Prozess: Vorwurf des 16-fachen Mordes

Am 9. Dezember beginnt am Landesgericht Linz einer der größten Strafrechtsprozesse, die je in Linz stattgefunden haben. Ein gebürtiger Bosnier muss sich wegen 16-fachen Mordes verantworten. Er leugnet laut seinen Verteidigern alle Vorwürfe.

Es geht um ein im Jugoslawien-Krieg in einem serbischen Dorf verübtes Massaker. Am frühen Morgen des 17. September 1992 wurde das von Serben bewohnte Dorf Serdari in der Region Kotor Varos - vermutlich von 20 bis 30 muslimischen Bosniern - überfallen. 16 Zivilisten, darunter zwei Kinder, seien gezielt getötet worden, so die Staatsanwaltschaft. Drei weitere Opfer überlebten das Massaker knapp. Es soll sich um eine Racheaktion für serbische Angriffe auf muslimische Zivilisten gehandelt haben.

Österreicher belastet

Vier mutmaßliche Haupttäter wurden 2014 in Sarajevo (Bosnien) zu Haftstrafen zwischen neun und elfeinhalb Jahren verurteilt. Im Jänner 2015 wurde das Urteil aber wegen Formalfehlern aufgehoben. Im Zuge des Verfahrens belasteten zwei Zeugen auch einen 48-jähriger Österreicher, der 1992 in einem Nachbardorf gelebt hatte. Sie wollen ihn während des Übergriffs gesehen haben.

Vorwurf: Mord an 16 Zivilisten

Daraufhin leitete die österreichische Justiz ein Verfahren gegen den Baggerfahrer ein. Er war 2011 kurzzeitig in U-Haft, ist mittlerweile aber wieder auf freiem Fuß, weil das Oberlandesgericht (OLG) Linz keinen dringenden Tatverdacht sah. Im Prozess wird ihm Mord an 16 Zivilisten, Mordversuch, versuchte und vollendete Brandstiftung vorgeworfen.

Ihr Mandant bestreite alle Vorwürfe, so die Verteidiger des Angeklagten Jürgen Nowotny und Viktor Beer. Er will nie an einem bewaffneten Konflikt teilgenommen haben. Auch habe er keine Angehörigen im Krieg verloren und damit kein Motiv. Er will damals in einem Nachbardorf in einem Lazarett und bei der Essensausgabe geholfen haben. Jene vier Männer, die in Sarajevo verurteilt wurden, belasten ihn nicht - sie leugnen allerdings selbst, dabei gewesen zu sein.

Laut Verteidigern wird es in erster Linie darauf ankommen, wie glaubwürdig die Linzer Geschworenen die Aussagen der beiden Hauptbelastungszeuginnen einstufen.

Staatsanwalt: „Massaker“ kein Kriegsverbrechen

Während die bosnische Justiz von einem Kriegsverbrechen - einem Straftatbestand, den es in Österreich gar nicht gibt - ausgeht, stuft die Linzer Staatsanwaltschaft den Angriff auf das Dorf als „Massaker“ ein. Demnach habe es sich um eine Racheaktion der Zivilbevölkerung, die sich privat als Kampftruppe organisiert hat, gehandelt. Auch sei Serdari im Jugoslawienkrieg nie militärisch von Bedeutung gewesen, sondern lediglich „ein kleines Bauerndorf in einer Senke“, so ein Sprecher.

Strafausmaß zwischen fünf und 20 Jahren

Daher wird auch in Linz und nicht vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag verhandelt. Prozessiert wird nach österreichischem Recht, es gilt aber der für den Angeklagten günstigere bosnische Strafrahmen. Er beträgt zwischen fünf und 20 Jahren. Lebenslang kommt nicht mehr infrage, weil die Tat schon so lange zurückliegt. Die Verteidigung will einen Freispruch erreichen. Das Landesgericht Linz hat vorerst 30 Verhandlungstage veranschlagt.