Blutspur" hinterlassen worden sei: Es ist dorthin abgesiedelt worden, wo die Investitionen gefördert werden und der Mitarbeiter nichts bekommt“. In Europa habe zuletzt im Halbleiterbereich nur Infineon in Österreich eine Mrd. Euro investiert.

PK LAND OBER…STERREICH „OBER…STERREICH SETZT AUF DIE ‚MOBILIT€T DER ZUKUNFT‘ Ð STEYR ALS KOMPETENZREGION“: WOLF / STELZER / ACHLEITNER
FOTOKERSCHI.AT / KERSCHBAUMMAYR
Neu-Eigentümer Wolf stellte gemeinsam mit LH Thomas Stelzer und Wiurtschafts-LR Markus Achleitner seine Pläne vor.

Achleitner: „Zahlreiche Betriebe leiden unter Chipmangel“

Der oberösterreichische Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) ergänzte auf Anfrage, auch etliche andere Unternehmen hätten große Probleme mit der Versorgung mit Halbleitern. „Die fahren auf Sicht“. Wie lange das noch andauere sei ein Blick in die Glaskugel. Wolf erwähnte eine private Erfahrung: Ein Rollo in seinem Haus sei kaputt. Das Steuergerät lasse auf sich warten.

Mitarbeitergespräche bei Steyr Automotive im Gange

Über die laufenden Einzelgespräche der Personalabteilung mit den ehemaligen MAN-Mitarbeitern bezüglich deren beruflichen Zukunft berichtete Wolf, sie würden „weit besser verlaufen“, als erwartet, weil es dabei gute Zukunftsperspektiven und volle Auftragsbücher gebe. Mit mehr als der Hälfte der Mitarbeiter sei schon geredet worden und es gebe mehr als positive Rückmeldungen. Er rechne damit, dass er in zwei oder drei Wochen über einen größeren partnerschaftlichen Abschluss berichten könne.

Von der rund 1.900 Leute umfassenden Stammbelegschaft müssen voraussichtlich rund 500 gehen. Künftig werden Arbeiter bis zu maximal 15 Prozent vom Nettobezug weniger verdienen, Angestellte 10 Prozent vom Brutto plus Entfall aller Überstundenpauschalen. Dafür gibt es eine Übertrittsprämie von bis zu 10.000 Euro.

Politik plant gemeinsame Forschungseinrichtung

Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) und Wirtschaftslandesrat Achleitner stellten in Steyr gemeinsam mit Wolf eine geplante Forschungsgesellschaft am Standort von Steyr Automotive vor. Dabei soll es um modulare Batterien für Nutzfahrzeuge, Brennstoffzellen, Konzepte für E-Antriebsintegration, Wasserstoffverbrennungsmotoren und alternative Antriebsplattformen für Nutzfahrzeuge gehen. Von Bund und Land stünde eine entsprechende Forschungsförderung bereit, derzeit werde daran gearbeitet, dass die EU-Rechtskonformität sichergestellt sei. Dann könnte 2022/2023 mit der Forschungsarbeit begonnen werden.

Projekt soll „Future Mobility“ ankurbeln

Das Projekt ist Teil der Bemühungen um die Technologieführerschaft bei „Future Mobility“. Eine Standortstudie im Auftrag des Landes hat dazu den Strukturwandel der oberösterreichischen Automobilbranche analysiert. Sie umfasst 280 Unternehmen mit 3,6 Mrd. Euro Wertschöpfung und mehr als 31.000 Beschäftigten. Dazu kommen noch indirekte Effekte, die noch weitere Wertschöpfung und zusätzliche Arbeitsplätze auslösen. Die in der Studie erkannten Trends umfassen neben der Elektrifizierung und Digitalisierung auch Werkstoffe und Werkstofftechnik und zusätzliche Geschäftsfelder. Wolf erläuterte zu den Bemühungen: „Einzelne Fahrzeuge können einige herstellen, aber wer als erster die große Volumensstruktur auf den Markt bringt, wird das Match gewinnen". Gemeinsam mit der Belegschaft gehe Steyr Automotive“ in diese Richtung.

Kritik der FPÖ

Harte Kritik an der derzeitigen Lage in Steyr kommt am Donnerstag von FPÖ-Landesparteichef Manfred Haimbuchner. Der holprige Start der Steyr Automotive sei nicht nur das Resultat von Angebotsengpässen bei Halbleitern auf dem Weltmarkt, sondern auch die Folge einer Standortpolitik der Bundesregierung, die mit wenig Weitblick und dafür mit Scheuklappen agiere. Alternativkonzepte bei der Übernahme des MAN Werkes habe man erst gar nicht angedacht. Haimbuchner meint, die politische Unterstützung für Siegfried Wolf seitens der ÖVP werde man auch in politische Verantwortung ummünzen, wenn der Standort mittelfristig wieder gefährdet sein werde.