Gutachten zerpflückt Linzer Swap-Deal

Der Schweizer Finanzmarktökonom Martin Janssen hat im Auftrag der Stadt Linz ein Gutachten zum verlustreichen Swap-Deal erstellt. Er spricht von einer Währungsspekulation, die die Risikofähigkeit der Stadt deutlich überstiegen habe.

2005 nahm die Stadt Linz eine Anleihe mit variablem Zinssatz über 195 Millionen Schweizer Franken (CHF) auf und schloss 2007 ein Swapgeschäft mit der BAWAG P.S.K. über einen Nominalbetrag von ebenfalls 195 Millionen CHF ab. Durch den Optionscharakter des Geschäfts habe sich das Währungsrisiko, das zum Zeitpunkt des Abschlusses 650 Millionen Euro betragen habe, mittlerweile auf 1,2 Milliarden Euro erhöht, heißt es in dem Gutachten.

“Einseitig zu Ungunsten der Stadt“

Das Risiko sei nicht gestreut worden, sondern man sei „ohne Not ein Klumpenrisiko“ eingegangen, urteilt Janssen. Eine Währungsspekulation in der Höhe von 650 Millionen Euro (zum Vertragszeitpunkt) „übersteigt die Risikofähigkeit der Stadt Linz deutlich“. „Man hätte ebenso gut auf Schweinebäuche spekulieren können.“

Zusammenfassend kommt der Experte zu dem Schluss, dass der Vertrag „sehr einseitig zu Ungunsten der Stadt Linz“ abgeschlossen worden sei. Janssen: „Professionelle Kunden sind keine spezialisierten Investmentbanker. Sie können nicht über aufwendige Systeme und das Know-how zur Bewertung komplexer Finanzinstrumente wie des vorliegenden Swapgeschäfts verfügen.“

In der Affäre rund um das verlustreiche Geschäft ermittelt die Staatsanwaltschaft Linz gegen den früheren Linzer Finanzdirektor Werner Penn, der den Deal abgeschlossen hat, und gegen Finanzstadtrat Johann Mayr (SPÖ). Letzterer betonte stets, nie in die Entscheidung eingebunden gewesen zu sein. Neben diesen möglicherweise anstehenden Strafverfahren prozessieren die Stadt und die BAWAG auch auf dem Zivilrechtsweg gegeneinander.

Alles auf eine Karte gesetzt

„Das Gutachten stellt dem Swap ein vernichtendes Urteil aus“, steht für den Linzer Universitätsprofessor Meinhard Lukas fest. Er fungiert für das Zivilverfahren als rechtswissenschaftlicher Berater der Stadt. „Er hat das bestehende Fremdwährungsrisiko aus der Franken-Anleihe potenziert.“ Alles sei auf eine Karte gesetzt und dieses Risiko nicht angemessen abgegolten worden.

„Der Swap ist daher durch den Gemeinderatsbeschluss des Jahres 2004 nicht gedeckt“, ist Lukas überzeugt. Dieser Beschluss hatte die Finanzverwaltung zu Geschäften ermächtigt, die das Fremdfinanzierungsportfolio optimieren und marktüblich sind. Laut Gutachten habe der Swap aber beide Bedingungen nicht erfüllt.

Mit der Expertise Janssens muss sich nun nicht nur das Gericht auseinandersetzen, sondern auch der Sonderkontrollausschuss der Stadt. „Wir haben das Gutachten Montagnachmittag erhalten und schmökern jetzt darin“, so Vorsitzende Ursula Roschger (Grüne). Sie will Janssen zu einer Befragung einladen, sobald dies für den Professor möglich ist. Auch der von der Staatsanwaltschaft bestellte Gutachter Christian Imo soll eine Einladung erhalten. Ob er kommt, sei offen, so Roschger.

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