Missbrauchsopfer bietet Stift Vergleich an

Zu einem Vergleichsangebot ist es beim zweiten Prozesstag in Steyr wegen Missbrauchs an einem Ex-Schüler des Stifts Kremsmünster gekommen. Das Opfer möchte die Hälfte des Streitwertes, was 50.000 Euro ausmacht.

Der heute 42-jährige Kläger war von 1987 bis 1996 Internatsschüler in Kremsmünster und wurde in jener Zeit Opfer von sexuellen Übergriffen des damaligen Internatsleiters. Der Pater wurde 2013 zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Mehr dazu in: „Zwölf Jahre Haft für Ex-Pater bestätigt“ (ooe.ORF.at)

Zu wenig Schmerzengeld

Die von Kardinal Christoph Schönborn eingesetzte Opferschutzanwaltschaft leistete dem jetzigen Kläger eine „Gesten-Zahlung“ von 35.000 Euro. Der Betroffene geht jedoch davon aus, dass ihm auch 60.000 Euro Schmerzensgeld und 40.000 Euro Verdienstentgang vom Stift zustehen.

Stift Kremsmünster, Schule

fotokerschi.at/Kerschbaummayr

Der betroffene Ex-Schüler wollte mehr Geld vom Stift

Er habe „lange hin und her überlegt“, den Gerichtsweg zu beschreiten. Es kostete ihn enorme Überwindung, begründete der Ex-Zögling am Dienstag die späte Klage. Abermals drohe sein Leben aus den Fugen zu geraten, weil wieder alles hochkomme, meinte er hörbar ergriffen. Nach 120 Therapiestunden wollte er eigentlich „mit dem Ganzen einfach abschließen“.

Mit einem Vergleich könne das Verfahren schnell beendet werden, erklärte das Gericht. Bereits beim ersten Prozesstag Anfang Mai hatte es diese Lösung forciert. Mehr dazu in: „Missbrauch in Kremsmünster: Urteil verschoben“ (ooe.ORF.at)

Bereit für Gespräche

Bis zum Dienstag waren beide Parteien nicht aufeinander zugegangen. „Zeit ist verstrichen, ohne dass sich etwas getan hat“, stellte die Richterin zu Beginn ernüchternd fest. Dann präsentierte der Kläger doch ein Angebot in Höhe von 50.000 Euro. In einer ersten Reaktion erklärte der Rechtsvertreter des Stiftes den Betrag für zu hoch, nannte seinerseits aber keinen Summe, die das Stift zu zahlen bereit wäre. Am Ende der Verhandlung signalisierte man dann Interesse an Vergleichsgesprächen: „Wir nehmen den Ball gerne auf.“ Spätestens nächste Woche werde sich das Benediktinerstift bei dem Kläger melden.