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Psychiater: Junge Menschen leiden besonders

Es gibt zu wenig Angebote in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in OÖ und die Pandemie habe das verschärft, so Psychiater unisono. Dabei sei es gerade diese Bevölkerungsgruppe, die unter den Maßnahmen besonders leide.

Sollte es noch einmal zu längeren Lockdowns kommen, „dann wird es spezielle Lösungen für Kinder und Jugendliche brauchen“, warnte Pro-mente-Vorstandsvorsitzender OÖ und Suchtmediziner Kurosch Yazdi.

Prinzipiell unterstütze pro mente die Coronavirus-Maßnahmen der Regierung und erachte sie auch für sinnvoll, doch ein Teil der jungen Menschen habe massiv mit den psychosozialen Folgen zu kämpfen. Yazdi sprach allerdings von jahrelangen Nachwirkungen bei Jugendlichen, wenn die Pandemie vorbei sei. Es gelte, „die Bevölkerung zu sensibilisieren, dass noch etwas auf uns zukommt“.

Anleitungen für „gesunde Freizeit“

Natürlich gebe es viele gesunde Kinder und Jugendliche, die auch längere Lockdowns verkraften, doch es brauche Anleitungen wie man gesunde Freizeit ohne Computerspiele verbringen könne, so Yazdi in einer Pressekonferenz gemeinsam mit Sozialforscher Johann Bacher, Manuela Nemesch, Geschäftsfeldleiterin pro mente Jugend, und Kinder- und Jugendpsychiaterin Doris Koubek.

Lernen und Schule im Internet mache aber nicht süchtig, so Yazdi. Gerade im Bereich der Verhaltenssüchte würden junge und immer jüngere Menschen vermehrt professionelle Hilfe benötigen. Er forderte flächendeckende Angebote und einen Ausbau auch für die Zeit nach der Pandemie.

CoV-Zeit löst Ängste und Zwangsstörungen aus

Ängste, Zwangsstörungen, Depressionen und Essstörungen würden in der Coronavirus-Zeit besonders verdichtet, auch mit Rückfällen, sagte Koubek. „Regulierende Dinge von außen wie Schule oder Sozialkontakte sind nicht möglich.“ Kinder, die von Mitschülern gemobbt wurden, seien darüber sogar erleichtert gewesen. Das sei ein Alarmzeichen, dass man dem Phänomen in Zukunft mehr Beachtung schenken und etwas dagegenhalten müsse.

Natürlich habe sich das auch in den weniger überprüfbaren virtuellen Raum verlagert. Eltern rät die Expertin, den Kontakt zum eigenen Kind nicht zu verlieren, optimal sei Freizeit analog miteinander zu verbringen, etwa Brettspiele zu machen oder Kuchen zu backen.

Strukturen einhalten

Nemesch betonte, dass es für die betroffenen Kinder und Jugendlichen in der Pandemie „immer schwieriger wird, einen Grund zu finden, um in der Früh aufzustehen“. Das Ziel sei, die Strukturen daheim aufrechtzuerhalten. Dazu habe man die Einzelgespräche schnell auf digital umgestellt, versucht, Kontakt zu halten und die Jugendlichen anzuleiten, trotzdem Dinge zu tun, die Spaß machen, etwa mit Kreativaufgaben und Trainings.

Besonders die Gruppe der NEETs (Not in Education, Employment or Training), also junge Menschen die keine Schule besuchen, keiner Arbeit nachgehen und sich nicht in Kursmaßnahmen befinden, habe es schwer. 8.200 von ihnen im Alter von 15 bis 24 Jahren gebe es in Oberösterreich, sagte Bacher. Davon waren 1.000 sechs Monate oder länger arbeitslos, rund 1.200 hatten eine dauerhafte Erkrankung. Sie treffe ein hohes Risiko für Armut und Ausgrenzung, die Auswirkungen der Coronavirus-Krise seien noch nicht abschätzbar. Man könne frühestens ein Jahr nach Ende der Pandemie sagen, wie stark der Anstieg an psychischen Erkrankungen sei, erklärte Yazdi.