Bücher vor rotem Hintergrund
ORF/Raab
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Premiere

Seide in Lila und Märchen in Grün

Farbige und filmreife Literatur am Samstag in „Premiere“: Ein gefälteltes, hauchfeines Seidenkleid in Lila trägt Alma Mahler in Hilde Bergers Roman „Die Windsbraut“. Ein Märchenbuch in Grün besaß Autorin Ilse Aichinger in ihrer Linzer Kindheit.

Sendehinweis:
„Premiere – Literatur. Lebensart. Livemusik“, 20.11.21, ab 19.03 Uhr

Eine dreijährige, ebenso leidenschaftliche wie kräftezehrende Beziehung hat den Maler Oskar Kokoschka mit der Muse Alma Mahler verbunden. Die gebürtige Scharnsteiner Autorin Hilde Berger nähert sich dieser Verbindung in ihrem Buch „Die Windsbraut. Die Geschichte von Oskar Kokoschka und Alma Mahler“ in einer Mischung aus Fakten und Fiktion.

Die elegante Erscheinung der älteren Alma – sie war die Witwe Gustav Mahlers – beeindruckt den jungen und später weltberühmten Künstler schon bei der ersten Begegnung. Im lila Seidenkleid und mit leuchtendem Haar tritt sie ihm in Zuge der Anfertigung eines Porträts gegenüber – und damit beginnt eine Liaison, der Oskar Kokoschka in vielen Kunstwerken wie dem weltbekannten Gemälde „Die Windsbraut“ Ausdruck verlieh.

Buchdeckel zeigt nachdenkliche Frau
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Alma Mahler, die in einer späteren Ehe mit dem Bauhaus-Architekten Walter Gropius ein gemeinsames Kind hat und 1940 mit dem Literaten Franz Werfel in die USA emigriert, war mit vielen künstlerischen und geistigen Größen ihrer Epoche in Kontakt und komponierte auch selbst.

Vorlage für Kinofilm

Hilde Bergers Roman ist die Vorlage für den in Arbeit befindlichen Kinofilm „Alma und Oskar“ mit Emily Cox und Valentin Postlmayr in den Hauptrollen. Regie führt Dieter Berner, der Filmstart ist für Herbst 2022 geplant.

Frühe Kindheit in Linz

Ilse Aichinger, eine der wichtigsten österreichischen Autorinnen, wäre am 1. November 100 Jahre alt geworden. Die gebürtige Wienerin verbrachte ihre frühe Kindheit mit ihrer Zwillingsschwester und mit den Eltern in Linz. Das Adalbert Stifter Haus in Linz hat aus Anlass des Gedenkens die Ausstellung „Das grüne Märchenbuch aus Linz“ konzipiert. Die deutsche Germanistin Christine Ivanovic ist die Kuratorin der Schau, in der die Berührungspunkte der Autorin zu Linz, zu Adalbert Stifter oder auch die langjährige Verbundenheit mit dem Literarischen Jahrbuch der Stadt Linz herausgearbeitet werden.

Foto Aichinger Schau Stifterhaus
Land OÖ/Ehrengruber

Traumatische Zeit der Familie

Ilse Aichingers Mutter war die erste Jugendamtsärztin in Linz. Vom Vater, einem bücherbegeisterten Lehrer und Schriftsteller, werden die schriftstellerischen Fähigkeiten der Tochter gefördert und unterstützt. Eine traumatische Zeit erlebt die Familie in Wien zur Zeit des Nationalsozialismus, als die jüdische Großmutter und weitere Familienmitglieder deportiert und ermordet werden. In Aichingers erstem, viel beachteten Roman „Die größere Hoffnung“ steht dann auch die Kriegszeit in Wien im Mittelpunkt.

Buchdeckel roter Grund auf dem der Titel in schwarzer Schrift steht
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In „Premiere“ sind Ausschnitte aus dem Band „Unglaubwürdige Reisen“ zu hören, der teils im Kaffeehaus entstanden ist. In ihren späteren Lebensjahren frequentierte die Schriftstellerin mit großer Vorliebe das Wiener Cafe Demel, beobachtete, erinnerte sich und schrieb ihre Notizen auf verfügbares Papier wie Speisekarten oder Rätselhefte nieder. In diesen Notizen tritt sie fiktive Reisen, aber auch Reisen in die Vergangenheit an, die sie wieder in die Linzer Zeit führen: zur ehemaligen Bürgerschule gegenüber der Linzer Herz-Jesu-Kirche, zu den Spaziergängen mit dem außergewöhnlichen Kindermädchen und zum überbordenden Bücherbesitz des Vaters.

Ausschnitte aus den Werken von Ilse Aichinger und Hilde Berger lesen Bibiana Zeller und Daniela Wagner.

Literaturhinweis zur Sendung:

• Hilde Berger: „Die Windsbraut. Die Geschichte von Oskar Kokoscha und Alma Mahler“ (Dritte, überarbeitete Auflage, 2020, Böhlau Verlag)

• Ilse Aichinger: „Unglaubwürdige Reisen“ (S. Fischer Verlag)