Erfahrungsaustausch mit Nordrhein-Westfalen

Die EU steht vor vielen offenen Fragen. Das wurde beim Besuch einer Delegation der Sparkasse OÖ im größten deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen klar. Vertreter von Politik und Wirtschaft nutzten vier Tage zum Erfahrungsaustausch.

Am größten deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) zeigen sich jene Fragen, die auch OÖ beschäftigen. Es brauche deshalb eine eigene Außenpolitik des Bundeslandes betont Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), der mit Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) und dem Welser Bürgermeister Andreas Rabl (FPÖ)an der Visite teilgenommen hat, deren Nutzen Wirtschaftsdelegierter Arnulf Gressel bestätigt: „Österreich exportiert nach Nordrhein-Westfalen mehr Waren als nach China“.

Mehrere Firmengebäude Düsseldorf

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Mehrere Firmengebäude Düsseldorf

Für die voestalpine ist Deutschland der größte Einzelmarkt des Konzerns, so der Direktor Reinhard Nöbauer. Und bezeichnenderweise hat gerade am Standort Düsseldorf in der Nachfolge des traditionsreichen Stahlbetriebs Böhler die voestalpine ihr weltweit führendes 3D Druck-Verfahren für fertige Metallteile eingerichtet, eine Technologie mit hohem Potential für die Autoindustrie. Die verbinde die deutsche und österreichische Wirtschaft. Und es müsse OÖ interessieren, dass deutsche Autobauer weltweit am Ball bleiben - man halte vor allem den chinesischen Markt, so NRW Ministerpräsident Armin Laschet (CDU): „Wenn man da auch in Zukunft bleiben will, muss man bei der Elektromobilität mehr tun“.

Mehrere Trends gleichzeitig gefordert

E-Mobilität im Stadtverkehr, moderner Diesel für Langstrecke - solche Doppelstrategien, die mehrere Trends bedienen, werden derzeit mehreren Branchen abverlangt: der Auto-, der Medienbranche aber auch den Finanzinstituten. Banken müssen den älteren Kunden genauso entsprechen wie der digitalen Zukunft, stellte Sparkassenvorstand Stefanie Huber fest: „Wir wollen unsere Filialen aufrecht erhalten, gleichzeitig auch digital uns weiterentwickeln, nach außen und auch innen, um Prozesse zu beschleunigen“.

Erste Reihe, v.l.: Thomas Stelzer, Stefanie Huber, Reinhard Nöbauer, Maximilian Pointner mit Wirtschaftsvertretern aus NRW (zweite Reihe)

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Erste Reihe, v.l.: Thomas Stelzer, Stefanie Huber, Reinhard Nöbauer, Maximilian Pointner mit Wirtschaftsvertretern aus NRW (zweite Reihe)

Und Peter Hornik, der Geschäftsführer einer startup Agentur, meinte mit Blick auf Autoindustrie und China: längeres Zögern wäre der größte Fehler: „Ich glaube wir unterschätzen hoffnungslos, was in China im Bereich Mobilitätsfragen bereits im oder kurz vor dem Einsatz ist“. Er sieht Österreich, Deutschland und die Schweiz in starker wirtschaftlicher Position „wir müssen nur etwas daraus machen und unseren eigenen Weg finden“.

Nordrhein Westfalen, enger gefasst das Ruhrgebiet um Düsseldorf, hat aus seiner Kohlezeit bestenfalls noch den rauhen Charme des Stadtbildes, das Klischee vom Ruhrpott verabschiede sich, sagte Österreichs Wirtschaftsdelegierter Arnulf Gressl. „Das sind alles führende Institutionen in Europa mit Exzellenzclustern“, innerhalb Deutschlands führe NRW in diesem Bereich sogar.

V.i.: Ministerpräsident Armin Laschet und LH Thomas Stelzer

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V.i.: Ministerpräsident Armin Laschet und LH Thomas Stelzer

Bildungsinstitutionen schaffen die Basis zum Wandel. Hornik bekräftigte, Bildung sei Voraussetzung für zukunftstaugliche Geschäftsmodelle. Und da gilt am Standort Düsseldorf trivago als Vorzeigefall für Innovation und Anpassung: „Das trivago, das es zum Start gab, hat heute nichts mit dem trivago von 2019 zu tun – es war nie als Metasuchmaschine für Hotels geplant“. Es sollte ein Reisejournal sein „nach zwei, drei Jahren erkannte man das Potential“. Hornik sieht darin die Botschaft, „bis ein Unternehmen wirklich erfolgreich ist, dauert es acht bis zwölf Jahre“.

Stelzer: Austausch untereinander wichtiger denn je

Für OÖs Standortpolitik eine Bestätigung, sagte Stelzer: „Es sind auch die Wege und Rezepte sehr ähnlich und darum ist es auch gut, dass wir uns hier austauschen können“. Der Austausch der Regionen Europas untereinander sei wichtiger geworden denn je. Ob in Sachen Autoindustrie oder Zukunft der Energieversorgung. Die Herausforderung der Zeit sei, dass die eingeschlagenen Wege noch nicht ganz abgeschätzt werden könnten.

Reinhard Nöbauer (M) zeigt LH Thomas Stelzer (L) und Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner Druckgusselement

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Reinhard Nöbauer (M) zeigt Thomas Stelzer (L) und Markus Achleitner (RE) ein Druckgusselement

Auch die Wirtschaftslage bleibt herausfordernd, so die Sparkassenvorstände Maximilian Pointner und Stefanie Huber unisono. Auch wenn die Situation sich gegenüber dem Jahresbeginn wieder entspannt habe, die Konjunktur bleibe rückläufig.

Flammender Appell zur Europawahl

Bei vielen offenen Zukunftsfragen wie sie derzeit die EU Länder beschäftigen, brauche es Stabilität, betonte der Ministerpräsident von NRW: „Insofern gibt es viel Sorge, dass Linkspopulisten, Rechtspopulisten, Fünf Sterne, Wahre Finnen, Clownparteien – alles das, was sich im Moment an Frust sammelt, am Ende mehr hat als die Parteien der Mitte – und dass eine neue Kommissionsbildung schwierig werden könnte, wenn plötzlich die Gegner Europas eine Mehrheit haben“.

Deshalb sei es so wichtig, dass die Menschen wählen gehen (Stichwort Europawahl). Manche seien über die Brexitdebatte wach geworden, so Laschet. Die Wahlbeteiligung werde zur Zukunftsfrage für Wirtschaft und soziale Sicherheit in Europa.