Penn und Mayr erklärten sich nicht schuldig

In Linz hat am Montag der Strafprozess um den Franken-Swap begonnen. Ex-Finanzstadtrat Johann Mayr (SPÖ) und der frühere Finanzdirektor Werner Penn müssen sich wegen Untreue verantworten. Sie bekannten sich nicht schuldig.

Was ist ein Swap?

Der Swap ist ein Finanzderivat, d. h. er basiert auf einem Grundgeschäft, in diesem Fall eine Anleihe der Stadt über 195 Mio. Schweizer Franken. Der häufig verwendete Begriff „Zinswette“ treffe zwar zu, sei aber angesichts des unbegrenzten Risikos „recht verharmlosend“, so der Staatsanwalt.

Penn wird Untreue vorgeworfen, weil er ein hochriskantes Geschäft abschloss und dazu seine Amtsstellung missbraucht haben soll. Mayr wiederum soll den Deal ausdrücklich genehmigt haben. Den Beschuldigten wird in der 88 Seiten starken Anklageschrift ein Schaden von gut 24 Mio. Euro angelastet, das sind die tatsächlich geleisteten Zahlungen. Als „existenzgefährdenden“ Deal beschrieb der Staatsanwalt in seinem Anklagevortrag das Swap-Geschäft und zeigte sich überzeugt, dass der ehemalige Linzer Finanzdirektor Werner Penn sich des hohen Risikos sehr wohl bewusst war. Ex-Stadtrat Johann Mayr (SPÖ) sitzt vor allem wegen der Aussagen Penns, er habe den Swap genehmigt, mit auf der Anklagebank.

Prozess gegen Werner Penn und Johann Mayr

APA/rubra

Der Verhandlungssaal war zu Beginn nur halb gefüllt - und das großteils mit Journalisten und Personen aus dem Umfeld der Stadt und der BAWAG. Auch der Vorsitzende im parallel laufenden Wiener Zivilverfahren, Andreas Pablik, beobachtete den Prozess. Seinen Fragen hat sich Penn regelmäßig unter Hinweis auf das Strafverfahren entschlagen.

Staatsanwalt erklärt den Swap-Deal

Der Ankläger erklärte die Formel, auf der das Geschäft basiert. Dafür wird ein vorher definierter Frankenkurs herangezogen, der sogenannte Strike. Solange dieser nicht unter 1,54 fällt, „macht die Stadt ein Bombengeschäft“, bei 1,0 wären 54 Prozent Zinsen fällig. „Das ist wirklich grauslich“, so der Staatsanwalt über das drohende Risiko. Um zu erkennen, dass es sich dabei um „existenzbedrohendes Risiko“ handle, bedürfe es nur „etwas Vorstellung und eines Taschenrechners“.

Grafik zum Swap-Deal der Stadt Linz

APA

Penn war zwar durch einen Gemeinderatsbeschluss zum Abschluss von Geschäften zur Optimierung des Fremdfinanzierungsportfolios ermächtigt worden, dies sei aber „kein Freibrief für riskante Spekulationsgeschäfte“ gewesen, so die Staatsanwaltschaft. Sie ist überzeugt, dass Penn das unbegrenzte Risiko durchaus kannte und das Geschäft verstanden hat. Er habe u. a. einen Backtest mit mehreren Strikes durchgeführt.

Nur von fünf Millionen Euro Risiko berichtet

Dem Finanzausschuss, dem Mayr vorstand, habe er von maximal fünf Millionen Euro Risiko berichtet, die dort präsentierten Grafiken hätten den Eindruck erweckt, dass es eine Deckelung gebe. Daher legt die Anklage dem ehemaligen Finanzdirektor Wissentlichkeit und einen bedingten Schädigungsvorsatz zur Last. Zudem wirft sie ihm vor, Ausstiegsangebote nicht angenommen zu haben.

Prozess gegen Werner Penn und Johann Mayr

APA/rubra

Werner Penn und Johann Mayr bei der Verhandlung im Landesgericht Linz

Mayr wird vor allem durch die Aussagen Penns im Ermittlungsverfahren belastet. Demnach sei er vom damaligen Finanzdirektor im Februar 2007 über den Deal und auch darüber, dass möglicherweise höhere Zinsen zu zahlen sein könnten, informiert worden, und habe das Geschäft ausdrücklich genehmigt. Penns Aussagen seien „das einzige vorliegende Beweismittel“, räumte die Staatsanwaltschaft ein. Sie seien aber glaubwürdig.

Mayr bekannte sich nicht schuldig

„Dr. Mayr ist nicht Finanzexperte“, betonte der Verteidiger des mitangeklagten früheren Stadtrates, der sich „nicht schuldig“ bekennt. Er betonte, dass der Ex-Politiker nicht über den Swap-Deal informiert worden sei. Zudem hätte er ihn auch nicht genehmigen können, ein etwaiges Einvernehmen wäre Pflicht der Finanzverwaltung gewesen. Eingangs machte Mayrs Anwalt auf das „größte Handicap“ seines Mandanten aufmerksam: „die mediale Vorverurteilung“ über zwei Jahre hinweg. Angesichts des öffentlichen Erwartungsdrucks sei es Ziel gewesen, „den Politiker Mayr hängen zu sehen“. Er forderte vom Gericht „nicht Milde, nur eine faire Beurteilung“.

Johann Mayr

APA/rubra

Der ehemalieg Linzer Finanzstadtrat Johann Mayr

„Nur weil er Finanzreferent war, ist er in diese Mühle hineingeraten“, sagte der Anwalt. „Und das ist in der Tat zu wenig.“ Es sei völlig unmöglich, die komplizierte Struktur eines Swap in einem einzigen Gespräch zu klären, so der Verteidiger zu einem Treffen zwischen Mayr und Penn, auf das sich die Anklage u. a. stützt. Sogar der Staatsanwalt habe in der Verhandlung dafür mehr als eine halbe Stunde gebraucht. Der Anwalt verwies zudem darauf, dass es bis zum Abschluss des Geschäfts keinen Kontakt zwischen dem Ex-Stadtrat und der BAWAG P.S.K. gegeben habe.

„Die falschen Leute auf der Anklagebank“

„Für mich sitzen die falschen Leute auf der Anklagebank“, erklärte der Verteidiger. Er verwies auf deutsche Judikatur, wo eine Reihe von Gerichten festgestellt habe, dass die Bank bei „derartig hochexplosiven, hochspekulativen Geschäften“ den Kunden warnen müsse. „Und das ist nicht passiert.“

Penns Anwalt forderte Freispruch

Sein Mandant habe keine Befugnis gehabt, das Geschäft abzuschließen, so Penns Anwalt. „Er kann sich deshalb nicht der Untreue schuldig gemacht haben.“ Laut Statut der Stadt Linz wäre nur der Gemeinderat für den Abschluss zuständig gewesen. Dieser hätte das lediglich an den Stadtsenat delegieren können und nicht an Penn. Zudem wäre eine Genehmigung des Landes als Aufsichtsbehörde nötig gewesen.

Werner Penn

APA/rubra

Der ehemalige Linzer Finanzdirektor Werner Penn

Der Verteidiger des ehemaligen Finanzdirektors sieht bei seinem Mandanten keinen Vorsatz. Er erläuterte den Schöffen den Unterschied zwischen straffreier Fahrlässigkeit - „Es wird schon nichts passieren“ - und Vorsatz - „Na, wenn schon“. Der ehemalige Finanzdirektor sei schlimmstenfalls mit der Einstellung „Es wird schon nicht ...“ unterwegs gewesen.

Penn habe erwartet, dass sich der Frankenkurs in einem Korridor zwischen 1,62 und 1,44 bewegen würde, der „Worst Case“ war angelehnt an den Kurs nach 9/11, erklärte sein Verteidiger. Selbst wenn der Kurs unter den Strike gefallen wäre, hätte man diesen einmaligen Verlust noch mit den vorher erwirtschafteten Gewinnen decken können. Im Oktober 2009 habe es sogar einen Überhang von 5,7 Mio. Euro zugunsten der Stadt gegeben. Er zitierte eine Reihe von Aussagen von BAWAG-Mitarbeitern, dass die Einschätzung seines Mandanten plausibel und richtig gewesen sei.

Werner Penn und Johann Mayr bei der Verhandlung im Linzer Landesgericht

APA/rubra

Swap-Verträge rechtlich nicht geprüft

Mit der Aussage, dass die Verträge zum Swap rechtlich nicht geprüft worden seien, Penn ließ aufhorchen. Ihm sei bewusst, dass die Konstruktion rein rechnerisch ein unbegrenztes Risiko beinhaltet habe. Aber: „Aus meiner damaligen Sicht war es kein Spekulationsgeschäft.“ Heute aber denke er, „dass ich überfordert war“, so Penn, der sich nicht schuldig bekannte. Weder der von Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ) unterzeichnete Rahmenvertrag noch die späteren Einzelverträge seien rechtlich geprüft worden. Die dafür zuständigen Stellen wären ihm unterstellt gewesen, er habe aber niemanden beauftragt, sagte der Beschuldigte.

Nach längerer Diskussion um die Frage, wer was unterschreiben durfte, bemerkte der Richter: „Es macht nicht den Eindruck, als hätten Sie da allzu sehr vertieft vorher, sondern einfach abgeschlossen. Kann das so sein?“. Penn, einsilbig: „Ja.“ Ob er mit seinem Privatvermögen auch so ein Geschäft getätigt hätte? „Ich glaube, eher nicht.“ Er habe den Schweizer Franken damals, wie auch Banken, als wenig schwankungsanfällig und das Risiko als überschaubar betrachtet, erläuterte Penn seine Einschätzung des Geschäfts zum Zeitpunkt des Abschlusses.

Werner Penn und Johann Mayr bei der Verhandlung im Linzer Landesgericht

APA/rubra

Er sei davon ausgegangen, dass sich der Wechselkurs in einem Korridor von 1,44 bis 1,62 bewegen werde. Der Worst Case sei auf 9/11 ausgelegt gewesen. Er habe sich nicht vorstellen können, dass sich ein Ereignis noch negativer auf die Finanzwelt auswirken könne. Penn war daher damals nach eigenen Angaben nicht der Ansicht, ein spekulatives Finanzgeschäft abzuschließen.

„Schau ma amoi“

Ein eigenes Risikomanagement habe es nicht gegeben, führte der Angeklagte aus. Ihm als Finanzdirektor waren der Bürgermeister und der Magistratsdirektor organisatorisch vorgesetzt, erklärte er zu seiner Position in der Stadt. Diese seien ihm gegenüber weisungsbefugt gewesen, hätten davon aber nie Gebrauch gemacht.

Den mitangeklagten Finanzstadtrat habe er als „fachlichen Vorgesetzten“ empfunden. Ob ihm dieser eine fachliche Weisung erteilen hätte können? „Das könnte ich so nicht sagen.“ Später erklärte er, er habe mit Mayr über die von ihm ins Auge gefasste Geschäftskonstruktion gesprochen. Dieser habe gemeint: „Schau ma amoi.“ Das sei für ihn die „positive Aufforderung“ gewesen, abzuschließen.

Penn sieht keinen Alleingang

„Es macht ein bisschen so den Eindruck, als wäre das ein Alleingang von Ihnen gewesen“, hielt ihm der Richter vor: Penn: „Das sehe ich nicht so.“ Er sei davon ausgegangen, dass er vom Gemeinderat für das Geschäft bevollmächtigt worden sei und dass es keinen neuerlichen Beschluss dafür brauche.

Der Privatbeteiligtenvertreter der Stadt Linz, die von jedem Angeklagten - vorerst - 100.000 Euro verlangt, bezeichnete das Geschäft als „teuflisch“. Er stellte zudem die Frage, wieso nicht auch die Mitarbeiter der BAWAG mit auf der Anklagebank sitzen. Die Staatsanwaltschaft Linz ermittelt nach wie vor gegen unbekannte Täter aus der Bank.

Privatklage der Stadt Linz beschlossen

Der Linzer Stadtsenat hat erst in der vergangenen Woche beschlossen, sich dem Strafverfahren gegen Penn und Mayr als Privatbeteiligte anzuschließen. Von den Angeklagten werden vorerst je 100.000 Euro gefordert - eine Ausweitung der Ansprüche sei jederzeit möglich, so Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ). Die Bank durfte sich der Causa nicht als Privatbeteiligte anschließen. Sie hat Mayr und Ex-Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ) in einem getrennten Verfahren auf je 1 Mio. Euro Schadenersatz geklagt. Penn hat einen Verjährungsverzicht unterschrieben, daher blieb er vorerst verschont.

Parallel zu diesem Prozess läuft bereits seit Monaten vor dem Wiener Handelsgericht das Verfahren zwischen der Stadt Linz und der BAWAG, in dem es um eine halbe Milliarde Euro geht. Wann es hier ein Urteil geben wird, ist noch nicht absehbar. Das heute beginnende Strafverfahren in Linz aber soll noch vor Weihnachten abgeschlossen werden.

Links: