Prozess nach Attacke mit Eisenstange

In Linz hat am Montag der Prozess gegen einen 41-Jährigen begonnen, der im Februar in Leonding ein Ehepaar mit einer Eisenstange erschlagen haben soll. Am Nachmittag kam erstmals der Angeklagte zu Wort - er erklärte sich nur wegen Totschlags für schuldig.

Der Angeklagte berichtete auf Nachfrage von Richterin Petra Oberhuber über jahrelange Probleme mit dem Nachbarn. So stand die Polizei mehrmals vor der Tür, weil die Nachbarn ihn wegen Ruhestörung angezeigt hatten, wenn er im Garten mit Freunden grillte. Zudem fühlte er sich immer von ihnen beobachtet, was er reaktionslos hingenommen habe.

Durch Anzeigen unter Druck

Ganz schlimm wurde die Situation, als seine künftige Frau 2006 zu ihm ins Haus einzog. Wegen des Plans, eine Familie zu gründen, beabsichtigte das Paar umzubauen, wogegen die Nachbarn erfolglos Einspruch erhoben. „Aber wir sind durch die Anzeigen finanziell und zeitlich unter Druck geraten“, erklärte der Angeklagte.

Für seine Frau spitzte sich die Lage nach der Geburt des zweiten Kindes ab 2013 derart zu, dass sie mit Sohn und Tochter ausziehen wollte. „Immer wieder habe ich sie davon zu überzeugen versucht, die Vorteile von einem eigenen Haus mit Garten zu sehen“, so der Vater vor Gericht. Er sah auch ihre Angst um das Leben der Kinder als übertrieben an. „Erst heute weiß ich, dass meine Frau damals therapeutische Hilfe benötigt hätte“, meinte er.

„Ich kann nicht immer nur einstecken, ...“

Doch auch in ihm dürfte sich über all die Jahre „einiges aufgestaut haben“. Denn am 13. Februar reichten drei Wörter der Nachbarin auf der Straße und „mich hat der Blitz getroffen“, sagte der Mann mit fester Stimme. „Ich kann nicht immer nur einstecken, ich muss mich wehren“, gab er seine Gefühle wieder. Danach schlug er zu.

Leonding, Ehepaar mit Eisenstange attackiert

fotokerschi.at/Kerschbaummayr

Der Tatort in Leonding

Streit bei zufälligem Treffen eskaliert

Passiert ist der Vorfall Mitte Februar des heurigen Jahres im Leondinger Stadtteil Berg (Bezirk Linz-Land): An einem Samstagnachmittag trafen der 41-Jährige und das ältere Ehepaar - seine Nachbarn - in der Nähe ihrer Häuser zufällig aufeinander, wo es zum Streit kam.

Im Zuge der offenbar immer heftiger werdenden Auseinandersetzung habe der 41-Jährige die 71-jährige Frau und ihren 74 Jahre alten Ehemann mit einer Eisenstange attackiert und den beiden lebensgefährliche Kopfverletzungen zugefügt. Nach der Tat ließ sich der Mann widerstandslos festnehmen.

Gutachten: Angeklagter zur Tatzeit zurechnungsfähig

Das Pensionistenehepaar erlag zwei Tage später seinen Verletzungen. Als Motiv für die Tat gilt ein seit Jahren schwelender Nachbarschaftsstreit, bei dem es unter anderem um Lärmbelästigung durch die beiden Kinder des 41-Jährigen gegangen sein soll. Der Angeklagte war zum Tatzeitpunkt laut eines Gutachtens zurechnungsfähig.

Die Staatsanwaltschaft hat insgesamt 17 Zeugen geladen, die Verteidigung einen weiteren, außerdem sind die Ausführungen zweier Gutachter vorgesehen. Das Gericht hat die Frage zu klären, ob es sich bei der Attacke um Mord oder Totschlag gehandelt hat.

Prozess Totschlag Mord Eisenstange Leonding

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Der Angeklagte am ersten Prozesstag

„Umfangreiche Ermittlungen geführt“

Philip Christl von der Staatsanwaltschaft Linz sagte dazu gegenüber dem ORF Oberösterreich: „Wir haben umfangreiche Ermittlungen geführt, das ganze Umfeld beleuchtet und auch ein Sachverständigengutachten eingeholt. Die Frage war: Mord oder Totschlag? Für einen Totschlag müssten grundsätzlich zwei Voraussetzungen vorliegen. Das eine ist eine sogenannte heftige Gemütsbewegung, im Volksmund auch Affekt genannt. Hier sagen wir: Das mag sein, dass dies vorgelegen hat. Es muss aber auch für einen durchschnittlichen Menschen verständlich sein, dass in genau dieser Situation, die eben stattgefunden hat, eine so heftige Gemütsbewegung aufritt. Und da sagen wir aufgrund der gesamten Ermittlungsergebnisse, dass dies hier eben nicht der Fall ist.“

Für Verteidiger „Paradefall eines Totschlags“

Für den Verteidiger des Angeklagten, Andreas Mauhart, ist aber völlig klar, dass es sich um einen Totschlag handelt: „Das Außergewöhnliche an diesem Fall ist, dass mein Mandant tatsächlich einen Totschlag und keinen Mord begangen hat. Das ganz Besondere in diesem Fall ist, dass sogar die Primaria Kastner, als eine der bekanntesten Gerichtspsychiaterinnen, die Affektsituation für meinen Mandant ohne Wenn und Aber bejaht. Mein Mandant war von Anfang an absolut ehrlich. Er hat nie versucht, etwas zu beschönigen, sich rauszureden oder etwas zu verharmlosen. Er weiß, dass er zwei Menschen vorsätzlich getötet hat und muss mit dieser Schuld leben. Aber er war in einer Affektsituation, in einer Notlage, in einem Psychoterror, der sich jahrelang aufgebaut hat, gefangen. Und dies ist in diesem Augenblick explodiert. Das ist der Klassiker, der Paradefall eines Totschlags.“

Urteil für Dienstag erwartet

Die Tochter der Opfer hat sich als Privatbeteiligte dem Prozess angeschlossen und verlangt einen Teilschadenersatz von 53.000 Euro. Bei einer Verurteilung wegen Mordes drohen dem Angeklagten zwischen zehn Jahren und lebenslanger Haft, bei Totschlag fünf bis zehn Jahre Haft. Das Urteil wird für Dienstag erwartet – am 42. Geburtstag des Angeklagten.

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