Verhandlungspoker um Regierungssitze

Die Wahl ist geschlagen - die FPÖ hat ihre Mandate im Landtag verdoppelt. Wenn auch die Verteilung der Mandate im Landtag klar ist, die Aufteilung der Regierungssitze ist in Anbetracht der Verschiebung der Kräfteverhältnisse weiterhin offen.

Das wird eine der ersten wirklich spannenden Entscheidungen nach dieser Wahl: Wer muss einen weiteren Regierungssitz an die FPÖ abtreten? Die ÖVP oder die SPÖ? Grundsätzlich gilt: Der Landeshauptmann wird vom Landtag mit einfacher Mehrheit gewählt, die acht Landesregierungsmitglieder nach einer bestimmten Wahlarithmetik, dem sogenannten und oft zitierten d’hondtschen Verfahren (fünf rechnerisch mögliche Varianten, die stets dasselbe Sitzzuteilungsergebnis ergeben). Wird das so durchgeführt und der Landeshauptmann sozusagen separat gewählt, dann würde die SPÖ einen ihrer zwei Landesratssitze an die Blauen verlieren.

Zwei Ausnahmen in der Wahlarithmetik

Allerdings gibt es zwei mögliche Ausnahmen. Ausnahme eins: Wenn eine Partei die absolute Mehrheit in der Landesregierung erreicht, also fünf Sitze, dann muss der Landeshauptmann als fünftes Regierungsmitglied gerechnet werden, also nicht fünf plus dem Landeshauptmann. So war das beim letzten Mal. 2009 sind der ÖVP nach der Wahl fünf Landesräte zugestanden, da musste Josef Pühringer in die fünf miteingerechnet werden.

Ausnahme zwei: Der Landeshauptmann kann auch ohne Landesratsmehrheit eingerechnet werden. Und zwar durch einen Geschäftsbeschluss, den ein einzelner Abgeordneter einbringen kann. Dann entscheidet der Landtag mit einfacher Mehrheit, ob der Landeshauptmann in die Landesratsliste seiner Partei eingerechnet wird. In diesem Fall würde die ÖVP einen Regierungssitz an die Freiheitlichen verlieren.

Blau-rote Achse

Die ÖVP wird sich wahrscheinlich nicht selbst schwächen, indem sie einem möglichen Antrag auf Einrechnung nicht zustimmt. Aber FPÖ und SPÖ hätten dazu die nötige einfache Mehrheit im Landtag. So könnte die SPÖ ihren zweiten Regierungssitz retten. Dadurch gäbe es gleich zu Beginn eine blau-rote Achse. Dadurch wäre aber die Ausgangsbasis für die SPÖ für Koalitionsverhandlungen mit ÖVP schlecht. Und fraglich ist auch, ob die FPÖ der SPÖ diesen kleinen Sieg gönnen würde.

Gernot Ecker; ooe.ORF.at

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