Idyllisch ist sie gelegen, die Römerkirche in Aurachkirchen, eine Filialkirche der Pfarre Ohlsdorf. Das sehr hohe und schlanke romanische Langhaus sowie die gotische Apsis wurden vom 1911 gegründeten Kirchenerhaltungsverein vor einigen Jahren liebevoll restauriert.
Der Blick fällt auf den freigelegten Holzdachstuhl, einen barocken Kreuzweg, eine Marienstatue, auf die gotische Gruppe der Heiligen Anna Selbdritt, die spätgotischen Statuen der Hl. Katharina und der Hl. Barbara, den barocken Hochaltar sowie die im Jahr 2012 neu angeschaffte Orgel.
Akustik hoch geschätzt
Konzertbesucher schätzen die gediegene Atmosphäre und auch die von professionellen Musikern geliebte Akustik bei einem der rund fünf Konzerte pro Jahr. Jeden zweiten Sonntag im Monat wird hier Gottesdienst gefeiert.
Älteste Glocken des Landes
Was das Kirchlein aber noch so besonders macht ist, dass es die ältesten Glocken Oberösterreichs in seinem Turm beherbergt. Seit mehr als 700 Jahren läuten diese Glocken und zählen somit zu den wohl ältesten Gebrauchsgegenständen des Landes.
Lange Zeit wurden die Glocken in Kirchenführern als eine der ältesten Glocken im gesamten deutschen Sprachgebiet beschrieben. Fest steht aber, dass die große Glocke, die sogenannte „Merowingerglocke“, die älteste Glocke Oberösterreichs ist. Diesen Beinamen hat ihr eine als ursprünglich merowingisch gedeutete Inschrift eingebracht. Die lateinische Inschrift ist in Spiegelschrift gegossen. „Wir wissen nicht, ob das eine Laune des Glockengießers war oder ob beim Guss etwas passiert ist“, so Manfred Asamer, Obmann des Kirchenerhaltungsvereines.
Weihnachtliche Inschrift
In mittelalterlicher Kursivschrift ist eine lateinische Antiphon zum Benedictus der Weihnachtsoktav zu lesen. Weiters ist ein „magister henricus“ erwähnt, der ident mit dem Gießer des Taufbeckens im Salzburger Dom sein dürfte.
Im Archiv von Österreichs einziger verbliebener Glockengießerei in Innsbruck, wo seit 1599 Glocken gegossen werden, finden sich Unterlagen über viele Glocken. Demnach wurden die Glocken von Aurachkirchen um 1280 vom Glockengießer Magister Heinrich in der dritten Gussstätte in Salzburg mit den Tönen g/2 und a/2 und den Gewichten von ca. 165 Kilogramm und 70 Kilogramm gegossen.
Dem Schicksal der Einschmelzung während der beiden Weltkriege sind beide Glocken auf Grund ihres kunsthistorischen Wertes mit einer schriftlichen Ausnahmegenehmigung entgangen.
Glocken in Verwendung
Die Bronzeglocken werden heutzutage dreimal täglich geläutet. Wenn zudem ein Mitglied des 700-köpfigen Kirchenerhaltungsvereines stirbt, der übrigens seit den 1990er-Jahren rechtmäßiger Eigentümer des Kirchleins ist, so ertönt die „Merowingerglocke“ als Sterbeglocke.
Dieser Beitrag begleitet die Sendung „OÖ heute“, 1. April, ORF 2.