Swap: Erste Zwischenbilanz

Mit der zweiten Einvernahme des Linzer Bürgermeisters Franz Dobusch (SPÖ) ist am Freitag die erste Runde im Zivilprozess der Stadt Linz gegen die BAWAG P.S.K. und umgekehrt zu Ende gegangen. Zum Schluss zog Richter Andreas Pablik eine erste vorläufige Zwischenbilanz.

„Damit Sie sich wo festhalten können“, sagte Pablik. Die nächste Tagsatzung ist für 6. Dezember geplant, einen weiteren Verhandlungsblock in noch unbestimmter Länge wird es ab dem 17. Februar 2014 geben.

„Das ist keine Urteilsverkündung“

„Das ist so nicht üblich, ich lege mich da nicht fest, ist nur eine Momentaufnahme und kann nur eine ungefähre Richtschnur sein“, leitete der Richter die Ausführungen zu seiner bisherigen Rechtsmeinung ein. Diese könne sich in zwei Monaten auch wieder ändern, und keiner dürfe ihm deswegen böse sein. „Das sei keine Urteilsverkündung“, betonte der Richter in Richtung der noch anwesenden Medienvertreter.

„Auch Verdacht einer Fehlberatung“

„Das Gericht hält fest, dass es derzeit hier von einer Gültigkeit des Geschäftes ausgeht, ausgenommen der Marktüblichkeit dieses Swaps“, so der Richter. Falls die Marktüblichkeit nicht gegeben ist, würde dies zu einer Ungültigkeit des Vertrages führen. Aus den bisherigen Beweisergebnissen erschließe sich dem Gericht auch der Verdacht einer Fehlberatung insofern, als die verfassungsmäßigen Vorgaben an die Gemeinden auch in die Beratung einzubeziehen seien sowie die Notwendigkeit einer Beratung. Bezug nehme er dabei auch auf die Grenzen der Zulässigkeit auf Beratungsverzicht nach altem Recht.

Offen sei auch, inwieweit ein Beratungsmangel - beispielsweise durch die Nichtbekanntgabe und Erläuterung eines von Beginn an negativen Marktwertes kausal für den Schaden war - vorliege, weil sich der Linzer Finanzdirektor Werner Penn, der den Vertrag mit der BAWAG abgeschlossen hatte, bisher der Aussage entschlagen hat. Vor diesem Hintergrund regte Richter Pablik erneut das Führen von Vergleichsgesprächen an.

„Potenzial auf beiden Seiten“

Er sehe durchaus noch Potenzial auf beiden Seiten, positiv wie negativ, etwa was die Themen Beratungsmangel, Schadenminderungspflicht oder ein Mitverschulden betreffe, so der Richter weiter. Nach diesem ersten Verhandlungsblock, bei dem viele der geplanten Zeugen aus Zeitmangel nicht einvernommen werden konnten, haben die Streitparteien nunmehr Zeit, neue Zeugen und Beweisanträge zu formulieren und bei Gericht vorzubringen.

Richter Pablik ermahnte die Anwälte beider Seiten aber auf ihre „Prozessförderungspflicht“: er wolle keine Wiederholungen etc. Andernfalls wolle er von der gesetzlichen „Querulantenbestimmung“ Gebrauch machen und Anträge zurückweisen.

Die Anträge werden am 6. Dezember erörtert. Dann wird auch der genauere weitere Prozessfahrplan festgelegt. Bisher hat man sich nur darauf geeinigt, dass der zweite Verhandlungsblock am 17. Februar 2014 beginnen soll.

„Es war ein Fehler von Penn“

Dobusch sah am Freitag die Verantwortung für den Swap 4175 beim damaligen Finanzdirektor Werner Penn. „Es war ein Fehler von Penn, dieses Geschäft abzuschließen“, sagte er bei seiner zweiten Einvernahme am Freitag in Wien.

Unter dem Linzer Gemeinderatsbeschluss 2004 könnten Finanztermingeschäfte theoretisch zulässig sein, oder auch nicht. „Der Swap 4175 ist ganz sicher nicht vom Gemeinderatsbeschluss gedeckt“, so Dobusch. Er glaube noch immer, dass die Finanzverwaltung das Beste für die Stadt gewollt habe. „Ob das Beste herauskommt, ist eine andere Frage.“

„Nicht genügend Know-How für grausigen 4175“

Richter Andreas Pablik fragte Dobusch, ob die Finanzverwaltung überhaupt genügend Know-How für Finanzgeschäfte gehabt hätte. Für gewisse Finanztermingeschäfte schon, aber "sicherlich nicht für den grausigen 4175“, betonte der Linzer Bürgermeister.

Dobusch ließ noch einmal die Ereignisse im März 2010 Revue passieren, als er „Freitag vor Palmsonntag“ vom damaligen Finanzstadtrat Johann Mayr über hohe Zahlungsverpflichtung aus einem Zinssicherungsgeschäft informiert wurde. In einigen Tagen müsse die Stadt Linz sechs Mio. Euro zahlen. Mayr sei damals „sehr entsetzt“ gewesen, weitere Belastungen konnte der Finanzstadtrat damals nicht quantifizieren, schilderte Dobusch das kurze Gespräch. Ein weiterer Termin sei dann für nach Ostern angesetzt worden. Bis dahin sollte sich Mayr „weiter vertiefen in die Materie“.

„War erstaunt, beunruhigt“

Er sei „natürlich erstaunt, beunruhigt“ gewesen und habe sich „nicht ausgekannt“, beschrieb Dobusch das erste Gespräch mit Mayr. „Haben sie sich die Unterlagen schicken lassen?“, fragte BAWAG-Anwalt Gabriel Lansky den Linzer Bürgermeister mit Verweis auf das Jusstudium von Dobusch. „Ich bin Bürgermeister und handle nicht als Anwalt, ich handle wie ein Durchschnittsbürger“. Er vertraue seinen Mitarbeitern und lasse sich den Sachverhalt schildern.

„Grauslichkeit des Grundgeschäfts“

Beim einem längeren Gespräch nach Ostern mit Mayr, Penn und dem Stadtkämmerer Christian Schmid sei es um die Frage gegangen, wie die Finanzverwaltung aus dem Geschäft herauskomme. „Ich bin davon ausgegangen, dass das möglich ist.“ Die BAWAG-Anwältin Bettina Knötzl fragte Dobusch, ob Mayr und Penn die Höhe der Millionen-Zahlung im April 2010 erklären konnten. Sie konnten schon erklären, warum jetzt mehr gezahlt werden müsse, erwiderte Dobusch. Mayr habe die Unrichtigkeit der Formel erkannt, aber nicht erklären können, wie sich dieses Swap-Formel entwickle und die „Grauslichkeit des Grundgeschäfts“.

Von niemanden sei damals die Zahlung angezweifelt worden, auch weil es noch keine Analyse zu dem Geschäfts gegeben habe. Erst nach Monaten und Gutachten seien ihm die Implikationen des Geschäfts verständlich gewesen. „Man braucht ein irres Wissen, um da zu handeln.“ Penn sei einer Hundertschaft von BAWAG-Mitarbeitern gegenüber gestanden.

„Wollte nichts Illegales von Nowotny“

„Sehr, sehr verwundert“ zeigte sich Dobusch über Aussagen von Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny, der zur Zeit des Swap-Abschlusses im Frühjahr 2007 BAWAG-Chef war, zu einem persönlichen Treffen. Er habe Nowotny in der Swap-Causa nie besucht, sondern nur Finanzstadtrat Mayr. Er habe mit Nowotny mehrmals telefoniert. Beim ersten Telefonat habe Nowotny gemeint, er „schaue sich das an“, bei einem späteren Gespräch im August dann den Wiener Rechtsprofessor Rene Laurer als Rechtsbeistand empfohlen.

Erst bei einem Telefongespräch mit Nowotny als dieser in Brüssel war, habe er gesagt, dass „er nicht helfen könne“. Dobusch betonte, von Nowotny „nichts illegales“ gewollt zu haben, sondern habe nur um Hilfe gebeten, wie die Stadt Linz wieder aus der „Sache“ herauskommen könne.

Befragung des Zeugen Christoph S.

Am Donnertag war ein ehemaliger Mitarbeiter der BAWAG zur Aussage vorgeladen. Er gab hauptsächlich Telefonprotokolle aus der Zeit der Anbahnung des Swap-Geschäftes Auskunft.

Swap ist ein normales Geschäft

Ein weiterer ehemaliger Mitarbeiter der BAWAG hat auch am Freitag vor dem Handelsgericht Wien ausgesagt. Robert G. war zum damaligen Zeitpunkt Leiter der Abteilung Treasury Produkte und sagte über den zwischen Stadt Linz und BAWAG P.S.K. abgeschlossenen Swap 4175: „Dieser Swap war nicht diskussionswürdig, sondern ein ganz normales Geschäft“. G. hatte 2007 den Einzelabschluss des Swaps 4175 unterschieben.

An Details des Swaps konnte er sich nicht erinnern. Er habe prinzipiell jedes Geschäft auf seine Schlüssigkeit geprüft und bei Fragen die zuständigen Gruppenleiter zu Rate gezogen. Ob der Swap 4175 beim Geschäftsabschluss auffällig gewesen sei, wollte Richter Andreas Pablik wissen. „Nein“, so G. Insgesamt sei der Swap ein „nicht schwierig zu verstehendes Geschäft, aber auch nicht ein einfaches, weil es Trigger und Abhängigkeiten gibt“.

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