Gesundheitsökonom kritisiert Gehaltssystem

Sehr deutliche Worte zum derzeitigen Konflikt zwischen dem Land OÖ und den Spitalsärzten kommen vom Gesundheitsökonomen Ernest Pichlbauer aus Wels. Er kritisiert ein veraltetes Gehaltssystem und teils eklatante Einkommensunterschiede zwischen Jungärzten und Fachärzten.

Das Grundübel, so sagt Pichlbauer, liege zum einen im großen Anteil der Ambulanzgebühren am Gehalt der Ärzte. Etwas, das es in keinem anderen Bundesland in dieser Dimension gebe. Zum zweiten sei dieses System der Ambulanzgebühren sehr intransparent und auch für junge Ärzte, die man im Land halten wolle, nicht nachzuvollziehen, so Pichlbauer. Der Gesundheitsökonom rechnet fest damit, dass den heimischen Spitälern in der nächsten Zeit guter Ärzte abhanden kommen werden.

„Oberösterreich ist ein besonderes Bundesland“

„Oberösterreich ist auf jeden Fall, was die Gehaltszusammenstellung betrifft, ein besonderes Bundesland. Es ist das einzige Bundesland, in dem es noch in relevanter Größenordnung Ambulanzgebühren gibt. Die Grundgehälter in Oberösterreich dürften, ein richtiger Überblick fehlt ja hier, auch am niedrigsten sein, und wie weit die Überstundenbezahlung im Vergleich zu anderen Bundesländern funktioniert, darüber gibt es praktisch überhaupt keine Chance, irgendwie einen Überblick zu erhalten.“

„Keine Transparenz der Gehälter“

Auf die Frage, warum es für die Verhandlungspartner so schwer sei, im Interesse der Patienten vorwärtszukommen, sagte Pichlbauer: „Abgesehen mal davon, dass es meiner Meinung nach zwischen den Chefverhandlern klimatisch ein paar Probleme gibt, ist einfach die Transparenz des Einkommens in Oberösterreich nicht gegeben, so dass die Vergleichbarkeit, vor allem für Jungärzte, sehr, sehr schwer wird. Dann haben wir in Oberösterreich sicher auch noch das Problem, dass eine sehr hohe Krankenhaushäufigkeit sehr viele Ärzte verlangt. Das sind Parameter, die nicht gerade dienlich sind, um so eine Verhandlung zu führen.“

„Verteilung der Ambulanzgebühren intransparent“

Auf die Frage, ob Oberösterreich ein veraltetes System der Ärztehonorierung nach wie vor am Leben erhalte, sagte Pichlbauer: „Ich denke schon. Besonders die Ambulanzgebühren und auch die Verteilung der Sonderklassen stammen noch aus dem 20. Jahrhundert, und da hat sich sehr, sehr viel getan. Und hier Leistungsanreize zu setzen, möglichst viele ambulante Patienten im Spital zu halten, ist sicherlich nicht gut. Umso mehr, als die Verteilung dieser Ambulanzgebühren dann ebenfalls noch intransparent abläuft. Und das ist gerade für Jungärzte, die im Land gehalten oder ins Land angelockt werden sollen, sicherlich nicht gerade leicht durchschaubar.“

„Ärzte können erstmals mitentscheiden“

Pichlbauer rechnet übrigens fest damit, dass den heimischen Spitälern in der nächsten Zeit guter Ärzte abhanden kommen werden. Österreich erlebe jetzt auch einen Wettbewerb zwischen den Bundesländern und nicht nur mit dem Ausland.

Pichlbauer: „Warum jetzt auch im Mittelbau große Schwierigkeiten auftreten, ist von außen her betrachtet nicht so leicht zu verstehen. Es könnte aber schon damit zusammenhängen, dass hier jetzt österreichweit ein Problem entsteht. Durch diese neue EU-Regelung gibt es jetzt einen Aufschwung, es ist das erste Mal, dass Ärzte wirklich selbst entscheiden können, wie sie die Gehaltverhandlungen beeinflussen. Das gab es vorher noch nie, das haben immer die Ärztekammer, die Gewerkschaft oder das Land für sie praktisch vereinbart. Ich glaube, dass diese Bewegung jetzt auch Oberösterreich erfasst hat.“

„Hier hat die Politik definitiv geschlafen“

Auf die Frage, ob diese Bewegung im Prinzip schon 2003 einsetzen hätte können, sagte Pichlbauer: „So ist es, hier hat die Politik definitiv geschlafen. Das wird auch von einigen mutigen Landesräten so zugegeben. Man hat hier eine Kopf-in-den-Sand-Politik betrieben, von der klar war, dass sie am Ende des Tages nicht aufgehen wird. 2003 – das war vor der Wirtschaftskrise – gab es genug Spielraum, hier vernünftige Strukturen einzurichten. Aber man hat sich halt in der Situation gefallen, möglichst viele Spitäler, möglichst günstige Ärzte, die man möglichst lange in den Spitälern lässt. Das ist halt jetzt vorbei.“

„Mehr Transparenz gefordert“

Ob die Gefahr bestehe, dass die Spitäler mittelfristig gute Ärzte verlieren, darauf sagte Pichlbauer: „Das ganz sicher. Je intransparenter und unlogischer ein Gehaltssystem ist, desto sicherer werden Ärzte das Land verlassen. Die Formel wäre mehr Transparenz und vor allem auch mehr Transparenz in Richtung der neu einsteigenden Ärzte ist ganz sicher eine ganz große Herausforderung. Österreich erlebt gerade innerhalb der Bundesländer einen starken Wettbewerb, und jetzt natürlich auch mit dem EU-Ausland. Wer da versucht, mit irgendwelchen Geheimverhandlungen Ärzte an Land zu binden, wird ziemlich sicher keinen Erfolg erzielen.“

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