Von Schlecker zu dayli - die Chronologie

Knapp ein Jahr hat das Gastspiel des davor fast unbekannten Investors Rudolf Haberleitner bei der Drogeriekette dayli gedauert. Seine Ankündigungen waren stets groß, doch schon von Beginn an wurden die Pläne des 68-Jährigen von vielen in Zweifel gezogen.

Haberleitner wollte aus dem früheren Drogerieriesen Schlecker mit ramponiertem Image einen Nahversorger bauen, ein „Bauchladengeschäft“, das vom Autoservice bis zur Zahnbürste alles anbietet. Gescheitert sind daran schon andere, Sonntagsöffnung hin oder her.

Die Chronologie

31. Juli 2012: Nach dem endgültigen Aus von Schlecker in Deutschland übernimmt Haberleitner über die Restrukturierungsgesellschaft TAP09 (TAP steht für Turnaround Platform) 1.350 Schlecker-Standorte in Österreich, Italien, Polen, Belgien und Luxemburg. Allein in Österreich können mehr als 3.000 Beschäftigte aufatmen, wenngleich die österreichische Schlecker-Tochter selbst von der Insolvenz nicht betroffen war. Die neuen Eigentümer geben der Drogeriekette den Namen dayli. Aus markenrechtlichen Gründen wird der Name kurze Zeit später in dayli umbenannt, was dem neuen Investor viel Spott einbringt.

15. August 2012: Haberleitner holt den langjährigen dm-Manager Peter Krammer als operativen Vorstand an Bord. Er selbst fungiert als Vorstandsvorsitzender (CEO). Erst im Mai 2013 ist das dayli-Management mit dem Einzug von Hanno Rieger, ehemaliger Österreich-Chef bei Lidl, als CMO (Chief Marketing Officer) und Andreas Bachleitner, zuletzt ADEG-Vorstand, als Finanzvorstand (CFO) komplett.

23. November 2012: Völlig überraschend steigt der Glücksspielkonzern Novomatic zu 50 Prozent als Finanzinvestor bei dayli ein. In der Glücksspielbranche wird der Einstieg als kluger Schachzug gewertet. Der niederösterreichische Konzern könnte sich so langfristig Standorte für Glücksspielsalons sichern, im Falle, dass dayli-Filialen zusperren, könnte Novomatic als Eigentümer laufende Mietverträge des Einzelhändlers übernehmen, wird spekuliert. Später wird bekannt, dass Novomatic für seinen Anteil einen Euro sowie ein Darlehen von zehn Mio. Euro gezahlt hat.

30. Dezember 2012: Haberleitner kündigt an, rund 600 ehemalige Schlecker-Filialen in Deutschland reaktivieren zu wollen. Bereits im Frühjahr sollen die ersten Filialen öffnen. Der Deutschland-Start muss wegen fehlender Finanzmittel mehrmals verschoben werden. Wegen fehlender Unterstützung in Österreich stellt Haberleitner die Übersiedlung des Firmensitzes nach Deutschland in den Raum und droht mit dem kompletten Rückzug aus Österreich. Bis dato wurde noch kein einziger dayli-Standort in Deutschland eröffnet.

17. Jänner 2013: Dayli macht in Pöggstall in Niederösterreich und Linz-Ebelsberg die ersten Filialen mit dem neuen Nahversorgerkonzept auf. In den Regalen findet sich ein Sammelsurium aus frischem Obst und Gemüse, Mehl, Sojadesserts, Fertiggerichten, Kochlöffeln, Pfannen, Aktenordnern, Kosmetik- und Hygieneartikeln, Zigaretten, Zeitschriften, Kleidung usw. Haberleitner stellt auch Dienstleistungen vom Einkaufskorb-Heimtragen, Fotodrucken, Scannen und Faxen bis zu Beratungen im Versicherungsbereich und Leihwagen in Aussicht. In den neuen Filialen gelten auch neue Öffnungszeiten, sonntags von 9.00 bis 18.00 Uhr und unter der Woche je nach Standort von 7.00 bis 20.00 Uhr. Die gesetzliche Grundlage dafür sieht das Unternehmen in einer Gastronomiekonzession geschaffen, zumal jeder Standort über ein Bistro verfügen soll. Das ist der Beginn eines monatelangen Streits über die Sonntagsöffnung.

9. April 2013: Bei der ersten Pressekonferenz seit der Übernahme kündigt das dayli-Management an, in Österreich in allen damals 885 Filialen sonntags aufsperren zu wollen, und legt sich damit mit Gewerkschaft, Kirche und Politik an. Außerdem räumt Haberleitner einen Finanzbedarf von 114 Mio. Euro allein für 2013 für den Umbau bestehender Filialen sowie für Neueröffnungen ein.

25. April 2013: Miteigentümer Novomatic schaltet sich in den Streit über die Sonntagsöffnung ein und pfeift dayli zurück. Bis die Rechtslage eindeutig geklärt ist, lasse dayli seine Geschäft am Sonntag zu, so Novomatic.

26. April 2013: Eine Gesetzesänderung vereitelt die Pläne zur Sonntagsöffnung. Nach Anzeigen und Klagen wegen unlauteren Wettbewerbs schiebt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) allem einen Riegel vor und ändert die Gewerbeordnung dahingehend, dass der sonntägliche Warenverkauf mit Gastgewerbekonzession künftig nur dann erlaubt ist, wenn der Charakter des Betriebes als Gastgewerbe auch tatsächlich gegeben ist. Es reiche also nicht aus, als Drogeriemarkt „einen Getränkeautomat aufzustellen und Leberkäsesemmeln zu verkaufen“, so Gewerkschafter Wolfgang Katzian (SPÖ).

18. Mai 2013: Dayli hat Finanzierungsprobleme und ersucht deshalb seine Lieferanten um einen Zahlungsaufschub.

22. Mai 2013: Novomatic gibt in der Nacht bekannt, aus seiner Beteiligung an dayli wieder auszusteigen und seinen Hälfteanteil an Haberleitner zurückzugeben. Der Glücksspielkonzern stellt das gewährte Darlehen in der Höhe von zehn Mio. Euro nicht sofort fällig und bleibt damit als „Finanzinvestor“ an Bord.

23. Mai 2013: Dayli-Vorstand Krammer kündigt an, in den nächsten Tagen bis Wochen einen neuen Investor präsentieren zu wollen.

27. Mai 2013: Kreditschützer äußern ernsthafte Bedenken über die Geschäftsentwicklung und werten die Bitte um Zahlungsaufschub als „Eingeständnis drohender Insolvenz“.

29. Mai 2013: Dayli meldet 560 Mitarbeiter beim Arbeitsmarktservice (AMS) an und gibt bekannt, rund 180 der 885 Filialen in Österreich zu schließen. Außerdem wird das Aus für das Verteilerzentrum Gröbming in der Obersteiermark mit 68 Mitarbeitern vermeldet.

20. Juni 2013: Die Drogeriemarktkette baut 336 Mitarbeiter ab und gibt bekannt, 103 Filialen zu schließen.

28. Juni 2013: Bei dayli spitzt sich die Lage weiter zu. Ende des Monats sind Gehälter sowie Urlaubsgeld für rund 3.000 Mitarbeiter in Österreich fällig. Zusätzlich müssen gestundete Lieferantenverbindlichkeiten bedient werden.

30. Juni 2013: Für den Firmeneigentümer wird „die Zeit extrem knapp“. Es soll noch „laufende Gespräche“ mit Investoren geben. Erneut Kritik übt Haberleitner an den heimischen Banken, die ihm keinen Kredit gewähren wollten.

1. Juli 2013: Die Juni-Gehälter und Urlaubsgelder werden nicht fristgerecht ausbezahlt. Dayli-Lieferanten drohen damit, den Insolvenzantrag zu stellen. Haberleitner wird in Italien von vermeintlichen Geschäftspartnern um eine Million Euro geprellt. Im Raum steht auch ein Verdacht auf Geldwäsche. Haberleitner könnte deswegen von der Wiener Polizei im Auftrag der italienischen Behörden befragt werden.

3. Juli 2013: Dem Kreditschutzverband 1870 wird das Hin und Her um die Drogeriekette zu viel. Er droht im Auftrag von 15 Lieferanten, den Konkursantrag einzubringen, sollte das Unternehmen nicht selbst den Insolvenzantrag stellen.

4. Juli 2013: Dayli stellt Antrag auf ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung. Mit dem Insolvenzantrag hat dayli einen neuen Eigentümer: die ICU Unternehmensberatung GmbH von Martin Zieger.

12. Juli 2013: 355 Filialen werden geschlossen. 1.261 der 3.468 Beschäftigten verlieren ihren Job. Die restlichen 522 Filialen werden weitergeführt. Um weitermachen zu können, benötigt die Drogeriekette 40 Millionen Euro von Investoren. Sollte bis spätestens Ende Juli kein Investor gefunden werden, geht die Insolvenz in eine geordnete Liquidation über.

19. Juli 2013: Haberleitner, der im Zuge der Insolvenz zum Geschäftsführer wurde, wird vom aktuellen Eigentümer Martin Zieger als Geschäftsführer abberufen.

30. Juli 2013: Masseverwalter Rudolf Mitterlehner meldet alle verbliebenen 2.200 Mitarbeiter beim Arbeitsmarktservice an. Mitterlehner spricht von einer Vorsichtsmaßnahme. Die Suche nach Investoren läuft weiter.

12. August 2013: Nachdem keine Investoren gefunden werden, die eine Bankgarantie vorlegen könnten, soll die Drogeriemarkt geschlossen werden. Zentrale und Regionallager sollen noch offen gehalten werden, um die Abwicklung zu begleiten.