Thomas Stelzer vor Landtagsabgeordneten im Ursulinenhof
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Politik

Gedenken an Kriegsende, Staatsvertrag und EU-Beitritt

75 Jahre Kriegsende, 65 Jahre Staatsvertrag, 25 Jahre EU-Beitritt – dieser Ereignisse wurde am Dienstag in einem Festakt des oberösterreichischen Landtages und der Landesregierung im Linzer Ursulinenhof gedacht. Tenor war bei allen Unterschieden der Appell zur Gemeinsamkeit. Auch die Coronavirus-Krise war Thema.

Diese Festsitzung, die CoV-bedingt im Großen Saal des Linzer Ursulinenhofs stattfand, erinnerte an das Kriegsende und die Befreiung 1945, an die Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrags und an Österreichs Beitritt zur Europäischen Union vor 25 Jahren.

LH: „Kein Platz für menschenverachtende Entwicklungen“

Der Zweite Weltkrieg sei nicht über Nacht und aus dem Nichts gekommen, so Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) in seiner Rede im Ursulinenhof. „Am Anfang standen Ausgrenzung, Rassismus, Ablehnung, Bekämpfung politisch anders Denkender. Und unvorstellbares Leid und auch ein unsäglicher Hass waren das Ergebnis dieser menschenverachtenden Ideologie“, so Stelzer. Dabei seien Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher Opfer gewesen, aber auch Täter und Oberösterreich sei leider auch Tatort gewesen. „Daher sage ich ganz klar, die unverzichtbare und auch die unantastbare Überschrift unseres Gedenkens muss immer lauten: Rassistische, antisemitische, menschenverachtende Entwicklungen dürfen in unserer freien Gesellschaft keinen Platz haben“, so Stelzer.

Gedenken an Kriegsende, Staatsvertrag und EU-Beitritt

75 Jahre Kriegsende, 65 Jahre Staatsvertrag, 25 Jahre EU-Beitritt – dieser Ereignisse wurde am Dienstag in einem Festakt des oberösterreichischen Landtages und der Landesregierung im Linzer Ursulinenhof gedacht. Tenor war bei allen Unterschieden der Appell zur Gemeinsamkeit. Auch die Coronavirus-Krise war Thema.

Der Wiederaufbau habe die Menschen zusammenwachsen lassen, sagte der Landshauptmann. Der heutige Anspruch Europas, Frieden, Freiheit und ein Leben in Wohlstand zu sichern, bringe es mit sich, „dass die EU kein statisches Gebilde sein kann“. Nicht immer geschehe das Richtige und auch nicht immer im richtigen Tempo, „aber am Ende setzt sich das Gemeinsame durch“.

Stanek: „Probleme gemeinsam lösen“

Landtagspräsident Wolfgang Stanek (ÖVP) betonte in einer seiner Rede die Bedeutung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. „Eine große Erkenntnis der Nachkriegszeit muss für uns alle sein: Wir können Probleme nur gemeinsam lösen. Kleinkariertes Denken, Besserwisserei, Panikmache und vorschnelle und unfaire Kritik dürfen keinen Platz haben“, so Stanek. Die derzeitige internationale Ausnahmesituation zeige, dass die Zivilgesellschaft bereit sei, solidarisch zu sein, einen Beitrag zu leisten und zusammenzuhalten.

Hahn: „Virus droht, Gesellschaften zu spalten“

Auch der österreichische EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung Johannes Hahn (ÖVP) nahm in seiner Rede auf die Ausnahmesituation durch das Coronavirus Bezug. Diese Situation sei gänzlich neu. „Während zuvor ein oder einige wenige Mitgliedsländer Unterstützung brauchten, sind heute alle betroffen. Das Virus droht, unsere Gesellschaften auch sozial zu spalten“, so Hahn.

Johannes Hahn Videobotschaft
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EU-Kommissar Johannes Hahn hielt seine Rede CoV-bedingt per Videobotschaft.

Es bedürfe also erst recht gemeinsamer Anstrengungen, um die Europäerinnen und Europäer, die kleinen und mittleren Betriebe sowie die am meisten betroffenen Regionen aufzufangen. Deshalb sei die Europäische Union als gemeinsames Friedensprojekt wichtiger denn je, appellierte Hahn, der dem Festakt der Landesregierung und des Landtages per Video zugeschaltet war, an die Geschlossenheit der Europäer.

Klubobleute über Vergangenheit und Zukunft der EU

Eine Interviewrunde mit den Klubobleuten der Landtagsparteien widmete sich dem Thema EU-Beitritt. ÖVP-Fraktionsvorsitzende Helena Kirchmayr – sie war zum Zeitpunkt des Beitritts erst 13 Jahre alt – erinnerte sich, dass „das Thema Reisefreiheit ein großes war. Wir sind nach Italien gefahren und haben nach zwei Stunden wieder umgedreht, weil wir die Pässe vergessen hatten.“ Sie warnte vor einer „Rückkehr zur Kleinstaaterei“.

FPÖ-Klubobmann Herwig Mahr hingegen, sieht die europäische Identität als „Kopfgeburt“. Er habe die EU anfangs als rein wirtschaftliches Projekt wahrgenommen, „das mir gut gefallen hat“. Mittlerweile habe sich die EU aber von den Bürgern wegbewegt. Seiner Ansicht nach würde es der EU gut anstehen, „die Vielfalt der europäischen Völker zu fördern“. Er bekannte sich zu einem geeinten Europa, propagierte allerdings den Ansatz eines „Europa der Nationen“.

Diskussion Klubobleute Lantagsparteien
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Die Klubobleute erinnerten sich an den Beitritt zur EU – SPÖ und Grüne auch an ihre Skepsis damals – und sprachen über eine europäische Identität.

Die Vertreter von SPÖ und Grünen outeten sich hingegen als anfängliche EU-Skeptiker, die einen Wandel zu überzeugten Europäern durchgemacht hätten. „Ich bin eines Besseren belehrt worden“, sagte SPÖ-Klubvorsitzender Christian Makor. Er würde Europa gerne als starkes Gegengewicht zu China oder den USA sehen. Die Grünen – und auch er selbst – seien anfangs skeptisch gewesen, weil man nicht geglaubt habe, dass sich bei den Grund- und Freiheitsrechten etwas bewegen würde, und weil man befürchtete, alles werde der Wirtschaft untergeordnet, so der Grüne Klubobmann Gottfried Hirz. Mittlerweile sähe aber auch er es als „unverzeihlichen Fehler, in die Kleinstaaterei zurückzufallen“.