„Zerstörungspotenzial“ des Swap

Ein Geschäft mit einem solchen Zerstörungspotenzial habe im Schuldenportfolio der öffentlichen Hand nichts verloren, sagte Gutachter Christian Imo am Montag im Swap-Prozess und zerlegte den verlustreichen Deal zwischen Stadt und BAWAG P.S.K.

Dem früheren Linzer Finanzdirektor Werner Penn wird vorgeworfen, eine spekulative Zinswette bei der BAWAG abgeschlossen und Ausstiegsangebote ausgeschlagen zu haben. Der ehemalige Stadtrat Johann Mayr (SPÖ) soll als Finanzreferent den Deal genehmigt haben. Beide stehen derzeit wegen Untreue in Linz vor Gericht.

„Hochspekulativ und kaum beherrschbar“

Zu Prozessbeginn ging es am Montagvormittag sehr schnell. Regina Prehofer, Ex-Vorstandsmitglied der BAWAG P.S.K., hatte bereits im Vorfeld angekündigt, sich wegen des laufenden Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Linz der Aussage zu entschlagen, damit verzichtete das Gericht auf ihr Erscheinen. Die Befragung von zwei Magistratsmitarbeitern dauerte nur wenige Minuten. Dann war die Bühne frei für Gutachter Christian Imo, dem gerichtlich beeideten Sachverständigen, der im Auftrag der Staatsanwaltschaft über das Franken-Zinssicherungsgeschäft zwischen der Stadt Linz und der Bank ein 400 Seiten starkes Gutachten verfasste. Das Geschäft sei „in hohem Maß intransparent, hochspekulativ und kaum beherrschbar“, so Imos Einschätzung.

Man könne solche Dinge nur mit einem professionellen Risikomanagement machen, so der Experte. Bereits bei Abschluss seien erhebliche Verlustpotenziale gegeben gewesen, auch ohne Finanzkrise. Das Chancen-Risiko-Potenzial für die Stadt bezifferte Imo mit bis zu 1:14. Zudem sei das Geschäft auch von der BAWAG falsch bewertet worden.

Keine Optimierung des Risikos

Der Swap sei von der Stadt mit einem Negativwert von 20 bis 21 Millionen Euro gekauft worden. Für den Gutachter ist das „eine wesentliche Abweichung von einem fairen Preis“. Das Geschäft habe nicht der Risiko-Optimierung gedient, sondern zu einer wesentlichen Erhöhung des Risiko-Portfolios geführt.

Bei einer Option gebe es immer einen Inhaber - in diesem Fall die BAWAG. Dieser habe das Recht in einem bestimmten Zeitraum ein bestimmtes Gut zu einem vorher festgelegten Preis zu kaufen. Dafür habe er eine Prämie zu zahlen. Seine Gewinnmöglichkeit sei unbegrenzt, der maximale Verlust sei die Prämie. Die andere Seite, der Stillhalter (die Stadt Linz), könne hingegen nur einen begrenzten Gewinn lukrieren, trage aber unbegrenztes Risiko, erklärte der Gutachter den Schöffen.

Imos Ausführungen vor Gericht wurden von leisen Kommentaren und auch Gelächter der Bawag-Anwälte im Publikum unterbrochen, bis Richter Oliver Schoßwohl die Anwälte zurechtwies.

„Kurs war im freien Fall“

Anhand einer Tabelle rechnete Imo vor, wie sich - einen gleichbleibenden Libor vorausgesetzt - die Gewinne bzw. Verluste bei unterschiedlichem Euro-Franken-Verhältnis entwickeln würden: Demnach hätte die Stadt bei einem Kursverhältnis von 1,62, wie es zu Geschäftsabschluss herrschte, auf zehn Jahre gut 27 Millionen Euro lukriert. Bei den von Penn als Worst Case angesehenen 1,45 wären etwa fünf bis sechs Millionen Euro Verlust pro Jahr - „nicht zu verneinen, aber in Grenzen“ - zu beklagen gewesen, rechnete Imo vor.

Bei einer theoretischen Euro-Franken-Parität wäre man bereits mit eine Milliarde im Minus gewesen, so der Gutachter weiter. „Dass keiner gedacht hat, dass es zur Parität kommt, glaube ich. Aber unmöglich war es nicht. Der Kurs war im freien Fall“ und werde seit 2011 nur mit größten Anstrengungen der Schweizer Nationalbank rund um 1,20 gehalten.

Nicht die „rudimentärsten Anforderungen“ erfüllt

Unterm Strich kam Imo zum Ergebnis, dass in Linz nicht einmal die „rudimentärsten Anforderungen“ für die nötige permanente Kontrolle dieses Swap-Geschäfts vorhanden gewesen wären und Finanzdirektor Penn eine „Einmann-Show“ war, die von derart komplexen Produkten keine Ahnung hatte. Trotzdem hätte auch Penn Ende 2009 Anfang 2010 erkennen können, dass das Swap Geschäft für die Stadt negativ wird. Aus seinen Berichten auch an Finanzstadtrat Mayr sei dies aber nicht erkennbar gewesen, so Imo.

Am Mittwoch muss das Gericht noch über einige Beweisanträge des Privatbeteiligten-Vertreters entscheiden. Wenn diese nicht zu einer weiteren Verzögerung führen, sollte bereits an diesem Tag das Urteil gesprochen werden. Es stehen aber noch zwei Reservetermine in der kommenden Woche zur Verfügung.

Von einem „vernichtenden Urteil“, das der Gutachter dem Swap-Deal ausgesprochen habe, spricht Meinhard Lukas, der frühere Rechtsberater der Stadt Linz. Kritik habe es sowohl an der Bank als auch der Stadt gegeben. Die Auswirkungen auf das Zivilverfahren, das vor dem Handelsgericht in Wien stattfindet, beschreibt Lukas zwar nicht als direkt, aber doch als durchaus „wesentlich“.

Meinhard Lukas im Interview mit ORF-Redakteur Thomas Psutka

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Urteil vielleicht schon am Mittwoch

Die erste Woche im Strafverfahren wegen Untreue stand ganz im Zeichen der Politikeraussagen. Der Linzer Ex-Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ) und sein ehemaliger Stellvertreter Erich Watzl (ÖVP), haben als Zeugen ausgesagt. Beim Prozesstag am Freitag waren aktuelle und ehemalige Mitarbeiter der BAWAG als Zeugen am Wort. Teilweise entschlugen sie sich aber der Aussage.

Bereits diese Woche, beim Verhandlungstag am Mittwoch, könnte im Untreueverfahren gegen Mayr und Penn ein Urteil fallen. Beiden drohen bis zu 15 Jahre Haft.

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