Buch: Neun NS-Opfer „im Zeugenstand“

Der oberösterreichische Autor und Filmemacher Bernhard Rammerstorfer präsentiert ein neues Buch, in dem neun noch lebende von den Nationalsozialisten Verfolgte späteren Generationen ihr Vermächtnis hinterlassen.

Die neun NS-Opfer, die aus rassistischen, politischen-ideologischen oder religiösen Gründen verfolgt wurden, stammen aus fünf Ländern. Sie waren in 51 verschiedenen Lagern oder Anstalten. Zusammengerechnet haben sie ein Lebensalter von 806 Jahren - ein erheblicher Erfahrungsschatz. Unter ihnen befinden sich zwei, deren Lebensgeschichte die Grundlage für Oskar preisgekrönte Filme - unter anderem „Die Fälscher“ - bildete, sowie zwei über 100-Jährige.

Bei letzteren handelt sich um den weltweit ältesten KZ-Überlebenden Leopold Engleitner aus Oberösterreich und den letzten lebenden „Doppelverfolgten“ unter zwei deutschen Diktaturen, Richard Rudolph aus Schleswig-Holstein. Er wurde als Zeuge Jehovas sowohl von den Nazis als auch in der DDR eingesperrt. Beide und auch andere berichten als Zeitzeugen immer wieder unter anderem in Vorträgen in Schulen und an Universitäten über ihre Erlebnisse.

Autor Bernhard Rammerstorfer und Zeitzeuge Leopold Engleitner

APA/Beate Rammerstorfer

Autor Bernhard Rammerstorfer und Zeitzeuge Leopold Engleitner

Weil wegen ihres hohen Alters realistischerweise davon auszugehen ist, dass diese direkten Begegnungen nicht mehr lange möglich sein werden, hat Rammerstorfer sein Projekt gestartet, das Aufschluss zu zwei Fragenkomplexen geben soll: Was möchte die Jugend dieser Welt von den letzten Holocaust-Überlebenden und NS-Opfern wissen und welche Botschaft möchten diese den Jugendlichen hinterlassen?

Unterstützung renommierter Einrichtungen

Der Autor sammelte mit Unterstützung von renommierten Einrichtungen, wie dem United States Holocaust Memorial Museum in Washington und der Gedenkstätte Yad Vashem in Israel 1.400 Fragen von 61 Schulen und Universitäten in 30 Ländern auf fünf Kontinenten. Zusammen mit dem Politikwissenschaftler Walter Manoschek wählte er 100 aus. So wurde unter anderem nach Kindheit, Jugend und Familienverhältnissen, Details aus der Verfolgungszeit, den Lagerverhältnissen, dem schrecklichsten Moment, Überlebensstrategien und den persönlichen Lehren und Lebensweisheiten gefragt.

Die neun Zeitzeugen traten in den „Zeugenstand“ und antworteten in teilweise tagelangen Filminterviews und Gesprächen, obwohl sie durch traumatische Erlebnisse emotional schwer belastet sind und alte Wunden aufgerissen wurden. Sämtliche Antworten wurden auf historische Genauigkeit überprüft und bei Bedarf mit dem jeweiligen Überlebenden besprochen und ergänzt, versichert der Autor.

Link: