100.000 Euro für verschwundene Schiele-Zeichnung

Die Stadt Linz muss 100.000 Euro Schadenersatz für eine verschwundene Zeichnung von Egon Schiele zahlen. Das Werk „Paar“ war 1951 gemeinsam mit drei weiteren Bildern an die „Neue Galerie“ der Stadt, das heutige Lentos Kunstmuseum, verliehen worden.

Das berichtet das Kunstmagazin „Vernissage“ in seiner aktuellen Ausgabe. Als die Nachkommen der ursprünglichen Eigentümerin es zurückwollten, war es nicht mehr auffindbar. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit hat der Oberste Gerichtshof (OGH) nun den Erben recht gegeben. Ab Jänner wird um drei weitere Bilder prozessiert, der Streitwert beträgt dann 2,5 Mio. Euro, wie der Linzer Kulturdirektor Julius Stieber erklärte.

Vier Bilder als Leihgaben überlassen

Eine Kunstmalerin und -sammlerin hatte 1951 der neuen Galerie der Stadt Linz vier Bilder als Leihgaben überlassen: die Zeichnung „Zwei Liegende“ von Gustav Klimt sowie die Schiele-Werke „Junger Mann“ (Aquarell), „Tote Stadt“ (Ölgemälde) und „Paar“ (Zeichnung). Mittlerweile sind sie alle verschwunden. Die Erben zogen zunächst nur wegen dem „Paar“, das laut einem Gutachten heute einen Kaufpreis von 150.000 Euro bis 250.000 Euro erzielen würde, vor Gericht.

Übernahmebestätigung vorgelegt

Sie legten eine Übernahmebestätigung vor. Im Briefkopf wird Wolfgang Gurlitt, Kunstsammler und Gründer der Neuen Galerie, genannt. Unterzeichnet hat das Papier Walter Kasten, ab 1947 stellvertretender Leiter und später Direktor der Neuen Galerie. Nach Ansicht der Erben erfolgte die Leihgabe an die städtische Galerie, gemäß der Auffassung der Stadt Linz an die private Sammlung Gurlitt. Der OGH gab den Erben recht und sprach ihnen 100.000 Euro Schadenersatz zu.

„Entscheidung nicht nachvollziehbar“

Linz werde natürlich bezahlen, so Stieber nach dem letztinstanzlichen Urteil. Nachvollziehen könne man die Entscheidung aber nicht. Die Stadt sei nach wie vor der Ansicht, dass das Bild nicht an die Neue Galerie verliehen worden sei, sondern an Gurlitts Privatgalerie, die dieser damals parallel betrieben und erst 1953 an die Stadt übergeben habe. Auch Walter Kasten sei damals noch nicht im Sold der Stadt gestanden, sondern bei Gurlitt angestellt gewesen, so die Position der Stadt. Dieser Argumentation schloss sich der OGH aber nicht an.

Streitwert liegt bei rund 2,5 Mio. Euro

Der nächste Prozess startet im Jänner im Landesgericht Linz, berichtete Stieber. Diesmal geht es um die drei übrigen Bilder, der Streitwert liege bei rund 2,5 Mio. Euro. An einem Vergleich seien die Kläger offenbar nicht interessiert, er erwarte daher, dass sich das Verfahren wieder durch alle Instanzen ziehen werde, so der Kulturdirektor. Wie die Stadt diesmal argumentieren werde, wollte er noch nicht sagen, man lasse sich von Experten beraten.

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