Ein Covid-19-Spitalsbett auf der Intensivstation in St. Pölten
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Coronavirus

Angespannte Lage bei Intensivbetten

Medizinerinnen und Mediziner sprechen bei der Coronavirus-Pandemie von der größten Herausforderung für das Gesundheitssystem seit dem Zweiten Weltkrieg. Bei den Intensivbetten wurde in Oberösterreich bereits aufgestockt, weitere 50 Betten folgen.

Die Lage in Oberösterreich bleibt sehr angespannt. So wurden zuletzt 17 Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 gemeldet. Die Zahl der Neuinfektionen war am Dienstag mit 1.183 zwar etwas niedriger als zuletzt, in den Alters- und Pflegeheimen sind die Neuinfektionen aber wieder gestiegen. Insgesamt sind derzeit rund 13.000 Menschen in Oberösterreich infiziert, 900 davon liegen in einem Spital, 101 auf Intensivstationen.

Bei Intensivbetten bereits aufgestockt

Noch seien die Kapazitäten ausreichend, sagte am Dienstagabend der Koordinator für die Intensivbetten, der Intensivmediziner Jens Meier vom Kepler Uniklinikum in der ZIB2. Die Zahl der Intensivbetten sei um 50 aufgestockt worden, sagt er. Und durch eine spezielle Koordination sollen Ungleichgewichte bei der regionalen Verteilung von Intensivbetten ausgeglichen werden. Es kommen aber 10 bis 15 Intensivpatienten jeden Tag dazu – lange werden auch die 50 zusätzlichen Betten nicht reichen. Auf die Frage, was dann passiert, sagt Maier, dass noch einmal um 50 Betten aufgestockt werden könne.

Erneute Aufstockung für kommende Woche angekündigt

Inzwischen hat Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) angekündigt, dass in der kommenden Woche 50 weitere Intensivbetten dazukommen. Dann würden insgesamt 200 Intensiv- und Beatmungsplätze nur für Covid-19-Patienten zur Verfügung stehen. „Dann sind die Möglichkeiten aber ausgeschöpft“, so der LH. Am Mittwoch befanden sich 113 Coronakranke auf oberösterreichischen Intensivstationen.

Stelzer betonte, die Corona-Pandemie sei „die größte gesundheitliche Herausforderung in diesem Land seit dem Zweiten Weltkrieg“. Da solle niemand nach Schlupflöchern suchen, um weitermachen zu können wie bisher, appellierte er, möglichst zu Hause zu bleiben und Kontakte zu reduzieren.

Kapazität reicht nur, wenn Fallzahlen nicht weiter steigen

Intensivmediziner Meier sagte in der ZIB 2 außerdem: „Wenn man von der bekannten 100/10/1 Regel ausgeht, dass bei 100 Erkrankten 10 Spitalspatienten und 1 Intensivpatient zu erwarten seien, dann kann man sich ausrechnen, dass bei etwa 1000 bis 1500 Neuinfektionen pro Tag rund 10 bis 15 Patienten auf Intensivbetten eingeliefert werden.“ Diese Patienten würden im Schnitt zehn bis vierzehn Tage auf den Intensivstationen bleiben. Man könne daher berechnen, dass bei gleichbleibenden Fallzahlen mindestens 150 bis 200 Betten benötigt würden, um mit den Kapazitäten zurechtzukommen, so Maier. Sollten die Fallzahlen noch weiter steigen, so sei die Kapazitätsleistung der Spitäler erreicht.

Derzeit noch keine Triage nötig

Wenn das passiere, würde immer weniger Personal immer mehr Patienten versorgen müssen und deshalb die Versorgungsqualität leiden, sagt der Intensivmediziner. Derzeit sei eine Triage – also eine Situation, in der zwei verschiedene Patienten um die gleiche Behandlung konkurrieren und der Arzt entscheiden muss, welcher Patient die Behandlung zuerst bekommt – noch nicht nötig. Und dadurch dass man in Kauf nehme, mehr Patienten mit weniger Personal zu versorgen, will man diese Triage so lange wie möglich vermeiden, sagt Maier.

Wenn die Fallzahlen nicht mehr ansteigen, werde man mit den vorhandenen Kapazitäten bis Ende November jedenfalls über die Runden kommen. Sollten sie aber weiter steigen, so könne eine Verschärfung der Lage nicht mehr ausgeschlossen werden, sagt Intensivmediziner Jens Meier.

Intensivbettenkoordinator Meier zur Situation in den Spitälern

Jens Meier, Vorstand der Intensivmedizin am Universitätsklinikum Linz und Intensivbettenkoordinator des Landes Oberösterreich, erklärt, wie sich die Situation in den Spitälern in den nächsten Tagen entwickeln könnte.

Niederösterreich bietet Intensivbetten an

Inzwischen hat Niederösterreich angeboten, Intensivpatienten aus Oberösterreich, wenn erforderlich, zu übernehmen. Dort ist die Lage in den Spitälern noch nicht so angespannt wie in Oberösterreich. Auch der Handel reagiert auf den bestehenden Lockdown mit Ausgangsbeschränkungen. Alle Geschäfte schließen ab heute bereits um 19 Uhr. Eine entsprechende Verordnung des Gesundheitsministeriums reagiert damit auf die Forderung des Handels. Und apropos Ausgangsbeschränkungen: die gelten ja immer nur 10 Tage – und werden heute voraussichtlich für weitere 10 Tage beschlossen.