Seeprozessionen locken tausende Besucher

Sie sind zu einer der wichtigsten Touristenattraktionen des Salzkammergutes geworden – die prächtigen Seeprozessionen zu Fronleichnam. Was heute Fotografen anlockt, entspringt einer tiefgehenden Glaubensfrage der Zeit der Gegenreformation.

Es waren die Jesuiten, die im 17. Jahrhundert den katholischen Geist im Volk stärken wollten und begannen, das Fronleichnamsfest besonders zu zelebrieren. Prächtige Seeprozessionen an den Seen im Salzkammergut sind so zu einem Relikt barocker Volksfrömmigkeit geworden.

Fronleichnam - kein Fest mit biblischem Ursprung

Fronleichnam wird in der katholischen Kirche am 60. Tag nach Ostern gefeiert. Es ist kein Fest mit biblischem Ursprung – es war die Augustinernonne Juliana von Lüttich, die im Jahr 1209 eine Vision hatte: Ihr erschien die Kirche in Gestalt einer Vollmondscheibe, auf der ein dunkler Fleck zu sehen war. Sie verstand dieses Zeichen als fehlendes Fest zu Ehren der Eucharistie zu deuten und führte zusammen mit Bischof Robert von Lüttich Mitte des 13. Jahrhunderts das Fronleichnamsfest, das „Fest des Leibes und Blutes Christi“, ein.

Seeprozession Hallstatt

ORF/Sandra Galatz

Seeprozession in Hallstatt

Die barocke Volksfrömmigkeit verlangte für das Fronleichnamsfest größte Prachtentfaltung, immer prächtiger ausstaffierte Prozessionen entstanden. Fronleichnam, zusammengesetzt aus „fron“, was „Herr“ bedeutet und „lichnam“, das für den lebendigen Leib steht, wird auch Prangtag genannt, was sich wiederum von „Pracht“ herleitet.

Prachtentfaltung in Traunkirchen und Hallstatt

Im Salzkammergut haben sich bis heute prächtige Relikte barocker Volksfrömmigkeit erhalten: In der Zeit der Gegenreformation waren es die Jesuiten, die in das Kloster Traunkirchen einzogen. Von hier aus breiteten sie ihr christliches Gedankengut aus. Die von den Jesuiten geförderte „Todesangst-Christi-Bruderschaft“ erbaute schon 1696 am Traunkirchner Kalvarienberg eine Kapelle mit einer großen barocken Darstellung der Kreuzigungsgruppe. Bereits fünf Jahre später wurden am Weg vier Kapellen mit den Darstellungen der Geheimnisse des Schmerzhaften Rosenkranzes errichtet. Der Kalvarienberg in Traunkirchen ist somit der älteste der Region und diente als Vorbild für weitere Kalvarienbergkirchen im Salzkammergut.

Traunkirchner Prozession nach Hallstätter Vorbild

Die Jesuiten führten im Jahr 1632 nach dem Vorbild Hallstatts auch die Fronleichnamsprozession auf dem See ein. Daraus sollte auf wirksame missionarische Weise eine prunkvolle Prozession werden, eine Zurschaustellung der religiösen Inhalte.

Seeprozession Traunkirchen

ORF/Sandra Galatz

Seeprozession in Traunkirchen am Traunsee

Entscheidend für die Abhaltung der Fronleichnamsprozession am See waren die Probleme, die in Hallstatt und Traunkirchen die selben sind: Am schmalen Ufersaum reicht der Platz für prächtige Umgänge nicht aus.

Die Fronleichnamsprozession mit geschmückten Schiffen am See abzuhalten lag nahe und erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Zur Zeit der Jesuiten galt es, mit den Prozessionen das Eucharistiegeheimnis, von dem sich die Protestanten abgewendet hatten, auf eine psychisch eindrucksvolle und pädagogisch wirksame Weise im missionarischen Geist ins Bewusstsein der Teilnehmer zu rücken.

Seeprozession Hallstatt

ORF/Sandra Galatz

In Hallstatt wird das Altarschiff „Mutzn“ genannt

Jeder sollte somit mit seiner Teilnahme an der Prozession zum öffentlichen Bekenntnis des katholischen Glaubens eingeladen werden.

Seeprozession Hallstatt

ORF/Sandra Galatz

Seeprozession in Hallstatt

Heute folgen dieser Einladung in Hallstatt sowie in Traunkirchen tausende Menschen an den Ufern, aber auch viele auf ihren mit Birkenzweigen und Blumen geschmückten Schiffen, die die Himmelsfuhren mit dem Allerheiligsten und der hohen Geistlichkeit zu Wasser begleiten.

Sandra Galatz; ooe.ORF.at