Aufgeschlagenes Buch
pixabay/Pexels
pixabay/Pexels
Coronavirus

Literaturprojekt „Arbeit statt Almosen“

Eine Gruppe von 20 Autorinnen wendet sich in der Krise bewusst an ihre Leser und Leserinnen. Die Schriftsteller wollen ein Hoffnungszeichen setzen, trotz der Schockstarre, in der sich die Buchbranche derzeit befindet.

Die aus Braunau stammende Schriftstellerin Marlen Schachinger sowie ihr Partner Robert Gampus initiierten das Crowdfunding-Projekt mit dem Titel „Arbeit statt Almosen“. „Ich hatte meine Lesereisen allesamt geblockt für die Zeit rund um die Leipziger Buchmesse geplant und damit fiel innerhalb weniger Tage ein Großteil meines Jahreseinkommens. Ich schlitterte in eine Krise und habe beobachten in Gesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen, dass es ihnen sehr ähnlich ging“, so Schachinger.

Online-Initiativen oft ohne Honorar

Am Beispiel der Pandemie der Spanischen Grippe von 1918 bis 1920 sehe man, dass es lange gedauert hatte, bis sich die Räume wieder geöffnet hätten. „Ich sehe daher schwarz für die Frankfurter Buchmesse, ich sehe generell ein großes Problem für Buchmessen, für Lesungen im gesamten heurigen Jahr. Die literarischen Initiativen, die jetzt erfreulicherweise im Internet erblühen sind schön, sie ermöglichen einerseits eine Präsenz in dieser Zeit, andererseits sind sie allerdings zum Großteil gar nicht oder nur sehr begrenzt honoriert.“

Buch über Kraft in der Kirse

Autorinnen und Autoren leben jedoch überwiegend von den Lesungshonoraren. Tantiemen für ihre Bücher stellen eigentlich nur einen geringen Prozentsatz ihres Einkommens dar. Gerade die Autoren, die 2019 oder heuer 2020 debütierten, stehen vor großen finanziellen Schwierigkeiten. „Gemeinsam mit meinem Mann habe ich beschlossen, dass wir jetzt etwas Kulturpolitisches tun müssen. So entstand dieses Crowdfunding-Projekt. Wir haben daher 19 Autorinnen eingeladen und sie gebeten, über innovative Formen, wie man mit Krisen umgehen kann, zu schreiben. Wir wollen darüber Geschichten erzählen, welche Kraft aus einer Krise erwachsen kann. Weniger die Krise selbst ist das Thema, sondern das Danach. Die Kolleginnen waren Feuer und Flamme für diese Idee. Es haben sich uns nicht nur klassische Belletristik-Kolleginnen angeschlossen, sondern auch Kolleginnen aus anderen Genres."

Buch, Lesezeichen
Pixabay

Aus Oberöstererich mit dabei sind die Illustratorin und Kinderbuchautorin Judith Auer, Dreh- und Kinderbuchautorin Corinna Antelmann. Während ihrer Zeit als Welser Stadtschreiberin lernte Marlen Schachinger die Nachtwächterin Ursula Laudacher aus Thalheim bei Wels kennen. Sie betreibt das Erzähltheater „Ursuphon“. Mit dabei sind auch die Biologin Andrea Grill aus Bad Ischl (Bezirk Gmunden) und die Autorin Karin Peschka, Wirtstochter aus Eferding.

13.000 Euro als Ziel des Crowdfundings

Damit die Druckkosten und eine adäquate Bezahlung für die Autorinnen gegeben sind, will Marlen Schachinger 13.000 Euro aufbringen. Alles was darüber hinaus eingenommen wird, komme den Autorinnen zugute. „De facto ist es nichts anderes als die klassische Vorbestellung eines Buches.“ Es liege der Buchhandelspreis plus Versand bei 25 Euro, für das E-Book 20 Euro . Man könne aber auch Pate einer Geschichte werden, in der man selbst vorkomm. Das kostet 100 Euro. „Das ist vielleicht etwas ganz Feines, als Leser ein Teil des Erzähluniversums zu sein.“

Literatur gegen lähmende Ohnmacht

Das Crowdfunding-Projekt „Arbeit statt Almosen“ wurde vor wenigen Tagen gestartet. Ein Drittel der benötigten Summe sei schon gesammelt worden, so Schachinger. „Was mich besonders berührt, sind die kleinen Nachrichten, die obendrein dazu geschickt werden. Die freundlichen Zeilen, die unterstützende Worte, die dazu verschickt werden. Wir haben den Eindruck, dass diese Arbeit, die wir für die Gesellschaft leisten, honoriert und gesehen wird. Das ist gerade in dieser Isolationszeit etwas sehr Schönes. Wir wollen aus der lähmenden Ohnmacht, die auf die Psyche drückt, herauskommen und nicht gottergeben wie eine Schaf dahocken, sondern die Initiative zu ergreifen“, so Schachinger.

Übrigens berechnen sich die Tantiemen, die die Autoren erhalten, wenn Leserinnen und Leser ein Buch um 20 Euro kaufen, folgendermaßen: Zuerst wird die Mehrwertsteuer abgezogen, dann sind es je nach Vertrag sieben bis zehn Prozent, die die Autoren erhalten. Ein Buch, das im Handel 20 Euro kostet, bringt der Autorin somit rund 1,80 Euro ein. Es zeigt, dass man viele Bücher verkaufen müsste, um auf ein Angestelltengehalt zu kommen. Es zeigt aber auch, wie abhängig Autorinnen und Autoren von öffentlichen Auftritten sind.

Marlen Schachinger stammt aus Braunau und lebt aktuell im Weinviertel, ganz im Norden an der Grenze zur Tschechischen Republik. Das Buch soll im Oktober erscheinen.