Alte Frau im Rollstuhl mit neben ihr sitzender jüngeren Frau
ORF.at/Christian Öser
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Gesundheit

Häufig Streit ums Pflegegeld

Die Einstufung zum Bezug des Pflegegeldes sorgt immer wieder für Debatten. Oft müssen die Arbeits- und Sozialgerichte entscheiden. Die Arbeiterkammer bemerkt, dass immer mehr Betroffene Rat suchen.

Die Einstufung in eine Kategorie des Pflegegeldbezuges ist ein kompliziertes Verfahren. Das wissen sowohl die Betroffenen und ihre Angehörigen, als auch die Mitarbeiter der Pensionsversicherungsanstalt (PVA). Mehr als 8.000 Verfahren nach Einsprüchen gab es laut PVA allein im Jahr 2018 in Österreich. Etwas mehr als 400 endeten zu Gunsten der Versicherten.

Weit mehr als 1.100 Beratungen zum Thema Pflegegeld verzeichnete die Arbeiterkammer Oberösterreich allein im vergangenen Jahr. Gut 380 Beratungsgespräche weniger waren es noch ein Jahr zuvor.

Konkreter Fall landete vor Gericht

Die Arbeiterkammer berichtet etwa von einem Fall aus dem Salzkammergut, der vor dem Arbeits- und Sozialgericht endete: Die Angehörigen eines schwer kranken Mannes, der auch nicht mehr in der Lage ist, sich selbst zu waschen, zu essen oder sich an- und auszuziehen, beantragten – weil sich der Zustand verschlechterte – eine Erhöhung der Pflegestufe von zwei auf drei.

Eine Frau pflegt eine pflegebedürftige Frau
ORF
Die Beurteilung von Faktoren, die zur Festlegung der Pflegestufe führen, ist nicht bei allen Gutachtern gleich.

Die PVA kürzte aber das Pflegegeld auf Stufe 1. Die Familie ging zur Arbeiterkammer, diese wiederum vor Gericht, und basierend auf einem neuen, vom Gericht in Auftrag gegebenen Gutachten, änderte die PVA den Bescheid wieder ab. Der Mann bekam nun Pflegegeld der Stufe 3, sogar rückwirkend für drei Monate.

Stellungnahme der PVA

Von der PVA heißt es, bei einem Antrag auf Erhöhung des Pflegegeldes komme es automatisch zu einer Neuuntersuchung, bei der der Pflegeaufwand neu festgestellt werde. Wird dabei ein geringerer Pflegeaufwand festgestellt, könne es auch zur Herabsetzung des Pflegegeldes kommen. Allerdings könnten einige Faktoren von Gutachtern unterschiedlich beurteilt werden, so die PVA in ihrer Stellungnahme.

AK fordert genauere Verfahren

Genau das kritisiert Arbeiterkammerpräsident Johann Kalliauer. Es sei nicht das erste Mal, dass ein Gutachten völlig an der Lebensrealität der betroffenen Person vorbeigehe. Die Menschen müssten künftig genauer und besser untersucht werden, bevor es zu einer Entscheidung kommt.

„Vom Masterplan Pflege wenig passiert“

Die notwendigen Reformen in der Pflege müssen rasch umgesetzt werden, fordert Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) von der neuen Bundesregierung. Gerstorfer hat derzeit den Vorsitz der Sozialreferenten der Länder. Vor einem Jahr habe die damalige Regierung einen Masterplan Pflege angekündigt, passiert sei wenig. Sie freue sich daher auf baldige Gespräche mit dem neuen Sozialminister.

Diese Funktion hat jetzt der frühere Landesrat Rudi Anschober (Grüne) übernommen. Dieser meinte am Dienstag nach der Angelobung der neuen Regierung, das Thema Pflege sei die größte Herausforderung. Er habe großen Respekt vor seiner künftigen Aufgabe, gehe diese aber auch mit großer Freude an.