Linz: Alle 866 Flüchtlinge weitergereist

866 Flüchtlinge, die an der Grenze zu Ungarn festsaßen, sind am Samstag kurzfristig in der Linzer Tabakfabrik und in ÖBB-Gebäuden untergebracht worden. Sonntagvormittag waren alle bereits nach Deutschland weitergereist.

Einige mussten vom Samariterbund und vom Roten Kreuz medizinisch betreut werden. Der Samariterbund brachte auch vier Flüchtlinge für eine ambulante Behandlung in das AKh. Das Rote Kreuz war mit 110 Mitarbeitern, der Samariterbund mit 125 und die Berufsfeuerwehr Linz, die die Warmwasseraufbereitung durchführte, mit rund 20 Mann im Einsatz. Dazu kamen noch zahlreiche Mitarbeiter der Tabakfabrik, der Linz AG, der Volkshilfe, des AKh Linz und freiwillige Helfer, die seit Samstagfrüh auf den Beinen waren.

Viele syrische Kriegsflüchtlinge

Bei den Flüchtlingen handelte es sich um überwiegend syrische Kriegsflüchtlinge, die auf dem Weg nach Deutschland waren. Darum wurden die Menschen kurzfristig in der Linzer Tabakfabrik und in leerstehenden ÖBB-Gebäuden untergebracht. 500 Feldbetten wurden aufgebaut, Sanitäranlagen und ein Internet-Cafe eingerichtet, und für die Kinder wurde ein Spielplatz aufgebaut. Um 19.00 Uhr traf der erste Bus in Linz ein.

Derzeit keine Spenden benötigt

Walter Deil von der Volkshilfe sagte Sonntagfrüh: „Insgesamt waren es sieben Busse mit 440 Menschen, die in der Tabakfabrik untergebracht wurden. Wir rechnen damit, dass wir am Sonntag weitere Plätze brauchen werden, auch wenn die Flüchtlinge bereits nach Deutschland weitergefahren werden.“ Am späten Sonntagvormittag wurde gebeten, keine Spenden mehr in der Tabakfabrik abzugeben.

426 Menschen in ÖBB-Gebäuden untergebracht

Der Samariterbund hat weitere 426 Flüchtlinge in zwei leerstehenden ÖBB-Gebäuden in der Wiener und der Unionstraße untergebracht. Paul Märzinger sagte Sonntagfrüh: „Um 4.00 Uhr sind 426 Personen direkt von der Grenze gekommen. Es waren viele Kinder und Familien dabei.“ Bereits Sonntagfrüh reisten auch diese Menschen mit Zügen der ÖBB nach Deutschland weiter.

Neue Flüchtlinge am Sonntag erwartet

Sonntagvormittag waren alle Flüchtlinge nach Deutschland mit Zügen der ÖBB weitertransportiert worden. Ab Mittag waren dann die Einsatzkräfte damit beschäftigt, die Quartiere wieder herzurichten. Auch wenn sie bis dahin keine Nachricht vom Innenministerium hatten, ob neuerlich Flüchtlinge kommen, rechnen sie damit, dass im Laufe des Tages 450 in die Tabakfabrik gebracht werden. In dieser Woche bleiben alle Notbetten in Linz aufgebaut.

Kein Asylantrag gestellt

Von den Flüchtlingen in der Tabakfabrik hat laut Polizei niemand Asylantrag gestellt. Soziallandesrätin Gertraud Jahn (SPÖ) sprach am Sonntag allen Hilfsorganisationen, der Stadt Linz und den Mitarbeitern der Tabakfabrik Dank für ihren Einsatz aus.

Kritik am Informationsfluss

Kritik kam am Sonntag bei einer Pressekonferenz mit den Hilfsorganisationen, Vertretern der Tabakfabrik und Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) am Informationsfluss, der „überhaupt nicht gut“ sei. So habe man fast keine oder nur widersprüchliche Informationen gehabt, wann und wie viele Busse eintreffen werden. Ein Bundeskrisenstab sei „kaum spürbar“, sagte Luger.

Verärgert über die Kritik Lugers zeigte sich Landespolizeidirektor Andreas Pilsl gegenüber dem ORF. Der Krisenstab von Polizei, Land, ÖBB, Feuerwehr und Hilfsorganisationen tage täglich, und wenn es sein müsse, auch mehrmals am Tag. Außerdem handle es sich um eine Ausnahmesituation, in der man eine gewisse Flexibilität an den Tag legen müsse, so Pilsl. Und in einer Situation, wo Tausende Flüchtlinge auf die Reise gehen, gehe es um Zusammenarbeit und nicht darum, jemanden Schuld zuzuschieben, sagte Pilsl.

Luger richtete einen Appell an das Innenministerium, für klare Schnittstellen in der Informationspolitik zu sorgen. „Das, was wir gestern und heute erlebt haben, wird sich wiederholen“, so Luger. Deshalb sei eine gesamteuropäische Lösung in der Flüchtlingsfrage dringend notwendig.

Großes Lob für die ÖBB

Ein großes Lob sprachen die Verantwortlichen den ÖBB aus. Es sei nicht gerade einfach, Sonderzüge nach Linz zu organisieren. Aber was die Verwantwortlichen der ÖBB geleistet hätten, verdiene großen Respekt, so Markus Eidenberger von der Tabakfabrik.

Flüchtlingskoordinator nach Linz eingeladen

Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) hat den Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Christian Konrad, am Montag zu einem Treffen nach Linz eingeladen. Bei diesem Gespräch geht es darum, wie in Zukunft die Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern und dem Flüchtlingskoordinator organisiert wird, so Pühringer, der derzeit Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz ist. Natürlich werde aufgrund der aktuellen Entwicklungen, besonders die Organisation der Zwischenaufenthalte für jene Asylwerber, die nach Deutschland weitergebracht werden, ein zentraler Inhalt des Treffens sein, so Pühringer.

Faymann fordert erneut EU-Gipfel im September

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) forderte erneut einen EU-Gipfel Mitte September statt erst wie geplant im Oktober. Eine gemeinsame europäische Lösung sei „unverzichtbar“, sagt er. Die Aufnahme und Weiterreise der Flüchtlinge aus Ungarn sei eine „einmalige Aktion“, damit werde das Flüchtlingsproblem aber nicht gelöst, mahnte Faymann. Österreich habe damit gezeigt, dass wir „guten Willens“ sind, aber „eine derartige Handlung sei keine Lösung“.

Link: