wirtschaft

Coronavirus: Lieferservice als Rettungsanker

„Ins Gei Foan“ – eine jahrhundertealte Tradition vor allem von Bäckern und Fleischern, erlebt durch die Coronavirus-Krise jetzt einen ungeahnten Aufschwung.

Denn „ins Gei foarn“ war praktisch nichts anderes als die Vorstufe zum heutigen Lieferservice beziehungsweise zur Hauszustellung. Und die bekommt jetzt neben dem Verkauf im Geschäftslokal wieder eine deutlich größere Bedeutung.

Catering weggebrochen

Der örtliche Bäcker und der örtliche Fleischhauer, eine vom Aussterben bedrohte Gattung. In einigen Orten gibt es sie noch, allein mit dem Kerngeschäft konnten sie aber auch zuletzt nicht mehr überleben. Ohne Catering für größere Veranstaltungen, ohne Jausen für Firmen und Schulen, ohne die Belieferung von Wirtshäusern und Hotels, hätten sie schon zusperren können.

Ein Bäcker knetet Brotteig.
APA/dpa-Zentralbild/

Genau das ist jetzt alles weggebrochen, schildert Jürgen Enser, der erst Anfang Februar die alteingessene Bäckerei Takacs in Lambach übernommen hat. „Der Umsatz ist etwa um 50 Prozent zurückgegangen. Hauptsätzlich wegen der Firmen, die wir mit unserer Jause beliefern. Natürlich freuen wir uns über jede Kundschaft, die kommt“, so Enser.

Umsatz fehlt

Nicht ganz so heftig hat es die Metzgerei Schlair im Nachbarort Stadl-Paura getroffen, meint Firmenchef Johann Schlair. Doch auch hier fehlt vom Umsatz ein gutes Stück.

„Es ist sicher ein gutes Drittel. Genau kann man das jetzt noch nicht sagen“, so Schlair. Es hänge auch davon ab, wie lange die Maßnahmen dauern würden.

Vermehrt Hauszustellungen

Doch die beiden Chefs von neun beziehungsweise 13 Beschäftigten wollen sich nicht unterkriegen lassen. Und kümmern sich neben der Produktion für das jeweils fixe Verkaufslokal verstärkt um den Bereich Hauszustellung. Jürgen Enser und sein Team haben alles durchorganisiert. „Die Leute rufen an und wir schreiben uns auf, was sie brauchen. Wir sagen ihnen den Preis, und das hängen sie draußen in das Sackerl rein. Wir kommen hin, nehmen das Geld heraus, geben das Gebäck hinein und fahren wiede“, so Enser.

Mehrere 100 Betriebe setzen auf Lieferservice

Die verloren gegangenen Umsätze wird das Zustellservice zwar nicht wettmachen, ein paar Prozente bringt es aber sicher, „Die Hauszustellung wird immer mehr, und der Fleischverkauf hat sich eigentlich gesteigert“, so Petra Schlair.

Mittlerweile sind es schon mehrere 100 Betriebe, die auf das Lieferservice setzen. Zu finden sind sie unter anderem auf einer eigenen Internetseite der Wirtschaftskammer Oberösterreich.

Kröswang wird vorübergehend Einzelhändler

Der oberösterreichische Lebensmittel-Großhändler Kröswang wird vorübergehend Einzelhändler. Ab 1. April will er im Großraum Grieskirchen Privathaushalte in 43 Gemeinden beliefern. 1.200 Artikel können über den Online-Shop bestellt werden. Das teilte das Unternehmen am Freitag mit.

Lebensmittel-Lieferdienste für Privatpersonen überlastet

Normalerweise versorgt Kröswang Gastronomie, Hotellerie und Großküchen mit frischen und tiefgekühlten Lebensmitteln. Hier ging das Geschäft in der Coronavirus-Krise zurück, gleichzeitig seien die Lebensmittel-Lieferdienste für Privatpersonen überlastet. „Wenn wir also Privatkunden beliefern, die auf eine Hauszustellung angewiesen sind, und damit gleichzeitig unsere Umsatzeinbußen zum Teil kompensieren können, ist das ein notwendiger Schritt, der zwei Gewinner kennt“, so Geschäftsführer Manfred Kröswang.

Teller mit griechischem Salat
Manuela Matl

Die Bestellung wird vor der Haus- oder Wohnungstür abgestellt, die Bezahlung erfolgt über Bankeinzug. Änderungen gab es bei den normal auf Großbetriebe ausgelegten Packungsgrößen: So sollen nun etwa Fleisch, Salat etc. auch in Haushaltsmengen erhältlich sein.

Ein weiterer Ausbau des Modells ist möglich, mit Ende der Coronavirus-Krise will sich Kröswang aber wieder auf das gewohnte Geschäftsfeld zurückziehen. Kröswang setzte 2018/19 mit rund 430 Mitarbeitern 214,8 Mio. Euro um.