Gänse ohne ihre Lebenspartner gestresst
Ein Team um die Biologin Claudia Wascher hat an der Forschungsstation in Grünau im Almtal (Bezirk Gmunden) acht Pärchen einer frei lebenden, aber zweimal täglich von den Forschern gefütterten Gänseschar getrennt. Die Männchen (Ganter) und Weibchen konnten einander aus den Vogelvolieren weder hören noch sehen, erklärte Didione Frigerio vom Forscherteam. In dieser Zeit und danach untersuchten sie die Blut- und Kotproben bei beiden Geschlechtern gezielt nach Anzeichen von Stress und Parasiten.
Universität Wien/KLFGrünau
Stresssymptome bereits nach zwei Stunden
Graugänse bilden oft lebenslange Partnerschaften, im Durchschnitt waren die untersuchten Paare schon drei Jahre zusammen. Schon nach wenigen Stunden nach der Trennung vom Partnertier verlangsamte sich ihr Herzschlag, der Kreislauf arbeitete langsamer - die Wissenschaftler konnten mehr Stresshormon im Kot nachweisen.
Auch bei ihren Immunzellen (Leukozyten) zeigten sich Änderungen, die auf Stress hindeuten. Außerdem veränderte sich bei den getrennten Männchen und Weibchen das Verhältnis zwischen roten und weißen Blutkörperchen.
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Auch das sei als Antwort auf eine nicht unbedingt positive Herausforderung zu sehen, so Wascher, die mittlerweile an der Anglia Ruskin University in Cambridge (England) forscht. In der Folge war auch das Immunsystem der Gänse geschwächt. Als die Paare wieder zusammenkamen verschwanden auch die Symptome wieder.
45 Jungvögel: „Wir hatten Babyboom“
Die Forschungsstation betreut zurzeit 175 Graugänse, darunter sind 15 Familien. Mit 45 Jungvögeln ist das Jahr 2017 für die Forschungsstation ein besonders erfreuliches. „Wir hatten, wenn man das so sagen kann, einen richtigen Babyboom“, so Frigerio.
Universität Wien/KLFGrünau
Wie beim Menschen gibt es auch bei den Graugänsen lebenslange Partnerschaften, auch gleichgeschlechtliche, Dreiecksbeziehungen und Singles – „und auch Scheidungen und Seitensprünge“. Die Partnerschaft wirke sich auf die Körperfunktionen und letztlich auch auf den Bruterfolg und damit auf den Bestand der Gänse aus, so die Wissenschaftler in einer Schlussbetrachtung.
ORF-Redakteur Franz Zeller gestaltete 2003 für ZIB 1 einen Beitrag über Konrad Lorenz:
Konrad Lorenz (1903 bis 1989) etablierte die Wissenschaft der Verhaltensforschung und machte klar, dass die Psychologie von Tier und Mensch in der Tat untrennbar ist. Breite Publikumswirkung erzielte er als „Gänsevater“, als ihm eine Schar Junggänse auf Schritt und Tritt folgte und im Teich hinterherschwamm, als sei es die natürlichste Sache der Welt.