„Arbeitsboykott“: Firma gibt Fehler zu

Eine Wende gibt es im Fall des mutmaßlichen Arbeitsboykotts in einer Mühlviertler Firma. Diese zieht jetzt alle Vorwürfe gegen zwölf Mitarbeiter zurück, die sich zu Krankenständen abgesprochen haben sollen. Man habe die Fakten nicht genau überprüft, hieß es am Donnerstag.

Man habe es unterlassen, die Fakten, mit denen die Wirtschaftskammer an die Öffentlichkeit ging, einer Detailprüfung zu unterziehen, so die Firma technosert. Man übernehme die Verantwortung dafür und entschuldige sich bei allen Betroffenen.

Zehn Betroffene gekündigt

Mitte Februar hatte die Wirtschaftskammer (WK) OÖ den Fall publik gemacht: Demnach seien die zwölf Mitarbeiter des oberösterreichischen Unternehmens nach Diskussionen über angeordnete Überstunden gleichzeitig und offenbar abgesprochen für zwei bis fünf Monate in den Krankenstand gegangen. Zehn der Betroffenen seien gekündigt worden, zwei hätten das Dienstverhältnis selbst gelöst.

„Zu wenig genau die Unterlagen angeschaut“

Prompt folgte eine Reaktion der Arbeiterkammer (AK) OÖ: Das sei „unwahr“, vielmehr hätten zwölf Mitarbeiter „während einer Zeitspanne von zwei Monaten einen Krankenstand angetreten“. Am Montag hatte Firmengründer Johannes Gschwandtner dann in den „Oö. Nachrichten“ die Zahl der Kündigungen zurechtgerückt: Es habe nur fünf durch den Dienstgeber gegeben, der Rest der zwölf Mitarbeiter habe das Unternehmen von sich aus oder im Einvernehmen verlassen.

„Da habe ich zu wenig genau die Unterlagen angeschaut“, wird Gschwandtner zitiert. Er und sein Geschäftsführer Hermann Schübl wiesen in Medien auch kolportierte Vorwürfe ehemaliger Mitarbeiter zurück, dass das Klima schlecht, der Druck hoch und Arbeitszeitüberschreitungen verlangt worden seien.

„Fehler unsererseits“

Der Vorwurf des abgesprochenen Krankenstandes nach angeordneten Überstunden, den die Wirtschaftskammer erhoben hatte, wird nun aber zurückgezogen: „Leider ist die ganze Diskussion durch einen Fehler unsererseits zustande gekommen. Wir haben es unterlassen, die gesamten Aussagen, die von der WK OÖ in der Person von Erhard Prugger (Leiter der Abteilung für Sozial- und Rechtspolitik in der WK OÖ, Anm.) an die Öffentlichkeit gebracht wurden, einer exakten Prüfung zu unterziehen. Das hatte zur Folge, dass Herr Prugger mit Informationen an die Öffentlichkeit ging, die so nicht der Realität entsprechen. Das war aber nicht Schuld von Herrn Prugger, weil ihm die Fakten nicht vorliegen konnten und durften. Die Verantwortung liegt zu 100 Prozent bei technosert, da das Unternehmen es unterlassen hatte, die Vorwürfe einer Detailprüfung zu unterziehen. Das Unternehmen bedauert seine Vorgangsweise und entschuldigt sich auch bei allen Betroffenen, die dadurch direkt und indirekt in Misskredit geraten sind“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der Geschäftsführung, die der APA am Donnerstag übermittelt wurde.

„Es geht um meine Glaubwürdigkeit“

Prugger, der in der Sache teils persönlich von der AK angegriffen worden war, zeigte sich zufrieden mit der Klarstellung der Firma: „Es geht um meinen persönlichen Ruf und um meine Glaubwürdigkeit“, sagte er im Gespräch mit der APA. Er sehe nun keinen weiteren Handlungsbedarf gegenüber technosert mehr.

Er beteuerte aber, dass die Wirtschaftskammer sich den Fall sehr genau angesehen habe, „und die Verdachtsmomente waren gegeben“. Die Kammer habe ja keinen Grund, ihren Betrieben nicht zu glauben. Sie werde daher weiter am Thema Krankenstandsmissbrauch dranbleiben, denn sie werde seit Längerem mit Meldungen von Betrieben „überschwemmt“, so Prugger.

Für AK ist Sache „noch lange nicht vom Tisch“

Für Arbeiterkammer-Präsident Johann Kalliauer ist die „Arbeitsboykott“-Causa mit der Entschuldigung von technosert „noch lange nicht vom Tisch“. Er fordert eine „restlose Aufklärung und strenge Prüfung durch Behörden“. Bis dahin solle das AMS „keine Arbeitssuchenden an die Firma technosert vermitteln oder zumindest von Sanktionen bei der Nichtannahme von Jobangeboten der Firma absehen“, so Kalliauer.

„Im Zuge dieses Schlamassels haben mehrere Mitarbeiter eklatante Missstände in dem Unternehmen aufgezeigt. Diese gehören nun umgehend behoben“, teilte Johann Kalliauer in einer Aussendung am Donnerstag mit. Er sieht Arbeitsinspektorat und Gebietskrankenkasse am Zug, die Vorwürfe der Beschäftigten des Mühlviertler Elektronikspezialisten - wie die „angeblich erzwungenen Manipulationen von Arbeitszeitaufzeichnungen“ - genau zu prüfen.

Tipp:

Auch das ORF-Wirtschaftsmagazin eco widmet sich am Donnerstag ab 22.29 Uhr in ORF 2 dem Thema „Streitfall Krankenstand: Zwischen ‚blau machen‘ und Angst vor Jobverlust“.

Links: