Keine Adoption: Blindes Paar gegen Land

In Linz hat am Mittwoch die Gerichtsverhandlung eines blinden Paares gegen das Land OÖ stattgefunden. Die Trauner wollen ein Kind adoptieren, die Jugendwohlfahrt hält das Paar aber nicht für geeignet. Die Verhandlung wurde vertagt.

Bei der Verhandlung am Mittwoch erklärte eine leitende Sozialarbeiterin als Zeugin zur negativen Entscheidung: „Die Blindheit war nicht das Hauptargument, es war eine Gesamtwürdigung.“ Ihre Behörde überprüfe generell, ob die Kläger für eine Adoption geeignet seien, wobei es sich um ein standardisiertes Verfahren handle. Bei der Erörterung von Fallsituationen sei klar geworden, dass viele Pflegeleistungen für das Kind von Fremden übernommen werden sollten, so die Zeugin.

Eltern müssen für das Kind gefunden werden

Nicht zufrieden war die Behörde auch mit der Äußerung der Kläger in Bezug auf Fähigkeiten, die ein Kind erwerben sollte: Dass einem Kind nicht alles angeboten werden müsse, im konkreten Fall Radfahren, „war uns zu wenig“, stellte die Sozialarbeiterin fest. „Unsere Aufgabe ist es, für ein Kind Eltern zu finden und nicht geeignete Kinder für Eltern.“ Auf die Frage, ob es auch eine Ablehnung gegeben hätte, wenn die Adoptionswerber nicht blind wären, antwortete die Zeugin: „So wie ich es jetzt einschätze, ja“.

Weitere Zeugeneinvernahmen

Die Verhandlung wird mit weiteren Zeugeneinvernahmen und der Erörterung des gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu einem neuen Termin fortgesetzt.

Antrag 2010 abgelehnt

Das blinde Paar aus Traun kämpft seit Juni 2010 darum, ein ebenfalls blindes Kind aus einem Entwicklungsland adoptieren zu dürfen. Doch die Jugendwohlfahrt im Bezirk Linz Land ist der Meinung, dass die beiden für eine Adoption nicht geeignet sind, und lehnte den Antrag ab.

Blindes Paar

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Antrag auch in Wien abgelehnt

Daraufhin zog das Paar nach Wien und stellte dort ebenfalls einen Antrag. Doch auch die Behörden in Wien lehnten ab. Dabei habe die Behinderung aber keine Rolle gespielt, sondern der Gesamteindruck habe entschieden, heißt es in der Begründung. Mehr dazu in Blindes Paar darf auch in Wien kein Kind adoptieren (wien.ORF.at; 8.11.2011).

Das blinde Paar übersiedelte wieder zurück nach Oberösterreich und klagte daraufhin das Land Oberösterreich wegen Diskriminierung. Das Land weist diesen Vorwurf zurück. Verhandelt wird am Mittwochnachmittag am Bezirksgericht Linz.

Wer darf in OÖ. Kinder adoptieren - das Procedere

Wer sich in Österreich um eine Adoption bemüht, muss sich einem peniblen Eignungsverfahren stellen. Und auch wer das etwa ein Dreivierteljahr dauernde Prozedere positiv abschließt und einen Platz auf der Warteliste ergattert, muss nicht unbedingt zum Zug kommen. „Wenn wir ein Baby zu vergeben haben, suchen wir immer den bestmöglichen Bewerber aus. Es geht um das Kind und dass wir die optimalen Eltern finden“, betonte Astrid Mitter-Stöhr, Juristin in der Jugendwohlfahrt OÖ.

Das Mindestalter

Die erste Hürde besteht in einem Mindestalter: 30 für Männer und 28 für Frauen. Dies und vieles andere erfahren die Werber bei einem Erstgespräch, wo über Grundsätzliches informiert wird. Darauf folgt ein Einführungsvortrag und ein weiteres Treffen mit einem Sozialarbeiter, bevor das verpflichtende Eignungsverfahren beginnt.

Gesundheitscheck

Erster Punkt ist hier ein Gesundheitscheck: Ist man körperlich überhaupt in der Lage, ein Kind zu erziehen oder bestehen Vorbehalte. „Ist man etwa so krank, dass man drei Viertel des Tages im Bett verbringen muss und sich nicht um den Nachwuchs kümmern kann?“, erläuterte Mitter-Stöhr. Ein entsprechendes Attest kann etwa der Hausarzt erstellen.

Finanzielle Basis

Gecheckt wird auch die finanzielle Basis, wobei man kein Millionär sein muss, aber dem Sprössling ein gutes Fortkommen ermöglichen soll. Bei ein oder zwei Hausbesuchen werden die Wohnverhältnisse überprüft. Stünde ein Zimmer zur Verfügung, sind die vier Wände völlig verdreckt oder bestehen Gefahrenquellen? Zwei Besuche bei Psychologen sollen die allgemeine Erziehungsfähigkeit und ein Strafregisterauszug etwaige Vorstrafen überprüfen.

„All diese Einzelfaktoren werden in einer Gesamtschau bewertet, ob etwas gegen die Weiterführung des Verfahrens spricht“, so die Juristin. Passt alles, wird an zwei Wochenenden ein Seminar absolviert, von wo es ebenfalls ein Feedback gibt, wenn die Werber „sehr, sehr auffällig“ sind. Nun noch einmal zum Sozialarbeiter, der entscheidet, ob das Eignungsverfahren abgeschlossen wird und die Kandidaten auf die Liste genommen werden.

100 Paare, zwölf Kinder

Diese Liste umfasst in Oberösterreich etwa 100 Paare, denen lediglich zwölf Kinder gegenüberstehen, die 2011 im Land adoptiert wurden. Deshalb kann die Wartezeit ein paar Jahre betragen - oder man kann auch überhaupt nicht zum Zug kommen, wenn es noch „bessere“ Kandidaten gibt. Deshalb entscheiden sich immer wieder Bewerber für eine Auslandsadoption, 2011 waren es im Land ob der Enns drei. Aber auch diese müssen das Eignungsverfahren positiv abgeschlossen haben, unterstrich Mitter-Stöhr.

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Keine Adoption: Blindes Paar klagt