Kurz in Linz zum neuen ÖVP-Chef gewählt

Beim Parteitag der ÖVP im Linzer Design Center ist Sebastian Kurz am Samstag mit 98,7 Prozent zum Parteichef gewählt worden. Er präsentierte sich dabei als Mann aus der Mitte und weniger als Superstar, so ORF-Redakteur Gernot Ecker.

Sebastian Kurz tut heute alles, um sich als Mann aus der Mitte der Partei und weniger als Superstar zu präsentieren. Keine Fanfaren beim Einzug, Platz nimmt er in der Mitte der Halle, nicht vorne in der ersten Reihe, neben ihm seine Freundin Susanne und seine Eltern. Die Delegierten begrüßt Kurz auch von diesem Platz aus. Generalsekretärin Elisabeth Köstinger führt durch den Parteitag, auf einer Bühne bestehend aus Baucontainern und der Aufschrift: die neue Volkspartei und Zeit für Neues.

Sebastian Kurz

APA/Hans Punz

"Mit dir werden wir vor allem vorankommen“

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer eröffnet als Hausherr: „Willst du weiterkommen musst du nach Oberösterreich kommen und lieber Sebastian du hast das ganz rasch aufgegriffen, wörtlich genommen – mit dir werden wir weiterkommen, mit dir werden wir vor allem vorankommen“. Dann die Verabschiedung des alten Parteiobmanns und Vizekanzlers Reinhold Mitterlehner. Kritisch, mit Zwischenbemerkungen, die aufhorchen lassen, verabschiedet er sich heute von der Parteispitze.

Er sehe heute viele bekannte und vertraute Gesichter, die ihm vor nicht allzulanger Zeit noch mit 99,1 Prozent des Vertrauens ausgesprochen hätten, sagt er: „Es muss uns schon nachdenklich stimmen, wenn ich jetzt in der Reihe der vierte Parteiobmann hintereinander bin, der seine erste Funktionsperiode nicht vollendet“.

Statuten ohne Gegenstimme beschlossen

Die Änderungen der Geschäftsordnung werden ohne Gegenstimme angenommen. Die Delegierten geben Sebastian Kurz Macht in die Hand, die noch kein ÖVP-Obmann in der Geschichte der Partei hatte: Kurz darf allein die Bundesliste erstellen, in Landeslisten eingreifen, Generalsekretäre allein bestellen und allein über ÖVP Regierungsmitglieder und mögliche Koalitionsverhandlungen bestimmen. In seiner Rede kommt dann mehrmals der Appell, sich die Dinge nicht schönzureden. In Österreich fehle oft eine echte Veränderungsbereitschaft, so Kurz.

„Nicht zufrieden geben“

Man dürfe sich nicht zufrieden geben, wo man jetzt stehe: „Es reicht aus meiner Sicht nicht, zu sagen ‚Wir haben das beste Sozialsystem der Welt‘ obwohl wir wissen, dass wir jedes Jahr mehr investieren und die Qualität nicht wirklich steigt. Es reicht, denk auch nicht zu sagen, dass wir besser durch die Krise gekommen sind als andere obwohl es mehr und mehr Länder auch in Europa gibt die uns schrittweise aber doch überholen. Und es reicht vor allem auch nicht, die Willkommens-Kultur zu beschwören ohne dran zu denken wie das mit der Integration in den Jahren danach funktionieren soll. Hören wir bitte auf damit, die Dinge schön zu reden und sagen wir lieber ehrlich was Sache ist in unserem Land“, so Kurz.

Abbau der Bürokratie, Steuer- und Abgabensenkung, Nulltoleranz gegenüber politischem Islamismus, Leistungsbereitschaft und Integrationswille - das propagiert Kurz heute auf dem Parteitag und eröffnet damit auch ganz klar offiziell den Wahlkampf für die ÖVP. Der werde immer schmutziger werden, prognostiziert er und fordert seine Partei auf, sich daran nicht zu beteiligen.

Und er wiederholt einmal mehr seine außenpolitische Forderung. „Vor allem dürfen kein System aufrechterhalten das dazu führt, dass jedes Jahr mehr Menschen im Mittelmeer ertrinken. Das ist meiner Meinung nach weder christlich noch sozial. Und ich sag daher sehr klar die Mittelmeerroute gehört geschlossen, und besser heute als morgen.“

ÖVP-Bundesparteitag in Linz: Standing Ovation für Reinhold Mitterlehner

ORF

Kurz 98,7 Prozent, Mitterlehner 99,1 Prozent

Dann die Wahl von Kurz und seinen Stellvertretern, einer davon ist ja Thomas Stelzer. 464 Stimmen wurden für Sebastian Kurz abgegeben, „das entspricht 98,7 Prozent“, so Claudia Tanner, die Leiterin der Wahlkommission. Zum Vergleich: Reinhold Mitterlehner hatte zuletzt 99,1 Prozent. Wie auch immer, die Partei setzt also alles auf eine Person, auf Sebastian Kurz. Alles neu, aus schwarz ist heute türkis geworden, aus der ÖVP die Liste Kurz und eine neue ÖVP. Offenbar mit der vollen Überzeugung, am 15. Oktober erster zu werden. Wenn nicht, dann könnte aus dem Neuen sehr schnell wieder Altes werden.

Gernot Ecker /ooe.ORF.at

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Erstes Interview für Oberösterreich heute

Unmittelbar nach dem Bundesparteitag führte der Chefredakteur Johannes Jetschgo mit dem neuen ÖVP-Parteichef Sebastian Kurz ein Gespräch zu Veränderungen, Zielen und Grundwerten.

Mächtiger Vertrauensvorschuss

Die 98,7 Prozent seien ein mächtiger Vertrauensvorschuss, so Kurz. Die Veränderungen wurden angenommen und es werde nicht bei den beschlossenen bleiben. In der Volkspartei gebe es ein strukturelles Problem – Stichwort Bünde - dazu habe er Vorschläge gemacht, „wenn man die Führung übernehmen soll, dann muss man ihn auf führen lassen“.

Es brauche viele für Veränderungen „ich setze ganz bewusst auf die Stärken aus der Volkspartei, aber wir sind auch offen für Menschen die neu mitmachen wollen“, so Kurz im ORF-Gespräch. Auf die Frage nach zwei Grundwerten, die dem neuen Parteichef wichtig seien, nannte Kurz Freiheit und Zusammenhalt.

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