Erstaufnahmezentrum Thalham in St. Georgen im Attergau
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Chronik

Sorge um Asylzentrum Thalham

Fast 200 statt 120 Asylsuchende sind derzeit im Erstaufnahmezentrum (EAZ) in Thalham in St. Georgen im Attergau (Bezirk Vöcklabruck). Das sei fast viermal soviel wie im Durchschnitt der letzten Jahre, so Gemeindepolitiker am Freitag. Sie sorgen sich, dass die Situation aus dem Ruder laufen könnte.

Zu Beginn der Pressekonferenz am Freitag betonten alle Gemeindepolitiker: „Wir sind absolut nicht ausländerfeindlich, wir wollen keine Asyldebatte, aber wir wollen das System geändert haben.“ Der Bürgermeister erinnerte an den Zustrom von Asylwerbern im Jahr 2015 – auch damals vor den Wahlen in Oberösterreich. Im seit Jahrzehnten bestehenden Lager Thalham in St. Georgen sei das Aufstellen von Zelten für zusätzliche Neuankömmlinge angedacht gewesen, was die Gemeinde aber in Verhandlungen verhindert habe. Vereinbart worden sei letztlich eine Belegung mit maximal 120 Personen.

„Gehen in private Gärten“

Inzwischen sei aus dem Erstaufnahmezentrum ein „Dublin-Zentrum“ geworden, in dem Menschen untergebracht würden, die nur geringe oder gar keine Chancen auf Bleiberecht hätten. Die ursprüngliche Polizeistation im Lager sei aufgelöst worden und die Belegung zuletzt auf bis 188 gestiegen. Viele junge Männer würden scharenweise den Ort durchstreifen und private Gärten betreten. Es herrsche „permanentes Unwohlsein“: Frauen würden berichten, dass sie Angst hätten, auch in den Geschäften gebe es Unruhe.

Bei vielen Aufenthaltsort „unbekannt“

Die Gemeinde wisse genau Bescheid über die Zu- und Abgänge im EAZ, weil diese im örtlichen Meldeamt zu registrieren seien. Demnach seien täglich Menschen an andere Orte offiziell verlegt worden, aber bei etlichen sei der Aufenthaltsort „unbekannt“. Am 24. August seien 21 verschwunden, die wegen Corona entweder in Quarantäne oder K1-Personen gewesen seien.

Laut St. Georgen würden Bund und Land Oberösterreich nur beschwichtigen: „Es ist nicht so schlimm. Die Polizei hat alles im Griff“, bekomme die Gemeinde auf ihre Beschwerden zu hören. Zuletzt hätten die Betreiber die Belagszahl auf unter 100 verringert. Aber die Gemeinde befürchtet, dass sich die Verantwortlichen damit nur „über die Wahlen retten wollen“.

Gemeindevertreter fordern Aufteilung

Die Fraktionen in St. Georgen, die sich auch der Gemeinderats-und der Bürgermeisterwahl stellen müssen, betonen, dass ihr Aufschrei nicht in diesem Zusammenhang stehe, sondern schon länger geplant gewesen sei. Aber man fordere einhellig, dass Personen wie die in Thalham betreuten auf mehrere kleinteilige Strukturen in Österreich verteilt werden sollten.

Für St. Georgen versicherte der Bürgermeister (ÖVP) so wie die Vertreter von FPÖ und SPÖ – der Fraktionsobmann der Grünen entschuldigte sich wegen Krankheit –, die rund 4.500 Einwohner zählende Gemeinde wolle durchaus einen Beitrag leisten: „Unter 100 merkt man sie nicht, damit könnten wir leben.“ St. Georgen will auch wieder mehr Schutz durch Polizei haben. Aber es müsste noch vor den Wahlen einen schriftlichen Vertrag darüber geben, denn danach wäre wohl nichts mehr zu erreichen.

21 Infizierte verschwunden

Donnerstagabend wurde bestätigt, dass aus dem Erstaufnahmezentrum 21 Personen verschwunden sind, die als infiziert oder als K1-Personen klassifiziert waren. In einer schriftlichen Stellungnahme der Betreuungsagentur des Bundes hieß es, dass die Polizei und die jeweilige dafür zuständige Bezirkshauptmannschaft unverzüglich verständigt wurden.

Haimbuchner für Meldepflicht

Manfred Haimbuchner (FPÖ) schlägt eine Meldepflicht für Asylberechtigte vor: „Konkret ist es vorstellbar, dass Asylberechtigte dazu verpflichtet werden, sich wöchentlich und unter Angabe des Aufenthaltsortes bei einer Polizeistation zu melden“, so der Landeshauptmannstellvertreter als Reaktion zu den verschwundenen Asylwerbern in einer Medienaussendung am Nachmittag.

ÖVP: „Bundes-Agentur gefordert“

Da es sich beim Erstaufnahmezentrum in St. Georgen um eine Einrichtung der Betreuungsagentur des Bundes handelt, ging ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer davon aus, „dass die Bundes-Agentur dort rasch für geordnete Zustände sorgen wird.“ Es brauche insbesondere wirkungsvolle Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit vor Ort, so Hattmannsdorfer.