Haft und Geldstrafe nach Hitlergruß

Ein Radsportler, der bei einer Siegerehrung immer wieder den rechten Arm in die Höhe gestreckt hat, ist am Donnerstag in Wels wegen NS-Wiederbetätigung vor Gericht gestanden. Er wurde - nicht rechtskräftig - zu einem Jahr bedingter Haft und einer Geldstrafe verurteilt.

Fünf Mal ist der Sportler seit 2012 mit dem Nazi-Gruß aufgefallen, weshalb er jetzt wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz 3g angeklagt worden war. In drei Fälle sprachen ihn die Geschworenen einstimmig schuldig, in den anderen gab es mit acht zu null Stimmen bzw. mit fünf zu drei Stimmen einen Freispruch. Aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen verurteilte ihn das Gericht zu der bedingten einjährigen Haftstrafe. Dafür gab es eine „spürbare Geldsanktion“ in Höhe von 3.000 Euro, wie der Richter meinte.

Als Gesamtsieger Arm in die Höhe gestreckt

Bei der fünften Austria-Top-Tour-Gala im Schloss Mondsee war es vergangenes Jahr zu dem Zwischenfall gekommen, der nun ein gerichtliches Nachspiel hatte. Die Veranstaltung am Nationalfeiertag bildete den Abschluss einer Radmarathon-Serie für Amateure. Der Angeklagte holte sich in der Altersgruppe 75 plus den Gesamtsieg. Bei der Ehrung riss er dann die rechte Hand gestreckt in die Höhe. Mehr dazu in Anzeigen nach Hitlergruß von Radsportler (ooe.ORF.at; 11.11.17).

Der Mondseer Bürgermeister Karl Feurhuber (ÖVP) sowie ein Anwalt, die beide Augenzeugen waren, zeigten den Sportler an. Auch gegen den Moderator des Rennens, der den mutmaßlichen Nazi-Gruß heruntergespielt haben soll, wurde Anzeige erstattet. Gegen ihn wurde das Verfahren eingestellt.

Missinterpretation wegen kaputter Schulter

Vor Gericht lieferte der Radsportler den Geschworenen eine laut Staatsanwalt „unglaubwürdige Schutzbehauptung“. Seit 1958 sitze er „im Rennsattel“, habe seitdem 82 Unfälle gebaut und dennoch 700 Siege erzielt. Aus diesem Grund habe er seine mehrfach operierte rechte Hand vor Freude in die Höhe gereckt. Wegen seiner kaputten Schulter könne er den Arm nicht mehr ganz nach oben strecken, weshalb seine Geste missinterpretiert hätte werden können.

Nicht zum ersten Mal fiel der studierte Historiker allerdings bei einer Siegerehrung mit dieser Pose auf. Schon 2012 und 2013 soll er als Zeichen des Jubels den Hitlergruß gezeigt haben, was ebenfalls Gegenstand des Gerichtsverfahrens ist. Bis zum Zwischenfall im vergangenen Jahr hatte sein Verhalten jedoch keine strafrechtlichen Konsequenzen.

Sympathie zum „Dritten Reich“ für Staatsanwalt Fakt

Für den Staatsanwalt stand es außer Zweifel, dass der 79-Jährige „Sympathie zum ‚Dritten Reich‘“ zeige. So postete er entsprechende Kommentare im Internet. Bei einer Hausdurchsuchung wurde in einem Zimmer ein Aufkleber auf einer Büchervitrine mit einem Zitat der Reichsschrifttumskammer „Lesen macht dumm und gewalttätig“ entdeckt. DAs sei ein Andenken an seinen toten Sohn, rechtfertigte sich der Angeklagte, was im Gerichtssaal doch für Verwunderung sorgte.

Wer sich die NS-Zeit zurückwünsche, „müsste ein Trottel sein“, distanzierte er sich. Zweimal in der Woche habe er als Fünfjähriger in den Luftschutzbunker müssen, und überall auf der Straße seien „tote Rösser“ gelegen. Auf die Nachfrage des Richters, wie er zum Holocaust stehe, antwortete er erst beim dritten Mal: „Absoluter Unsinn“. Und „Quatsch“, er ziehe „nichts in Zweifel, weil ich keine Beweise habe“, so der Althistoriker.

Entlastung durch Kollegen

Entlastet wurde der Sportler von einem Kollegen. Er nannte ihn einen „schrulligen, alten Mann, der aus jeder Siegerehrung ein Theater macht“. Mal erscheine er mit Trillerpfeife, mal mit Hupe.

Für den Anwalt, der den Fall mit der Anzeige ins Rollen brachte, ist die Geste „eindeutig ein Hitlergruß gewesen“. Entsprechend groß sei auch die Empörung bei den Galagästen - von denen er einer war - gewesen. Auch der Veranstalter sah das so. Einen Tag nach der Siegerehrung erfuhr der Amateursportler, dass ihm der Sieg aberkannt wurde. Außerdem erteilte ihm die Austria-Top-Tour-Organisation lebenslanges Startverbot.

Angeklagter meldete Bedenkzeit an

Sofort nach der Urteilsverkündung meldete der Angeklagte drei Tage Bedenkzeit an und streckte dazu drei Finger seiner erhobenen Hand in die Höhe. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab.