Glockenstreit: Warten auf Urteil

Die Gerichtsverhandlung über die Klage eines Anrainers gegen die nächtlichen Glockenschläge des Linzer Mariendoms ist am Freitag im Landesgericht Linz geschlossen worden. Das Urteil ergeht schriftlich zu einem vorerst unbekannten Zeitpunkt.

Allerdings: Sollte Richterin Amalia Berger-Lehner noch etwas zum Erstellen ihres Spruches fehlen, kann sie das Verfahren erneut öffnen.

„Panikreaktionen und Schweißausbrüche“

Der auf Unterlassung klagende Anrainer - vertreten vom Wiener Anwalt Wolfgang List - führt an, seine Gesundheit sei durch das Schlagen der Glocken der Kirchturmuhr zu jeder Viertelstunde auch in der Nacht zwischen 22.00 und 6.00 Uhr - insgesamt 222 Schläge - gefährdet. Er leide an Schlafstörungen und als Folge davon diversen Symptomen wie Panikreaktionen, Schweißausbrüchen, Erschöpfungs- sowie Ermattungszuständen - zusammengefasst: „wie bei einem Burn-out“.

Dompfarrer: „Ich leide nicht“

Dompfarrer Maximilian Strasser bezeichnet den Gebrauch der Glocken als schon lange praktiziert. Auch er wohnt neben der Kirche: „Ich leide nicht.“ Die Beschwerden des Klägers habe er ernst genommen, aber nach Rücksprache mit dem Pfarrgemeinderat seinen Wünschen nach Änderung nicht entsprochen. Sein Anwalt Wolfgang Graziani-Weiss stellte den wissenschaftlichen Wert einer Studie der ETH Zürich über die Beeinträchtigung von Menschen durch Glockenlärm sowie das Ergebnis einer Lärmmessung im Auftrag des Klägers infrage. Außerdem gab er zu bedenken: „In der Linzer Innenstadt ist es grundsätzlich lauter als auf einer Almwiese in Tirol.“

Erneuter Vergleichsversuch scheiterte

Gleich zu Beginn des Verfahrens im heurigen Februar versuchte die Richterin einen Vergleich zu erreichen. Tatsächlich kam es zunächst zu einem Kompromiss, dass die Glocken zwar weiter ertönen sollten, jedoch von 23.00 bis 5.00 Uhr ohne den sogenannten Stundennachschlag. Aber weil dem Anrainer die Glocken noch immer zu laut waren, wollte er eine Fortsetzung der Verhandlung. Nachdem am Freitag ein erneuter Vergleichsversuch scheiterte, wird es zu einem „Urteil im Namen der Republik“ kommen.

„Liturgisches Läuten“ und „Zeitschlagen“

Die Richterin befragte in der Verhandlung die beiden Kontrahenten. Sie ließ sich die Entwicklung der mit einem Gespräch im Herbst 2013 begonnenen Auseinandersetzung von beiden Seiten schildern. Dabei stellte sich heraus, dass es inhaltliche Unterschiede zwischen den Begriffen liturgisches Läuten und Zeitschlagen gibt, letzteres habe aber auch eine religiöse Bedeutung, wie der Dompfarrer meint. Wesentlich für ein Urteil wird sein, seit wann die aktuelle Läutordnung besteht und wer sie erließ, was nur zum Teil zu klären war.

Ebenso unscharf blieb, wer überhaupt für die Betätigung der Glocken verantwortlich und damit Adressat der Unterlassungsklage ist: Die in den Dom eingemietete, von Dompfarrer und Pfarrgemeinderat geleitete Pfarre oder der Eigentümer, die Bischof Rudigierstiftung, in dessen Domkapitel der Pfarrer Mitglied ist.

Links: